Ludwigskirche Saarbrücken Apostel in der zweiten Reihe

Saarbrücken · Bis die Balustradenfiguren wieder auf dem Dach der Ludwigskirche stehen, wird es wohl dauern. Die Kirche immerhin öffnet am 26. August wieder.

 Noch steht das Teil einer Figurengruppe auf einer Holzpalette in einer Werkshalle in Burbach. Spätestens im Oktober sollen sie – wieder zum Ganzen gefügt – das Dach der Ludwigskirche zieren. Fotos: Iris Maurer

Noch steht das Teil einer Figurengruppe auf einer Holzpalette in einer Werkshalle in Burbach. Spätestens im Oktober sollen sie – wieder zum Ganzen gefügt – das Dach der Ludwigskirche zieren. Fotos: Iris Maurer

David, Daniel, Petrus, Paulus und die anderen sind an der Wand aufgereiht und sehen alt aus in der zweiten Reihe. Im Vergleich mit dem strahlenden Sandstein der Amortissements (Figurengruppen) wirken sie noch grauer als zuvor.

Das Strahlen der anderen kommt vom Säubern. Sie wurden von Hand abgeschliffen, auch mit Laser bearbeitet. Seit einigen Wochen sind Restauratoren aus Erfurt in einer Halle des ehemaligen Ausbesserungswerkes in Burbach tätig. Dort stehen die Amortissements und auch die Balustradenfiguren der Ludwigskirche seit Sommer 2016. Zu der Zeit begann die Sanierung der Kirche.

Abgerechnet wird zum Schluss. Und so kann derzeit noch niemand genau sagen, wie sich die Kosten der Restaurierung der Vasen, Figurengruppen und Einzelfiguren vom Dach der Ludwigskirche genau verteilen werden. Baukirchenmeister Peter Böttcher, Professor an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Saarbrücken, sagt: Es könnte knapp werden, aber im Grunde werde das Geld reichen. Superintendent Christian Weyer spricht davon, dass man auch auf Sponsoren hoffe.

Allein hätte die Kirchengemeinde all die Renovierungsarbeiten nicht stemmen können. Sie hatte großes finanzielles Glück. "Barock trifft Moderne" hilft. Das ist ein Förderprogramm des Bundes (1,6 Millionen Euro), dem das Saarland 400 000 Euro hinzugefügt hat. Die Ludwigskirche profitiert sehr davon, wenngleich auch das Umfeld, also etwa der Kirchenvorplatz, erneuert werden soll. Auch die gegenüberliegende Friedenskirche steht auf dem Förderplan.

Wie die Figuren auf dem Dach aussehen, das ist für den Gottesdienst im Grunde nachrangig. Wichtiger, dass die Gottesdienstbesucher im Winter nicht frieren müssen oder schlimmer noch die Gottesdienste gar ganz ausfallen, weil es zu kalt ist. Für den nächsten Winter gibt es eine neue Heizung. Auch das macht das Förderprogramm möglich.

Doch zurück in die Halle nach Burbach. Dort hat Martin Sauder die Bauaufsicht. Der Diplom-Geologe aus Saarbrücken hat mit seinen Mitarbeitern sozusagen den Grundstein gelegt für die Renovierung. Anders gesagt: Sie haben alle Teile der Figuren, die vom Dach der Kirche geholt wurden, sorgfältig untersucht, die Schäden aufgezeichnet. Jetzt hängen die farbigen "Schadenspläne" an einer Wand der Halle. Die Restauratorin und die drei Restauratoren aus Erfurt können also immer wieder nachschauen und sich an der Kartierung orientieren.

Wenn die Sonne auf das Hallendach knallt, wird ihre Arbeit schweißtreibend. Vier Wochen waren vorgesehen für das Reinigen, vier bis fünf Wochen soll das Restaurieren dauern. Sie kleben und dübeln - und manchmal gehört auch das Abbrechen eines Stückes zum Restaurieren, weil es danach haltbarer wieder befestigt werden kann.

Steinmetzmeister Steffen Grigoleit hat während seiner Tätigkeit als Restaurator schon viel Beeindruckendes gesehen. Er war beschäftigt an der Hamburger Landungsbrücke, am Brandenburger Tor in Berlin. In der Halle in Burbach hat er sich eine Art Zelt aufgebaut, weil je nach Tätigkeit beim Restaurieren auch mal die Funken fliegen.

In der Ludwigskirche selbst gehen die Arbeiten ebenfalls voran. Gerade hat Pfarrer Thomas Bergholz mitgeteilt, dass sie am 26. August mit einem Tag der offenen Tür wieder eröffnet werde. Dann kehrt eine der einstigen Balustradenfiguren zur Kirche zurück, die bisher so gut wie keine Beachtung fand. Sie ist stark zerstört, was die Zuordnung schwierig macht, wie Thomas Bergholz schreibt. Die letzten 70 Jahre stand sie unbeachtet im Garten des ehemaligen Gemeindehauses in der Gärtnerstraße. Künftig soll der Torso im neuen Meditations- und Gebetsraum seinen Platz finden. So soll wie in einem "Zeitfenster" die Zerstörung des Krieges vergegenwärtigt werden. Pfarrer Thomas Bergholz sieht das auch als "Mahnmal gegen den Krieg und für Versöhnung und Verständigung". Eine zusätzliche Figur kehrt also zur Kirche zurück. Weitere, die im Krieg allzu stark zerstört waren und deshalb nicht mehr auf das Kirchendach zurückgebracht wurden, haben längst andere Plätze gefunden. Der "Apostel Paulus" steht auf dem "Platz des unsichtbaren Mahnmals" im Brunnenhaus vor dem Schloss. Die beiden Figuren "Glaube" und "Liebe" stehen im Foyer des Mittelbaues des Saarbrücker Schlosses.

David, Daniel, Petrus, Paulus und die anderen sollen nach der Restaurierung möglichst makellos wieder auf das Kirchendach zurückkehren. Der unbenannte Torso, der in den Innenraum der Kirche kommt, bietet die Chance, darin waren Denkmalschutz und Presbyterium einig, ganz bewusst die Spuren der Vergangenheit sichtbar zu machen. Damit hat man im Lutherjahr keine schlechte Kombination gewählt für die Saarbrücker Ludwigskirche: erhalten und weiterdenken.

Zum Thema:

Saarbrücker Ludwigskirche öffnet Ende August wieder Am 30. Oktober findet in der barocken Ludwigskirche der zentrale Gedenkgottesdienst im Lutherjahr statt. Derzeit ist die Kirche geschlossen; sie soll am 26. August mit einem "Tag der offenen Tür" wieder eröffnet werden. Im Innern der Kirche gibt es dann einen Meditations- und Gebetsraum. Auch dort soll eine Figur zu sehen sein. Sie stand in den letzten 70 Jahren unbeachtet im Garten des ehemaligen Gemeindehauses in der Gärtnerstraße.

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