Gemüse, Obst und Kräuter direkt vor der Haustür An welchen Stellen Saarbrücken jetzt eine „essbare Stadt“ ist

Saarbrücken · Regional, bio – und direkt vor der eigenen Haustür. Die Saarbrücker Stadtgärten sollen die Bürger dazu anregen, ihren grünen Daumen zu entdecken. Wo sie überall stehen und wie das Projekt funktioniert.

 Die „essbaren Beete“ vor der evangelischen Kirchengemeinde Brebach im Rahmen des Projekts „Essbare Stadt“.

Die „essbaren Beete“ vor der evangelischen Kirchengemeinde Brebach im Rahmen des Projekts „Essbare Stadt“.

Foto: Verena Ayere

Hier ist das Pflücken gerne gesehen. Im „BürgerInnengarten“ in der Kleingartenanlage Brebach herrscht bereits am frühen Morgen reges Treiben. Neben den fleißigen Bienenvölkern rund um die Blumenstöcke, sind auch Teilnehmer des Zentrum für Bildung und Beruf Saar (ZBB) hier, um die Beete in Schuss zu halten und bei der Hitze für genügend Bewässerung zu sorgen. „Vor zwei Jahren sah das hier noch aus wie Kraut und Rüben. Mit dem Garten ist wirklich viel passiert, ein richtig schöner Anblick“, sagt Thomas Schneider vom Zentrum für Bildung und Beruf Saar (ZBB), der zusammen mit Verena Ayere, aus der Abteilung Arbeit und Lernen des ZBB, ebenfalls vor Ort ist. Grund dafür: Saarbrücken ist jetzt eine „Essbare Stadt“. Auf lokalen Grünflächen werden Obst, Gemüse und Kräuter angepflanzt, von denen sich jeder bedienen darf. Ob ernten oder neue Samen einpflanzen – beides ist erwünscht. „Vor allem in den größeren Städten haben viele Menschen keinen Garten und Platz zum Eigenanbau. Mit der ‚Essbaren Stadt‘ wollen wir ihnen diese Möglichkeit bieten“, erklärt Verena Ayere.

An erster Stelle stehen soziale und berufliche Integration

Vorreiter in der Umgebung ist bereits Völklingen (wir berichteten). In Saarbrücken wird das Projekt Essbare Stadt gemeinsam mit dem Amt für Stadtgrün und Friedhöfe, dem Jobcenter und dem ZBB umgesetzt. Das Ziel ist in erster Linie die soziale und berufliche Integration in den Gemeinden. Aus diesem Grund sind es insbesondere ehemalige Langzeitarbeitslose, die für die Instandhaltung der Gärten und Beete verantwortlich sind. „Diese Arbeit hilft den Menschen, ihren Tag zu strukturieren und zu stabilisieren. Es ist eine erste Einführung oder Wiedereingliederung in die Arbeitswelt und daher für viele eine große Stütze“, erklärt Ayere weiter.

 Verena Ayere (Mitte), Thomas Schneider (zweiter v.r.) und Teilnehmer des ZBB im BürgerInnengarten Brebach.

Verena Ayere (Mitte), Thomas Schneider (zweiter v.r.) und Teilnehmer des ZBB im BürgerInnengarten Brebach.

Foto: Isabelle Schmitt

Obst und Gemüse aus der Region, für die Region

Auf der Anlage in Brebach blüht neben bunten Blumengewächsen auch eine ganze Menge Essbares. Tomatenpflanzen, kleine Basilikumsträucher, Mangold und alles, was in einen ordentlichen Nutzgarten gehört. „Es geht uns bei dem Projekt vor allem darum, den Menschen ein Stück Natur und Regionalität zu schenken“, sagt Ayere. „Die Bürger können sich hier einbringen, das reife Gemüse auch mit nach Hause nehmen und wenn etwas übrig bleibt, beliefern wir mit diesem Garten sogar noch das Stadtteilcafé Ludwigsberg.“ Hier wird die übrig gebliebene Ernte des Gartens seit Mitte Juli täglich als „Plat du jour“ (Tagesessen) mit den regionalen Zutaten angeboten.

„Die Anlagen werten Stadtteile wie diese auf“

Thomas Schneider betreut die Nachbarschaftsgärten in Saarbrücken-Malstatt. „Die Anlagen werten Stadtteile wie diese auf. Zwischen all den hohen Häusern bilden sie grüne Oasen für die Anwohner.“ Insgesamt gibt es in Saarbrücken und Umgebung schon rund 30 solcher Anlagen. Je nach Größe und Lage der Gärten stehen unterschiedliche Herangehensweisen im Fokus. Der „BürgerInnengarten Brebach“ beispielsweise wird von Teilnehmern des ZBB betreut. „Auch wenn wir uns als Organisation bei der Pflege der Gärten mit einbringen, es steht und fällt letztendlich mit den Teilnehmern“, erklärt Schneider. Die Anlagen in Malstatt seien in erster Linie für die Anwohner und das Viertel gedacht. „Viele von ihnen sind jedoch berufstätig und haben daher erst am Abend die Zeit noch im Garten vorbei zu schauen. Daher passt es gut, dass Arbeitssuchende hier auch tagsüber die Beete bewässern und reifes Gemüse ernten.“

Projekt "Essbare Stadt" in Saarbrücken: Regionales Gemüse und Kräuter
Foto: Isabelle Schmitt

Essbare Beete mitten im Stadtzentrum

Neben den öffentlichen Gärten gibt es in einigen Stadtteilen auch Hochbeete. Zwei davon stehen vor der evangelischen Kirchengemeinde im Zentrum von Brebach. In den sogenannten „essbaren Beeten“ wächst Schnittlauch und Fenchel, aber auch Aubergine, Mangold und Tomaten. Das Angebot an Gemüse und Obstsorten wechselt regelmäßig – saisonal und regional. Besonders begehrt im Sommer seien die Erdbeeren. „Die sehen schön aus und schmecken gut, daher werden die immer am schnellsten abgeerntet“, schmunzelt Schneider.

Die Essbare Stadt als Gartenersatz

Seit Beginn der Corona-Pandemie sei außerdem die Nachfrage an Schrebergärten deutlich gestiegen, die Wartelisten dementsprechend lang. „Die Stadtgärten bieten einen tollen Ersatz. Wer Lust hat, kann hier jeden Tag vorbei kommen, das ist dann fast wie mit dem eigenen Garten.“ Fakt ist: „jeder der hier mitwirkt, erntet die Früchte seiner Arbeit“ – und das im wortwörtlichen Sinne.

(bel)
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