Virologe Rissland zu Corona-Schnelltests an Grundschulen Abstrich ist unangnehm, schadet aber nicht

Seit kurzem gibt es zweimal pro Woche Schnelltests an Grundschulen. Die Sicht eines Virologen.

 Dr. Jürgen  Rissland.

Dr. Jürgen  Rissland.

Foto: Rüdiger Koop/UKS

Wie aussagekräftig sind solche Schnelltests überhaupt?

Dr. Jürgen Rissland: Schnellteste sind im Vergleich zu einer PCR weniger sensitiv (also empfindlich) und spezifisch (also zielgenau), aber dennoch geeignet, den Diagnostiksektor insbesondere im Rahmen der Vermeidung von Einträgen in Gemeinschaftseinrichtungen zu ergänzen. Der Verlust an Sensitivität und Spezifität sowie der Umstand, dass Schnellteste auch nur „Momentaufnahmen“ sind, kann und muss durch entsprechende Hygienekonzepte, durch wiederholte Testungen (zum Beispiel mehrmals wöchentlich) und durch zusätzliche Testverfahren (vor allem der Überprüfung eines positiven Ergebnisses im Schnelltest mit einer darauffolgenden PCR-Testung) weitestgehend ausgeglichen werden.

 Wie viele Kinder (Anteil an Gesamtschülerzahl einer Schule) müssen dabei mitmachen, damit dieses Mittel auch dabei hilft, die Ausbreitung der Infektionen einzudämmen?

Rissland: Der Mehrwert der Schnellteste hängt von der Teststrategie und von der Infektionshäufigkeit in der jeweiligen Region ab. Falls mit den Schnelltesten verhindert werden soll, dass infektiöse Schüler*Innen und Lehrer*Innen am Schulgeschehen teilnehmen (so genanntes protektives Testen/Screenen), benötigt man eine möglichst große Beteiligung. Gleiches gilt, je seltener eine Erkrankung ist und je ungezielter getestet wird.

 Manche Eltern haben Zweifel: Schadet es meinem Kind, wenn sehr oft solche Stäbchen tief in Nase und/oder Rachen eingeführt werden müssen, um Proben zu entnehmen. Wie verhält es sich damit? Und muss bei Kindern der Abstrich immer durch Mund und Nase erfolgen?

Rissland: Organisch schadet ein Nasen-/Rachenabstrich in der Regel nicht, auch wenn die Prozedur unangenehm ist und vor allem für Kinder unter zwölf Jahren belastend sein kann, insbesondere bei vielen Wiederholungen. Neuere Daten weisen darauf hin, dass die Verwendung von entweder einem Nasen- oder einem Rachenabstrich ebenfalls verlässliche Ergebnisse bringt. Gleiches gilt auch für Speichel, allerdings muss man dabei darauf achten, dass das verwendete Testverfahren mit diesem Material validiert worden ist.

 Sollten die einfacher zu handhabenden Selbsttests mittelfristig zum Einsatz kommen, liefern diese vergleichbare Ergebnisse?

Rissland: In mehreren Studien konnte nachgewiesen werden, dass die Eigenentnahme von Abstrichen aus der Nase und der mittleren Nasenmuschel eine gute Übereinstimmung mit dem durch medizinisches Personal entnommenen Naserachenabstrich in der Sars-Cov-2 Testung zeigt. Gerade bei der Anwendung von Antigentests durch Laien ist es aber essenziell, dass der Anwender das Testergebnis richtig interpretieren und sachgerechte Schlussfolgerungen daraus ziehen kann.

Ein negatives Testergebnis schließt eine Sars-Cov-2-Infektion nicht aus. Auch bei korrekter Testdurchführung ist es lediglich weniger wahrscheinlich, zum Zeitpunkt der Testung für andere ansteckend zu sein. Weiterhin ist die Aussagekraft eines solchen Testergebnisses zeitlich begrenzt. Es ist also durchaus möglich, dass eine infizierte Person, die ein negatives Antigentestergebnis erhält, bereits am darauffolgenden Tag (bei gestiegener Viruslast im Nasen-Rachenraum) ein positives Ergebnis bekommt.

Bei einem positiven Antigentestergebnis ist es dagegen erforderlich, dass sich die positiv getestete Person in Absonderung begibt, das heißt Kontakte konsequent reduziert, und sich telefonisch mit dem Hausarzt oder einem geeigneten Testzentrum in Verbindung setzt, der/das dann eine PCR-Testung zur Bestätigung in die Wege leitet und gegebenenfalls Hinweise zum weiteren Vorgehen gibt.

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