Fahrradwochenende in Homburg Kinder werben für sichereres Radeln

Homburg · Eine Demo unter dem Motto „Kidical Mass“ fand am Samstag in Homburg statt. Es ging um bessere Radwege und mehr Rücksicht. Doch der Weg bleibt ein weiter.

 Josephine und Friedemann machten sich am Samstag bei der Radler-Demo „Kidical Mass“ für mehr Sicherheit für junge Radler im Straßenverkehr stark.

Josephine und Friedemann machten sich am Samstag bei der Radler-Demo „Kidical Mass“ für mehr Sicherheit für junge Radler im Straßenverkehr stark.

Foto: Thorsten Wolf

Wenn man den Begriff „Kritische Masse“ (im Englischen „Critical Mass“), hört, dann ist man in der Regel entweder ratlos oder denkt, dem Physik-Unterricht sei Dank, an „die für eine Kettenreaktion nötige Mindestmasse spaltbarer Stoffe“ – oder so ähnlich. Man findet diesen Begriff aber auch in der sogenannten Spieltheorie. Die hat nun überhaupt nichts mit Spielen zu tun, sondern kommt aus der Mathematik. Und dort bezeichnet der Begriff der kritischen Masse einen Schwellenwert, von dem an ein gruppendynamischer Prozess beginnt und selbst eine kleine Gruppe von Teilnehmern dafür sorgen kann, dass eine bestimmte Strategie sich durchsetzt. Ob die Initiatoren der weltweiten Bewegung „Kidical Mass“ (für „kindliche Masse“) diese Definition als Anlehnung an Critical Mass im Sinn hatten, das lässt sich nicht recherchieren. Aber der Gedanke ist charmant. Würde man hier eben eine kritische Masse an Verkehrsteilnehmern erreichen, dann könnte sich die Strategie und der Wunsch nach sicheren Radwegen nicht nur für Kinder als Selbstläufer etablieren.

Offizielle Definition für „Kidical Mass“ ist aber die schlichte inhaltliche Übersetzung: An besonderen Aktionstagen sollen möglichst viele Kinder und Jugendliche mit einer Fahrrad-Demo für mehr Sicherheit der jungen und jüngsten Radler im Straßenverkehr eintreten. So auch im Saarland, so am vergangenen Wochenende, so auch in Homburg. Ob man nun angesichts der doch eher überschaubaren Teilnehmerzahl tatsächlich von Masse sprechen kann, das sei dahingestellt. Doch an Eindringlichkeit ließen es die Initiatoren, allen voran Ute Kirchhoff, Fahrradbeauftragte der Stadt Homburg und Mitglied des Allgemeinen Deutschen Fahrrad Clubs (ADFC) als einer der Trägerorganisationen von „Kidical Mass“ in Deutschland, trotzdem nicht fehlen. „Kinder sind, was die Schutzbedürftigkeit im Straßenverkehr angeht, auf jeden Fall eine kritische Masse. Was die Wahrnehmung im Verkehr angeht, leider nein.“

Deswegen, wie Kirchhoff ihre Position verdeutlichte, brauche man sichere Radwege für Kinder. „Wir brauchen freie Gehwege, auf denen Kinder ja fahren müssen. Dann bräuchten wir bundesweit eine Initiative für ein kindgerechtes Straßenverkehrs-Gesetz – damit die Kommunen auch mehr Freiheiten haben, zum Beispiel für die Einrichtung von Tempo-30-Zonen.“ Die sollten sich nicht nur auf kleine Abschnitte vor Schulen finden, sondern auf dem ganzen Schulweg. Kirchhoff räumte ein, dass das Umsetzen dieser Forderungen und Wünsche zäh vorangehe. „Es gibt aber immer wieder Ereignisse, die hoffen lassen, dass wir mehr Verständnis für den Radverkehr als Verkehrsteilnehmer hinkriegen. Ich bin zuversichtlich. Es wird mit Sicherheit im Autoland Saarland etwas länger dauern als anderswo. Aber ich denke, wir sind auf dem Weg.“

Unter denen, die am Samstag zur „kindlichen Masse“ gehörten, war auch das Geschwisterpaar Josephine und Friedemann aus Beeden. Zusammen mit ihren Eltern warben sie auf der Demotour vom Christian-Weber-Platz aus auf vielen Straßen bis hin zum Stadtpark dafür, ihnen als kleine und kleinste Verkehrsteilnehmer mehr Sicherheit zu geben. Die beiden sind nun keine Freitzeitradler. „Wir fahren jeden Tag mit dem Rad zur Schule“, erzählte Friedemann. Und Friedemanns Vater Matthias Scharberger ergänzte, dass auch die sechsjährige Josephine begleitet jeden Tag auf dem eigenen Rad zur Grundschule Sonnenfeld fahre. Gefragt, ob die beiden Angst beim Radfahren hätten, brachte es Friedemann so auf den Punkt: „Das hängt davon ab, welche Autofahrer unterwegs sind.“ Und Josephine erklärte: „Wenn da ein Autofahrer so richtig schnell auf der Straße fährt, dann hab ich schon ein bisschen Angst.“

Vater Matthias Scharberger räumte ein, dass man schon immer ein mulmiges Gefühl habe, wenn Friedemann alleine mit dem Rad unterwegs sei. „Gerade auf den stärker befahrenen Straßen und an Einmündungspunkten.“

Eben auf die Schwierigkeiten, gerade für junge Radler hinzuweisen, das war der Kern der Fahrrad-Demo „Kidical Mass“. Und hier hatte sich am Samstag auch Maurice Eickhoff, der Mobilitätsmanager des Saarpfalz-Kreises eingebracht. Er machte klar, dass das Sicherheitsbedürfnis bei Kindern noch viel höher sei als bei anderen Verkehrsteilnehmern. „Deswegen ist es umso wichtiger, dass man gerade für Kinder eine sichere Radwege-Infrastruktur schafft. Das ist eine große Aufgabe, bei denen die Kommunen gemeinsam mit dem Land schauen müssen, wie man das hinkriegt.“ Diese Aufgabe müsse nun erstmal in die Köpfe. Und deswegen seien Veranstaltungen wie „Kidical Mass“ so wichtig. „So zeigt man, dass Kinder mit dem Rad unterwegs sein wollen. Und diese Kinder brauchen den entsprechenden Platz und die Infrastruktur.“ Als Mobilitätsmanager habe er vonseiten des Kreises hier die Funktion einer Schnittstelle zwischen Kommunen und Land. Und da sei es auch seine Aufgabe, gerade die Kommunen „anzuschieben“.

 Homburgs Fahrradbeauftragte Ute Kirchhoff und Maurice Eickhoff, Mobilitätsmanager des Saarpfalz-Kreises.

Homburgs Fahrradbeauftragte Ute Kirchhoff und Maurice Eickhoff, Mobilitätsmanager des Saarpfalz-Kreises.

Foto: Thorsten Wolf

Übrigens: „Kidical Mass“ war am Wochenende nicht die einzige Radfahr-Aktion in Homburg, am Sonntag startete auch das inzwischen traditionelle Stadtradeln.

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