Blick in die Unterwelt Leitungsprofis buddeln sich durch Saarbrücken

Saarbrücken · Das 184 Kilometer lange Fernwärmenetz wird teilsaniert. Arbeiter gehen zwischen Unmengen an Rohren und Kabeln ans Werk.

 Auch in der Saarbrücker Koßmannstraße wird das Fernwärmenetz erneuert. Bei den Tiefbauarbeiten müssen die Arbeiter auf viele verschiedene Rohr- und Kabelstränge achten, die das Fernwärmenetz kreuzen.

Auch in der Saarbrücker Koßmannstraße wird das Fernwärmenetz erneuert. Bei den Tiefbauarbeiten müssen die Arbeiter auf viele verschiedene Rohr- und Kabelstränge achten, die das Fernwärmenetz kreuzen.

Foto: BeckerBredel

SZ-Leserin Gabriele Langenstein sieht von ihrem Balkon aus die Bauarbeiten an der neuen Fernwärmeschiene in der Saarbrücker Koßmannstraße und ist fasziniert. In dem tiefen Graben vor ihrem Haus tummeln sich die Arbeiter. In einem Brief an unsere Redaktion schildert sie, dass sie die Baugrube als „Tiefbau-Kunstwerk“ empfinde und beeindruckt sei, wie sich die Arbeiter in einem Gewirr kreuz und quer verlaufender Leitungen zurechtfinden und dort baumdicke neue Fernwärmeröhre dazwischen fummeln, ohne etwas anderes kaputtzumachen. Das alles werde „toll überwacht“ und sei bald vorbei. Wir von der Saarbrücker Zeitung sollten uns das unbedingt mal ansehen. Gute Idee.

Vor Ort treffen wir den Baubeauftragten Christoph Hammer und den Stadtwerke-Fachbereichsleiter Hector Amand, die durch die Baustelle führen. Seit März wird die Fernwärmeleitung für Alt-Saarbrücken erneuert. Der Grund: Hochwasserschäden aus dem Jahr 1983. Das Wasser sei damals in die Isolierung des Rohrnetzes eingedrungen und habe sie nahezu zerstört. Große Wärmeverluste seien die Folge gewesen. Die neuen Rohre hätten eine andere Technologie und seien hochwassersicher. Insofern sei das 13,2 Millionen Euro teure Projekt auch eine Umweltschutzmaßnahme, sagt Stadtwerke-Sprecherin Ulrike Reimann. Es gehe darum, den Energieverlust zu minimieren. Saniert wird von der Daarler Brücke bis zum Schloss, im Winter wird eine Baupause eingelegt. Aktuell stehen die Bagger in der Koßmannstraße und arbeiten sich über die Hindenburgstraße noch bis zur Talstraße vor. Die Querung der Präsident-Baltz-Straße wird im November das letzte Stück für dieses Jahr sein.

Ein Blick in die Baugrube lohnt wirklich: Zum Teil kommen ganze Leitungsbündel aus dem Erdreich, es gibt Niedrig-, Mittel- und Hochspannungsleitungen, Kanäle, Wasserleitungen und Telefonkabel, teils müssen sie abgestützt werden, damit sie nicht reißen. Eine Wasserleitung musste verlegt werden, erzählt Amand. Insgesamt seien aber alle unterirdischen Leitungen Saarbrückens in – sehr zuverlässigen – Plänen der Stadtwerke verzeichnet. Auch wenn es nach Gewirr aussehe, die Arbeiter hätten bislang keine Überraschungen erlebt.

Leitungen unterirdisch zu verlegen, das sei aus Sicht der Ingenieure das Maß aller Dinge: „Das sieht am besten aus und schützt die Leitungen. – Denken Sie an flächendeckende Stromausfälle in Amerika wegen bei Stürmen abgerissener Freileitungen“, sagt Hammer. In der Landeshauptstadt gebe es nur noch in Dudweiler, Klarenthal und Gersweiler an wenigen Stellen Freileitungen. In den Innenstadtbezirken seien unterirdische Leitungen die Regel. Auch die Fernwärmeleitungen seien nur im Bereich der Brücken oberirdisch. Mit dem über 184 Kilometer langen Fernwärme-Leitungsnetz würden 11 000 Haushalte und öffentliche Gebäude mit warmem Wasser auch zum Heizen versorgt. Bei den Stadtwerken hat man berechnet: Sind die beschädigten Leitungen erst erneuert, dann spare das jährlich etwa 20 Gigawattstunden Wärme und dadurch auch 2400 Tonnen Kohlendioxid.

Am 1. März 2021 beginnen die Arbeiten in der Yorckstraße und enden Anfang September 2021 in der Talstraße im Bereich der Zähringer Straße. Dabei werden auch Ministerien, Justiz-Gebäude und das Hauptzollamt neu angeschlossen.

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