Linke „Stadt gehört nicht der Verwaltungsspitze“

Homburg · Barbara Spaniol mahnt beim Linken-Neujahrsempfang an, Vorgänge wie die Detektiv-Affäre dürften sich nicht wiederholen.

 Energische Rede: Kreichschefin Barbara Spaniol beim Neujahrsempfang der Homburger Linken im Bistro 1680.

Energische Rede: Kreichschefin Barbara Spaniol beim Neujahrsempfang der Homburger Linken im Bistro 1680.

Foto: Eric Kolling

Als Barbara Spaniol zum wiederholten Mal mit der flachen Hand auf ihren Rednertisch schlägt, weist ein Mitarbeiter darauf hin, dass das immer im Mikrofon knallt. Die Homburger Linken-Kreischefin lacht entschuldigend. Doch ihr Elan bleibt in der Folge ungebremst. Spaniol hatte am Donnerstagabend beim Neujahrsempfang ihrer Partei im mit an die hundert Leuten proppenvollen „Bistro 1680“ aus ihrer Sicht auch jede Menge Gründe, es krachen zu lassen, bei ihrem halbstündigen Parforce-Ritt durch die Problemfelder der Stadt.

Allen voran die Entwicklung am Uniklinikum (UKS). Spaniol erinnerte an die Auseinandersetzung der Belegschaft mit der Klinikleitung um mehr Pflegepersonal und dem im letzten Moment abgeblasenen Streik. Jetzt müsse die UKS-Spitze die damals unterschriebene Vereinbarung zur spürbaren Entlastung der Pflegekräfte auch sofort umsetzen. „Wir freuen uns über Leuchtturmbauten wie die I-Med, aber ohne zusätzliches Personal gehen die Lichter aus.“ Auch die Führungsetage von Bosch nahm Spaniol in die Pflicht, Alternativen  zur Diesel-Technologie im Homburger Werk zu fertigen. „Bosch hat durch die Arbeit der Beschäftigen viel Geld verdient und darf diese Menschen und ihre Familien jetzt nicht fallen lassen“, sagte sie und erntete dafür „Bravo“-Rufe.

Die Landesregierung müsse den Öffentlichen Personen-Nahverkehr reformieren, dazu die Kreise mit ins Boot holen: „Schülertickets müssen günstiger und attraktiver werden, und es muss überall Sozialtickets geben.“  Der Fortschritt sei hier eine Schnecke, der die Linken Beine machen werde.  Anders bei der  sogar Landesgrenzen überschreitenden Reaktivierung der S-Bahn zwischen Homburg und Zweibrücken. Hier seien die Verträge seit Juli 2018 unterschrieben. „Wahrscheinlich fährt die Bahn schneller auf der Schiene als Autos auf neuen teuren Straßen“, unkte Spaniol und verwies auf die Bedeutung der Strecke auch für die Zweibrücker Hochschule, ehe sie eben zu Straßenbauprojekten kam: Dass es weit über 700 Einwände gegen die geplante B 423-Umgehung gegeben habe, sei einmalig: „Die Verantwortlichen müssen die Kritik der Betroffenen dringend ernst nehmen.“ Auch dass die Drei-Ohren-Lösung den Verkehr wie versprochen entlastet, zweifelte sie an.

Dann folgte das derzeit brisanteste Thema, „wie es im Rathaus weitergeht“. Damit meinte Spaniol die Auswirkungen der Detektivaffäre, in deren Folge kommende Woche vor dem Saarbrücker Landgericht die Prozesse gegen den amtierenden Oberbürgermeister Rüdiger Schneidewind (SPD) und seinen Amtsvorgänger Karlheinz Schöner (CDU), beginnen werden (wir berichteten). „Wir Linke haben den Stein der Aufklärung ins Rollen gebracht und sind im Rat seit fast drei Jahren damit beschäftigt. Wir wollen nicht rufen ‚Hängt ihn höher‘, aber all das lähmt die Arbeit unserer Stadt“, befand die Linken-Chefin auch in Richtung das anwesenden OB Schneidewind.

Als sie die SZ-Schlagzeile „Homburger Rathausschefs vor Gericht“ zitiert, nippt der zunächst an seinem Getränk. Als sie an die Bespitzelten erinnert, „die bis heute unter den Vorwürfen leiden, von denen nichts übrig blieb“, macht er große Augen und schüttelt skeptisch den Kopf. Als sie zuletzt Pläne der Großen Koalition im Land erwähnt, wonach diejenigen Saar-Bürger- und Oberbürgermeister, „die durch Fehler und Skandale das Vertrauen der Bürger verloren haben“ der Rücktritt erleichtert werden soll, blickt er wie versteinert weg vom Rednerpult. „Die Stadt gehört uns Bürgerinnen und Bürgern und nicht einer Verwaltungsspitze“, poltert Spaniol derweil, spricht vom „massiven Imageschaden für unsere Stadt“ durch die Affäre und will „im neuen Rat mit anderen am Strang ziehen, dass sich solche Vorgänge zu Lasten der Stadtkasse und der Beschäftigten nicht wiederholen“.

Und wie lässt sich nach dem geplatzten Traum vom Enklerplatz-Einkaufszentrum („Die Zeit solcher Center ist längst vorbei“) die Innenstadt in den Augen der Linken weiterbringen? Durch die geplante Bebauung des Vauban-Carrees  etwa („Das unterstützen wir“), gekoppelt mit einer „möglichst wirksamen Leerstandsbekämpfung“. Der gläserne Aufzug zum Schlossberg könne den Tourismus indes nicht allein ankurbeln. Und für die Familien müsse ein Ganztagsangebot an den Grundschulen her. „Hier werden wir nicht locker lassen“, verspricht Spaniol abschließend.

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