Heftige Kritik an Beschluss der Saarbahn Klimaschützer fordern Elektro- statt Wasserstoffbusse für Saarbrücken

Saarbrücken · Die Saarbahn setzt auf Wasserstoff-Technologie. Das finden auch die Saarbrücker Grünen super, ja sogar wegweisend. Zwei Umweltverbände warnen davor und empfehlen einen anderen Weg.

 Die Saarbahn GmbH will ihre rund 140 Dieselbusse auf lange Sicht durch Wasserstoffbusse ersetzen.

Die Saarbahn GmbH will ihre rund 140 Dieselbusse auf lange Sicht durch Wasserstoffbusse ersetzen.

Foto: dpa/Oliver Dietze

Die Vertreter des Mehrheitsbündnisses im Saarbrücker Stadtrat kamen aus dem Schwärmen gar nicht mehr raus. Dass der Aufsichtsrat der Saarbahn GmbH die Anschaffung von 21 Brennstoffzellenbussen und der dazu gehörigen „grünen Wasserstoffinfrastruktur“ beschlossen hat, sei „wegweisend“ teilten die Stadtverordneten Yvonne Brück von den Grünen sowie Rainer Ritz und Hermann Hoffmann von der CDU vor zwei Wochen mit. Mit der Entscheidung komme Saarbrücken „nicht nur den gesetzlichen Anforderungen zur Umstellung auf emissionsfreie Antriebe“ im öffentlichen Personennahverkehr nach. Der Aufsichtsrat des städtischen Unternehmens demonstriere auch „unseren eigenen Anspruch  als Landeshauptstadt führend zu sein, wenn es um neue Technologien und Umweltstandards geht“, sagte Brück.

Darüber hinaus sei die Entscheidung „nicht nur umweltpolitisch richtig“ gewesen, sagten Hoffmann und Ritz. Sie sei „auch aus betriebswirtschaftlicher und betriebsorganisatorischer Sicht logisch und konsequent“. Die Geschäftsführung der Saarbahn habe dem Aufsichtsrat „überzeugend darstellen“ können, „dass hier in Saarbrücken mit Wasserstoff betriebene Busse unter den aktuellen Prämissen deutliche Vorteile gegenüber Elektrobussen haben“.

Das sei Quatsch, sagen nun die Saarbrücker Ortsgruppe des Bunds für Umwelt und Naturschutz (BUND) und der saarländische Landesverband des Verkehrsclubs Deutschland (VCD). Das Hauptargument der Saarbahn-Geschäftsführung für Wasserstoff- und gegen Elektrobusse sei nämlich von gestern.

Das Problem mit den Elektrobussen sei die Reichweite, hatte Torsten Burgardt von der Saarbahn argumentiert und das so erklärt: Die Busse fahren alle zusammen aus dem Depot und kommen alle zum Aufladen zur etwa gleichen Zeit wieder zurück. Weil zu diesem Zeitpunkt aber das Tagessoll noch nicht erfüllt ist, rücken dann neue, frisch aufgeladene Busse aus, um die Strecken weiterzubefahren. So komme es, dass man etwa 75 Prozent mehr Elektro- als Dieselbusse brauchen würde. Die Flotte müsse einfach wegen der geringeren Reichweite größer sein. Um die Flotte von rund 140 Bussen nicht fast verdoppeln zu müssen, setze man auf die wasserstofftechnologie. Die habe kein Reichweitenproblem.

Dieses Argument sei von einem deutschen Hersteller vor wenigen Wochen widerlegt worden, sagen BUND und VCD: In München sei ein Elektrobus von MAN ohne Zwischenladung 550,8 Kilometer weit gefahren. Das Ganze unter realistischen Bedingungen, also nicht auf irgendeiner Teststrecke.  Entscheidend für eine hohe Reichweite sei „neben der Technik auch eine Schulung der Fahrerinnen und Fahrer“. Darüber hinaus gebe es Elektrobusmodelle, „die unterwegs aufgeladen werden können, wie man zum Beispiel bei den Batteriebussen in Luxemburg sehen kann“, argumentieren VCD und BUND.

 Der Wasserstoffbus stecke dagegen „immer noch in den Versuchsstadien“ und weise „eine sehr ungünstige Klimabilanz auf“. „Wasserstoff wird derzeit überwiegend aus Erdgas herstellt. Damit verursacht dieser sogar eine doppelt so hohe Kohlendioxid-Belastung wie die heutigen Dieselbusse“, sagen BUND und VCD. Und: „Grün betankte Wasserstoffbusse verbrauchen mindestens drei Mal so viel Primär-Energie wie reine Batteriebusse.“

 Ein weiters Problem: Die Produktion von klimafreundlichem grünem Wasserstoff werde „erst dann möglich, wenn so viel regenerativer Strom durch Wind und Sonne produziert wird, dass dieser nicht direkt im Stromnetz genutzt werden kann“. Der „überflüssige“ regenerative Strom werde dann „mit hohen Energieverlusten in Form von Wasserstoff gespeichert“. Davon solchen „überflüssigen“ Strom zu haben, sei das Saarland noch sehr weit entfernt. Es stehe in diesem Punkt auf dem letzten Platz im Ranking der deutschen Bundesländer.

Wenn es dann irgendwann genug solchen Strom für die Herstellung von Wasserstoff geben sollte, „müsste damit vordringlich die saarländische Stahlindustrie versorgt werden, die darauf angewiesen ist, um ihre Klimaauflagen auch in Zukunft erfüllen zu können“, sagen VCD und BUND. Deshalb sei der Saarbahn-Aufsichtsrat gut beraten, seine Entscheidung schnell zu überdenken und „auf moderne Elektrobus-Systeme im wahrsten Sinne des Wortes umzusteuern“.

Nimmt die Saarbahn GmbH diese Forderung der Verbände ernst? Das Unternehmen werde dazu „kein Statement“ abgeben, sagt dessen Sprecherin Ulrike Reimann. „Wir werden den Beschluss des Aufsichtsrates nicht weiter kommentieren“, sagt sie.

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