Reppersberg stark betroffen Wildschweine verwüsten Vorgärten in exklusiven Saarbrücker Wohngebieten (mit Video und Fotos)

Alt-Saarbrücken · „Sie kommen fast jede Nacht“: Wildschweine dringen derzeit vermehrt in exklusive Wohngebiete in Saarbrücken ein. Woran liegt das? Und was können Anwohner und Jäger dagegen tun?

Fotos: Wildschweine durchpflügen Gärten in Saarbrücken​
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Fotos: Wildschweine durchpflügen Gärten in Saarbrücken

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Foto: Gerhard Heisler

Aus Hungersnot im vertrockneten Wald zieht es derzeit immer mehr Wildschweine in Saarbrücker Wohngebiete, wo sie Vorgärten und Rasenflächen verwüsten. Manche Anwohner versetzen die Schwarzkittel zudem in Angst und Schrecken. Besonders betroffen von der Wildschwein-Expansion sind derzeit an Stadtwaldausläufern gelegene, durchweg exklusive Wohngebiete und nahe gelegene Spazierwege am Reppersberg in Alt-Saarbrücken.

Wildschweine finden wegen Trockenheit kaum Futter

„Die Wildschweine haben im Moment Schwierigkeiten Futter zu finden“, erklärt Landesjägermeister Josef Schneider die Lage. „Die Maisfelder sind schon abgeerntet und in den Wäldern gibt es noch keine Eicheln, Bucheckern und anderen Früchte.“ Da drängen die Schwarzkittel im Schutz von zugewachsenen Hecken und Sträuchern auf der Suche nach Nahrung selbst in solche Wohngebiete vor, wo sie eher keine vernachlässigten Komposthaufen oder achtlos weggeworfenen Nahrungsreste finden.

„Die Wildschweine kommen fast jede Nacht und wühlen den Garten um“, sagt der über 80-jährige Fotograf und Rentner Gerhard Heisler, der am Reppersberg in der Charlottenstraße 23 wohnt. Seine Frau zeigt auf die einem Acker gleichenden Verwüstungen auf dem schönen Rasen hinter einem blühenden Rosenstrauch und direkt an einem kleinen Seerosen-Teich, aus dem plötzlich auch drei Kois verschwunden seien. Einer seiner Nachbarn, Volker Landwehr in der gleichen Straße, hat Wildschweine auf seinem Anwesen erstmals am Montag vergangener Woche entdeckt, als sein Hund anschlug.

Videoaufnahmen zeigen ganze Wildschwein-Rudel in Saarbrücken

„Ich habe mir im Internet sogenannte Vergrämungs-Pellets bestellt und ausgelegt, die die Schwarzkittel angeblich nicht mögen. Bis Donnerstag mit Erfolg“, freut er sich. Heimleiter Jürgen Schumacher vom Altenwohnstift Reppersberg war vergangene Woche noch froh, dass die Schwarzkittel um den Park der Senioreneinrichtung einen Bogen machten. Doch inzwischen ist auch die Beetanlage am Eingang aufgewühlt. Schumacher sagt, dass auch im neuen Wohngebiet Franzenbrunnen die Wildschweine unterwegs sind.

Fotograf und Rentner Heisler hat mit Nachtsichtkamera datum- und uhrzeitgenau Videoaufnahmen gemacht, die ganze Rudel von Wildschweinen zu verschiedenen Zeiten auf seinem terrassierten Grundstück zeigen. „Es kommen oft zwei Keiler, aber auch zwei Bachen mit jeweils fünf Frischlingen“, sagt er und zeigt sie auf dem Videoclip aus seinem Garten. Schlägt nachts ein Alarmgerät mit Bewegungsmelder an, rennen Heisler und seine Frau öfters aufgeschreckt an die verschlossene Haustür. „Sobald die Wildschweine den Türschlüssel hören, nehmen sie Reißaus“, berichten sie. „Aber das ist keine Lösung. Mal kommen die Wildschweine abends um acht und mal morgens um sechs.“

Jäger dürfen in Wohngebieten nicht schießen – und empfehlen feste Zäune

Was tun? In Wohngebieten, sogenannten „befriedeten Gebieten“, dürfen Jäger laut Gesetz nicht schießen. „Fallen oder Blasrohr scheiden auch aus“, sagt der für den Reppersberg mit zuständige Saarbrücker Kreisjägermeister und Rechtsanwalt Heiner Kausch. „Am besten ist es, das betroffene Gebiet fest einzuzäunen.“ Über Abschreckungs-Methoden haben die Waidmänner unterschiedliche Ansichten.

Laut Landesjägermeister Josef Schneider haben die Saar-Jäger im abgelaufenen Jagdjahr mehr als 10 000 Wildschweine geschossen, kamen aber damit nicht an die Rekordstrecke aus dem Jagdjahr 2019/20 heran, in dem sie flächenbezogen im bundesweiten Vergleich vorn lagen. Schneiders Appell an die fleischessenden Verbraucher: „Esst doch mehr Wild, dann haben die Jäger auch noch mehr Anreize, Wild zu schießen.“ Wenn ein Kilo Schweinekamm aus Massentierhaltung beim Discounter für 2,98 Euro zu haben sei, sei es allerdings nicht leicht, Wildfleisch für 17 oder 18 Euro pro Kilo zu verkaufen, meint Schneider.

Kreisjägermeister Kausch bestätigt, dass es bei Treibjagden mit 50 erlegten Wildschweinen schon mal Vermarktungsengpässe geben könne, sonst aber nicht. Und die Wildschweinzahl, so Kausch, „geht alle drei Jahre rauf und runter“. Im nächsten Sommer, so beruhigt er die wegen des Eindringens der Wildschweine in Wohngebiete geplagten Gemüter, „dürfte der Tiefpunkt erreicht sein“.

Das Rentnerpaar Heisler am Reppersberg hat aber vorsichtshalber dennoch schon mal einen Elektrozaun im Internet bestellt, den sie mit Hilfe des Enkels aufbauen wollen. „Der Zaun ist immer noch nicht eingetroffen und liegt seit vergangenen Freitag bei DPD in Melle in Niedersachsen fest“, beklagte Heisler am Dienstag. Denn in der Nacht hatten die Wildschweine erneut auf der Suche nach Nahrung seinen Garten umgepflügt.