Mitmachzirkus in St. Ingbert Das Verbeugen vor Publikum will gelernt sein

St. Ingbert · Der Zirkus Zappzarap macht in St. Ingbert Station. Sein Angebot bereichert das städtische Ferienprogramm mit 100 Kindern.

 Über 100 Ferien-Zirkuskinder proben bei „Zappzarap“ die Kunststücke und Übungen für die zwei Aufführungen am Freitag und Samstag.

Über 100 Ferien-Zirkuskinder proben bei „Zappzarap“ die Kunststücke und Übungen für die zwei Aufführungen am Freitag und Samstag.

Foto: Cornelia Jung

Es sind noch Sommerferien und trotzdem wird man derzeit auf dem Gelände der Albert-Schweitzer-Schule vom Lachen und den Stimmen vieler Kinder empfangen, die dort freiwillig ein paar Extra-Lernstunden einschieben. Doch es ist kein Nachhilfeunterricht im Gange. Sie lernen vielmehr die Welt des Zirkus kennen und wie es ist, selbst aktiver Teil in der Manege zu sein. Mehr als 100 Kinder nehmen an diesem besonderen Ferienprogramm teil, dass vom Lions-Club St. Ingbert, dem Stadtmarketing und der Jugendpflege der Stadt veranstaltet wird.

Bereits zum zweiten Mal in Folge baute der Leverkusener Mitmachzirkus Zappzarap nun also sein Zelt in der Mittelstadt auf. Und Mitmachen ist von Anfang an Programm. Das fing am vergangenen Sonntag bereits beim Aufbau des rot-blau gestreiften Zeltes an, das von den Veranstaltern, Eltern der Zirkuskinder und anderen Freiwilligen in sechs Stunden Gemeinschaftsarbeit aufgestellt wurde. St. Ingberts Wirtschaftsförderer Thomas Debrand ist froh, dass der Zirkus wieder Station in der Stadt macht, denn dessen Angebot „wurde ins Kinderferienprogramm integriert“ und ergänzt dieses um einen weiteren attraktiven Baustein.

Dankbar ist er dabei vor allem dem Lions-Club „ohne dessen großzügige finanzielle Unterstützung das nicht funktionieren würde“. Konkrete Summen nennt er nicht, „aber allein das Zelt, die Anfahrt und die Betreuung der Kinder liegen im fünfstelligen Bereich“. Dabei ließ es das Orga-Team der Lions nicht bei der Geldgabe bewenden, sondern sorgt für das Mittagessen und dessen Ausgabe.

Die Kinder zwischen sechs und 13 Jahren sind begeistert von der Zirkuswelt, so dass sich einige, die bereits im vergangenen Jahr dabei waren, auch dieses Jahr wieder zu dem Programmpunkt angemeldet hatten. Für die Eltern kostet „eine Woche Zirkuswelt schnuppern“ 60 Euro. Täglich von 9 bis 16 Uhr wird für die zwei großen öffentlichen Aufführungen an diesem Samstag geprobt. Wessen Kind schon ab 7.30 Uhr betreut werden muss, zahlt fünf Euro extra. Doch die Teilnahmegebühr steht im Hintergrund bei all dem Spaß und den Erfahrungen, die die kleinen Artisten und Clowns dort sammeln können.

Am Montag waren sie selbst Zuschauer beim Programm der Erwachsenen, bei dem sie Seilspringer, Trapez- und Jonglagekünstler, Ballläufer, Artisten am Vertikalseil, am Netz und auf der Leiter sowie Fakire, Feuerspucker und vieles mehr bewunderten. Im Anschluss konnte sich jedes Kind zwei Lieblingsnummern aus acht Disziplinen aussuchen, für die dann eine Woche lang trainiert wurde - für die eine vor, für die andere nach dem Mittagessen. Für manche Nummer gilt es Angst zu überwinden und es braucht Geduld, doch die Betreuer ermunterten: „Ihr könnt das am Ende sowieso besser als wir.“ Und auch der Spruch auf den schwarzen Zappzarap-T-Shirts „Kannst du nicht, war gestern“ macht zusätzlich Mut.

Lehrer und Eltern wären begeistert, würden sie ihre Schützlinge bei den Vorbereitungen sehen. Ein Ruf von einem der 18 Betreuer reicht aus, um die Zirkuskinder „auf die Matte zu rufen“. Zum Bändigen der hundertköpfigen Schar braucht es keine Worte, es reicht eine Erkennungsmelodie, um alle zusammenzurufen. Toll zu sehen, mit welcher Ernsthaftigkeit und mit wieviel Freude die Kinder ihre Aufgaben angehen. Es gibt mehrere Wiederholungstäter unter den Zirkuskindern. Ein Mädchen hat sich bereits zum zweiten Mal für die Fakire entschieden. Langweilig? Von wegen. Sie fand es „cool“, nun schon als Fortgeschrittene, mehr ausprobieren zu dürfen. Eine der schwierigsten Übungen ist allerdings weniger eine körperlich anstrengende – die Verbeugung am Schluss. Auch das Präsentieren will gelernt sein und das Einholen des verdienten Beifalls vom Publikum.

Bürgermeisterin Nadine Müller ist vom Zirkus begeistert: „Es ist eine tolle Möglichkeit der Feriengestaltung gerade für diejenigen, die in den Ferien nicht wegfahren können. Das ist ein tolles zusätzliches Angebot zu den anderen Ferienprogrammen.“ Und ganz nebenbei würden dort noch wichtige Kompetenzen erlangt wie das jahrgangsübergreifende gemeinschaftliche Arbeiten. „Beim Balancieren und Jonglieren und den vielen anderen Kunststücken werden die koordinativen Fähigkeiten in besonderem Maße geschult. Das sind entscheidende Dinge für die Entwicklung der Kinder, die im Alltag immer mehr verloren gehen.“

Der soziale Faktor stehe hier im Vordergrund des Projekts. „Ein wertvolles pädagogisches Konzept in den Ferien“, wie die Bürgermeisterin St Ingberts, selbst Lehrerin, findet. „Und was da alles gelernt wird, fasziniert und erstaunt extremst“, schließt sich Thomas Debrand den lobenden Worten für das Projekt an, „es gibt einige Dinge, wie bei der Feuergruppe, die die Eltern zu Hause nie erlauben würden.“ Doch das Vertrauen der Eltern sei da, die erstaunt seien, mit wieviel Disziplin ihre Sprösslinge an die Sache herangehen. Jeden Tag vor der Mittagspause gibt es eine „Manegenkostprobe“ für alle, bei der jeder sehen kann, welche Fortschritte gemacht wurden. Und wer nun neugierig geworden ist, kann sich von den Leistungen der Zirkuskinder bei den Aufführungen gern selbst überzeugen.

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