Reportage Lauschtour mit Kanonen und Flötenspiel

Köllerbach · Mal sehen, was die Audio-Tour der Burg Bucherbach zu bieten hat, dachte sich SZ-Volontärin Stephanie Schwarz und zückte ihr Handy.

 SZ-Volontärin Stephanie Schwartz testet den neuen QR-Code an der Burg Bucherbach in Köllerbach.

SZ-Volontärin Stephanie Schwartz testet den neuen QR-Code an der Burg Bucherbach in Köllerbach.

Foto: Andreas Engel

Mit mittelalterlichen Klängen im Hintergrund, einer Stimme im Ohr, die die Vergangenheit beschreibt und etwas Fantasie entsteht vor dem geistigen Auge die damalige Pracht des Sommersaals der Püttlinger Burg Bucherbach. Übrig sind davon heute nur noch Mauerwerk und Fensterhöhlen, aber im 16. Jahrhundert war der Raum mit spätgotischen Maßwerkfenstern verziert, erzählt mir eine männliche Stimme in meinem Ohr. Und vor meinem inneren Auge entstehen dunkelblaue Scheiben mit runden, verschnörkelten Verzierungen. Ob spätgotische Fenster wirklich so ausgesehen haben? Keine Ahnung, aber mir gefällt es. Der Sonnenuntergang, der abends durch die Fenster fiel, muss wunderschön gewesen sein.

Der rund 30-minütige Audio-Guide durch die Burg Bucherbach ist kurzweilig, informativ und gibt einen Überblick über Aussehen und Funktion der Burg und die maßgeblichen Veränderungen der vergangenen Jahrhunderte. Eingerahmt in mittelalterliche Instrumentalmusik von Trommeln bis Flöten.

 Der älteste, noch aufrechtstehende Mauerrest aus der Gründungszeit der Burg (Audioguide-Station vier).

Der älteste, noch aufrechtstehende Mauerrest aus der Gründungszeit der Burg (Audioguide-Station vier).

Foto: Stephanie Schwarz

Die Lauschtour beginnt am Eingang. Der Trick: Nicht nur mit den Augen, sondern auch mit den Ohren sehen. Also lasse ich mich entführen ins 16. Jahrhundert. Das Rattern der Ketten, die Zugbrücke wird heruntergelassen, und während der Kommentator mir erzählt, dass 1326 die Burg erstmals urkundlich erwähnt wurde, stelle ich mir die Geschäftigkeit innerhalb der Burg vor und hoffe, dass die Zugbrücke nicht zusammenstürzt – damals konnten die Menschen nämlich nicht schwimmen.

 Station drei: Der Westturm. Hier soll es früher einmal einen Sommersaal gegeben haben.

Station drei: Der Westturm. Hier soll es früher einmal einen Sommersaal gegeben haben.

Foto: Stephanie Schwarz

Weiter geht es hinein. Vorbei an der „neuen Küche“ links von mir. Was die Menschen damals wohl gegessen haben? Leider gibt der Audio-Guide keine Auskunft über die Essgewohnheiten der damaligen Zeit. Also weiter. Die Stimme in meinem Ohr weist auf die Schießkammern der Türme hin – da fühle ich mich in der Burg doch gleich viel sicherer.

Nur acht bis zehn Personen lebten hier: Burgmann – später Burggraf, seine Frau, die Kinder, Haupt- und Untermagd, Schmied und Hütejunge. Ich lasse den Blick schweifen. Sehr viel Platz für so wenige Leute. Ein leichter Windstoß weht mir um die Beine und lässt mich kurz zusammenzucken: Und sehr kalt muss es damals in der Burg auch gewesen sein.

 Südturm: Station zwei der Audiotour.

Südturm: Station zwei der Audiotour.

Foto: Stephanie Schwarz

Station zwei, „Südturm“ genannt, ist links von mir, also begebe ich mich dorthin und drücke auf Play. Aber der Erzähler richtet meine Aufmerksamkeit nach rechts zum Ostturm, was kurzzeitig Verwirrung auslöst. Verwechsle ich gerade links und rechts? Ein erneuter Blick auf die Karte, die Audio-Datei nochmal auf Anfang. Nein, ich irre mich nicht, also laufe ich weiter nach links Richtung Südturm und blicke zum Ostturm – so mache ich wenigstens alles richtig.

Interessant, früher war der Eingang zur Burg zwischen dem Ost- und dem Nordturm und daneben steht der älteste, noch aufrechtstehende Rest der Burgmauern aus der Gründungszeit. Im Hintergrund Säge- und Hammergeräusche, die beim Bau der Burg mit Sicherheit den ganzen Platz erfüllten. Laut Burg-Routenplan geht es als nächstes zum Westturm – Station Nummer drei, aber wer hält sich schon an eine Tour-Karte. Also schnell einen Abstecher zum Nordturm (Station vier), um die Mauer in Augenschein zu nehmen. Kurz die Hand auf das kalte Gemäuer gelegt – wie viele Menschen wohl über die Jahrhunderte schon vor mir diese Mauerstelle berührt haben? Schnell zurück zur eigentlichen Route, bevor der Audio-Guide-Sprecher was merkt.

An Station drei erwartet mich die kriegerische Zeit. Kriegs- und Kanonengeräusche untermalen die Erzählung. Einem Beschuss hielt die Burg damals nicht stand. Grund: Die Menschen entdeckten das Schießpulver. Und obwohl beim Wiederaufbau das Hauptaugenmerk vor allem auf der Sicherheit lag, hat der damalige Graf einen Sommersaal errichten lassen. Auch in Zeiten des Krieges war anscheinend Platz für Schönheit und Gemütlichkeit.

Weiter geht’s zur Station vier. Und hier gibt es etwas zum Schmunzeln: Frauen haben sich anscheinend schon damals über die Köpfe ihrer Männer hinweggesetzt. Bürgelen – ein sehr seltsamer Name – ließ einen Brunnen in der Burg ausheben, während ihr Gatte und Burgherr auf Reisen war. Richtig so! Ob der zusätzliche Brunnen wirklich was gebracht hat, weiß ich jedoch nicht.

Metallische Schwertschläge und Kanonenschüsse reißen mich aus meinen Emanzipationsgedanken heraus und kündigen den nächsten Fall der Burg Bucherbach im 30-jährigen Krieg an. Ob die Pest wohl auch hier gewütet hat, wo ich gerade stehe? Leider gibt der Guide darüber keine Informationen.

Letzte Station der Tour: der Verfall der Burg bis zur heutigen Ruine wird beschrieben. Stein um Stein wurde abgetragen und geplündert. Die Fantasie-Burg um mich herum zerfällt.

Zurück an der Zugbrücke sehe ich die Ruine vor mir, aber habe nun eine bessere Vorstellung, wie dieser Ort vor Jahrhunderten ausgesehen haben könnte.

Den Audio-Guide finden Sie unter www.audioguide.burgbucherbach.de oder mit Hilfe eines QR Codes, der noch am Eingang zur Burg angebracht werden soll. Dieser Code kann mit einer speziellen Scann-App fürs Smartphone gelesen werden.

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