Stadt hat einem Essenslieferant gekündigt Jetzt kochen die Kita-Kinder selber

Saarbrücken · Nachdem die Stadt einem Essenszulieferer gekündigt hat, wird in den Tagesstätten improvisiert.

Um kurz nach neun Uhr steht bereits ein Kochtopf auf dem Herd. Darin kochen gerade vier Kilo Reis, daneben liegen vier weitere 1-Kilo Packungen bereit. Einige Kinder sind nebenan noch beim Frühstück, doch um 11.15 Uhr muss schon das Mittagessen fertig sein. Denn es gilt, jede Menge hungrige Münder zu füttern. 108 um genau zu sein – so viele Kinder besuchen momentan die Kindertagesstätte Franzenbrunnen in Saarbrücken. Nachdem die Stadtverwaltung am vergangenen Mittwoch einem Essenslieferanten der städtischen Kitas gekündigt hatte (die SZ berichtete), mussten die Erzieherinnen und Erzieher der Kita Franzenbrunnen improvisieren. Nach früheren Zwischenfällen mit dem Zulieferer wurden zwar Dosen-Ravioli eingelagert, doch der buchstäbliche „Notvorrat“ blieb unberührt. Denn das Team um Leiter Sven Becken entschloss kurzerhand einfach selbst frisch zu kochen – natürlich mit tatkräftiger Unterstützung der Kinder.

An einem der Kinder-Tische im Essensraum wird gerade Paprika geschnitten. „Heute gibt’s Reis mit Gemüse“, sagt Erzieherin Yasmin Fromm, die etwas gebeugt an dem zu kleinen Tisch sitzt. „Mit Soße“, ruft die kleine Lya rein. Eifrig zerkleinert die Fünfjährige ein Stück roter Paprika. Ihr kleiner Nebenmann, der Fünfjährige Emilio, tut es ihr gleich. „Wir sind beides Schlaufüchse“, merkt Lya stolz an. Das heißt, dass sie im nächsten Jahr bereits eingeschult werden, wie die Erzieherin der Beiden erklärt.

Dass Yasmin Fromm und ihre Kolleginnen und Kollegen zwischen all dem üblichen Weihnachtstrubel nun noch so kurzfristig ihre Kochkünste beweisen müssen, damit hatten sie  nicht gerechnet. „Das ist auch schon ganz was anderes, ob man zu Hause mal für zwei oder drei Leute kocht, oder für so viele Kinder“, sagt sie. Zwar werde in der Einrichtung schon mal gekocht, aber wenn, dann nur bei gezielten Aktionen.

 Die Erzieherinnen Yasmin Fromm (links im Bild) und Lena Richter haben Spaß beim Kochen mit den Kindern Emilio und Lya.

Die Erzieherinnen Yasmin Fromm (links im Bild) und Lena Richter haben Spaß beim Kochen mit den Kindern Emilio und Lya.

Foto: Tobias Ebelshäuser/Tobias Ebelshaeuser

Damit nicht jeden Morgen der oder die Gleiche hinterm Herd stehen muss, wechselt sich das Team in den unterschiedlichen Erziehungsgruppen ab. So werden auch die Kinder der einzelnen Gruppen mit einbezogen. Sie wurden gefragt, was sie essen wollen, sagt Leiter Sven Becken. Die Resonanz auf die Bemühungen der Kita sei sehr positiv, sagt er. „Am Donnerstag standen die Telefone nicht mehr still, von Eltern die uns ihre Hilfe anboten“, erzählt er. Auch dem Erzieher-Team mache das Kochen mit den Kindern so viel Spaß, dass manche von ihnen scherzten, man bräuchte doch künftig gar keinen Essenszulieferer mehr.

Die Paprikas sind schließlich fertig geschnitten, sie kommen zusammen mit den Zwiebeln in einen großen Kochtopf. Erzieherin Lena Richter rührt gerade den Reis um. Die zwei Schlaufüchse Emilio und Lya stehen auf Tritthockern neben den beiden Erzieherinnen. Tatkräftig helfen sie dabei, dass auch ja nichts anbrennt. „Dieses Jahr kochen wir mal, statt zu backen in der Weihnachtszeit“, sagt Yasmin Fromm. Sie lacht. Doch das stimmt nicht ganz. Gebacken wurde schließlich auch, jede Menge Plätzchen, die mit frischen Zimtwaffeln für einen guten Zweck verkauft werden. „Wir sind momentan eine richtige Kochschule“, sagt Sven Becken und lacht.

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