Charme der niedrigen Straßenbau-Abgabe

Regionalverband · Die Stadt Püttlingen erhebt eine jährliche Straßenbauabgabe von den etwa 8000 Grundstücksbesitzern. Pro Haushalt kommen etwa 30 bis 40 Euro herein. Klingt gerecht und einfach, aber trotzdem schrecken die meisten Kommunen davor zurück.

 Harte Winter setzen den Straßen zu – das beweisen auch Schlaglöcher in Saarbrücken. SZ-Archivfoto: Becker&Bredel

Harte Winter setzen den Straßen zu – das beweisen auch Schlaglöcher in Saarbrücken. SZ-Archivfoto: Becker&Bredel

Der Püttlinger Bürgermeister Martin Speicher (CDU ) ist ein gefragter Vortragsredner. "Seine" Stadt hat nämlich seit 2002 etwas Einzigartiges im Saarland: eine zweckgebundene jährliche Straßenbauabgabe für alle Grundstücksbesitzer. Die funktioniert so: Jedes Jahr beschließt der Stadtrat ein Ausbau-Programm für die Straßen der zwei Stadtbezirke Püttlingen und Köllerbach. Es ist etwa eine halbe Million Euro teuer. 35 Prozent zahlt die Stadt, 65 Prozent werden auf die Grundstückseigentümer umgelegt, wobei Lage, Größe und Bebauung bei der Berechnung eine Rolle spielen. Über den Daumen bezahlt jeder Haushalt im Jahr etwa 30 bis 40 Euro. Es fallen also nirgendwo und nie große Summen auf einmal an, nämlich dort, wo gerade gebaut wird. Sondern die ganze Stadt ist quasi eine Solidargemeinschaft, die reihum von Renovierungen profitiert. Martin Speicher spricht von der denkbar "sozialverträglichsten Lösung"; nach anfänglichen Protesten sei die wiederkehrende Abgabe heute überall akzeptiert. Er könne sie grundsätzlich sehr empfehlen.

Nun wollen viele Amtskollegen wissen, ob sie womöglich auch für andere Gemeinden tauglich ist. Überherrn, Illingen und Wadgassen möchten sie demnächst auch einführen, die Kommunen im Regionalverband eher nicht. In Quierschied spricht man nach Auskunft von CDU-Chef Timo Flätgen darüber, hat sich aber noch lange nicht dazu durchringen können. Das Für und Wider verläuft quer durch die Parteien, wobei die CDU-geführten Gemeinden der Abgabe tendenziell eher zugeneigt scheinen als die von der SPD regierten. Die Linke hat der Abgabe pauschal eine Absage erteilt, der Saarländische Städte- und Gemeindetag vertritt die Position, dass solch eine Abgabe nicht verpflichtend überall eingeführt werden dürfe. Jede Kommune müsse frei entscheiden können. Wenn viele Gemeinden diese Regelung scheuen, so liegt das nach Überzeugung von Städtetags-Präsident Klaus Lorig (CDU , Völklingen) an der fehlenden Voraussetzung, ein Gemeindegebiet als ein einziges Abrechnungsgebiet zu betrachten.

Nach derzeitiger Rechtslage müsse jeder Gemeindebezirk einen eigenen Abrechnungsbezirk haben, was die Sache von vornherein für Saarbrücken undurchführbar macht. Hier müssten nach Auskunft von Sprecher Thomas Blug 46 Abrechnungsgebiete eingerichtet werden. Der Verwaltungsaufwand wäre höher als die zu erwartenden Einnahmen.

Für die riesige Flächengemeinde Heusweiler gibt Bürgermeister Thomas Redelberger (CDU ) zu bedenken, dass das Modell wegen der weitläufigen Ortsteilstruktur schwer zu handhaben sei, und wegen der zahlreichen klassifizierten Straßen gebe es womöglich ein Gerechtigkeitsdefizit: Die Anwohner dieser Straßen würden die wiederkehrende Abgabe auch bezahlen müssen, würden aus dem kommunalen Topf nie in den Genuss eines Ausbaus kommen. Redelberger weist auch darauf hin, dass die Startkosten für das System, also für das Kataster der Grundstücke, sehr hoch sein dürften.

Wie Speicher sich erinnert, hatte Püttlingen seinerzeit 100 000 Euro investiert. Auch die Pflege dieser Daten kostet Zeit und Personal, so dass die Durchsetzung der wiederkehrenden Straßenbauabgabe, bei allen verlockenden Tönen, Zukunftsmusik bleiben dürfte.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort