Hilfsbereitschaft nach Brand in Alschbach Zusammenhalt in der Facebook-Gruppe

Homburg/Alschbach · Mitglieder der Facebook-Gruppe „Einkochen und leckere Küche mit Sylvia“ aus der Region und aller Welt haben für die Familie Dincher aus Alschbach gespendet, deren Haus im Januar abgebrannt war.

 Peter Dincher (Mitte) mit Tochter Aline (l.) nahm von Rainer Schumacher den Scheck entgegen; das Geld hatten Mitglieder der Facebook-Gruppe „Einkochen und leckere Küche mit Sylvia“ gespendet.

Peter Dincher (Mitte) mit Tochter Aline (l.) nahm von Rainer Schumacher den Scheck entgegen; das Geld hatten Mitglieder der Facebook-Gruppe „Einkochen und leckere Küche mit Sylvia“ gespendet.

Foto: Jennifer Klein

„In zehn Minuten war das Haus abgebrannt“, erinnert sich Peter Dincher zurück an den schrecklichen Samstag vor rund dreieinhalb Monaten: Am 30. Januar brannte das Haus der fünfköpfigen Familie in Alschbach ab – das Feuer wütete in allen Räumen, das Haus war trotz Großeinsatz der Feuerwehr nicht mehr zu retten (wir berichteten). Die Familie verlor innerhalb weniger Stunden ihr ganzes Hab und Gut und hatte kein Dach mehr über dem Kopf. Auf das Feuer folgte eine überwältigende Welle der Hilfsbereitschaft: Die Vereine im Ort sammelten Spenden für die Familie, auch die Kollegen des Familienvaters bei Bosch in Homburg halfen, berichtete Peter Dincher.  „Als wir von dem Brand lasen, war für uns sofort klar, dass auch wir helfen wollen“, erklärt Rainer Schumacher aus Homburg, der mit seiner Frau Sylvia die Facebook-Gruppe „Einkochen und leckere Küche mit Sylvia“ betreibt. In der Gruppe ist auch Peter Dinchers Frau Angela Mitglied.

Nach einem Aufruf in der Facebook-Gruppe kamen rund 2400 Euro Spenden zusammen,   viele von Menschen aus dem Saarland, aber auch aus Norwegen, Schweden, Holland und Griechenland gingen  größere und kleinere Beträge auf dem Spendenkonto ein. Das hatte Rainer Schumacher als Treuhand-Konto bei der Sparkasse Einöd mit Hilfe der Filial-Mitarbeiter Sabine Sohl und Hans-Jürgen Scheide eingerichtet.

„Zudem erreichten uns aber auch viele Hilfsangebote in Form von Sachspenden, vom Bett bis zur Kaffeemaschine, die wir an die Familie Dincher weitergaben“, so Rainer Schumacher. „Zeitweise gab es so viele Spenden, dass wir selbst Dinge an Hilfsorganisationen weitergeben mussten“, erklärt Peter Dincher.  „Und da heißt es immer, Internet und Facebook sei so anonym“, ergänzt Rainer Schumacher.  Der gute Zusammenhalt in der Facebook-Gruppe habe sich auch jetzt bei der Spendenaktion gezeigt. Aber das habe die Gruppe von Anfang an ausgemacht, dass die Atmosphäre freundlich und familiär gewesen sei. Das versuche man  auch jetzt beizubehalten – inzwischen ist die Mitgliederzahl auf 55 000 Mitglieder in aller Welt angewachsen. Eine beeindruckende Erfolgsgeschichte. Und ein Fulltime-Job für Rainer und Sylvia und ihre Administratoren, die sie inzwischen bei der Betreuung der Gruppe unterstützen.

Einkochen ist für viele Zielgruppen aus unterschiedlichen Gründen interessant: junge Leute,  bei denen „Selbstversorger sein und selbermachen“ im Trend ist, ebenso wie ältere, die das (wieder) entdecken, was sie selbst bei ihren Eltern oder Großeltern gesehen haben.  Ebenso Camper oder Berufstätige, für die das Vorkochen von Mahlzeiten Vorteile bietet. Die Corona-Krise hat dem Thema zusätzliche Aufmerksamkeit und Aktualität beschert. Ebenso wie die Lebensmittelrettung (Foodsharing), in der das Ehepaar Schumacher auch aktiv ist. „Gruppenmuddi“  Sylvia hat von ihrer Oma Einkochen gelernt, ihr geht es darum, altes Wissen ums Einkochen zu bewahren und weiterzugeben.  Sie ist inzwischen eine echte Expertin auf diesem Gebiet, deren Wissen weithin geschätzt wird: Neben mehreren Auftritten im Fernsehen, unter anderem mit TV-Koch Timo Böckle,  schreibt sie inzwischen regelmäßig  eine Kolumne („Sylvia kocht ein“) für das Magazin Speisekammer. „Wir freuen uns natürlich über das riesige Interesse an einem Thema, das uns selbst so am Herzen liegt“, erklärt Rainer Schumacher. Es gebe ja kaum etwas, was sich nicht einkochen lasse – die Vielfalt der Gläser im heimischen Keller zeugt davon. Inzwischen ist die Einkoch-Facebook-Gruppe für die Rentner ein Fulltime-Job. Langweilig wird es jedenfalls nicht. Und es ist ihnen wichtig, dass trotz der gewaltig angewachsenen Mitgliederzahl die Atmosphäre trotzdem so herzlich, freundlich und familiär wie möglich bleibt. „Deshalb hat es uns auch so gefreut, als unser Spendenaufruf auf offene Ohren traf.“

Das Geld wird in den Wiederaufbau des abgebrannten Hauses fließen, erklärt Peter Dincher, der begleitet von seiner Tochter Aline (16) vor der Einöder Sparkasse den Scheck entgegennahm. Untergekommen ist die Familie nach dem Brand im Haus eines Freundes in Blickweiler. „Unlängst waren wir an der Ruine, die Bilder von dem Feuer sind noch so präsent, jetzt nach dem vielen Regen war alles nass, es war ein ganz komisches Gefühl, wieder dort zu sein“, schildern die beiden ihre Eindrücke. Der Schrecken sitzt tief. Der Wiederaufbau soll geschätzt zwei Jahre dauern – bei der derzeitigen Baustoffknappheit unter Umständen noch länger. Handwerksbetriebe wie Schreiner und Dachdecker haben Probleme, genügend Holz zu bekommen, zum Teil werden auch andere Bauteile zum Beispiel für Heizungen knapp.  Auch Malerbetriebe klagen darüber keine Farben zu bekommen – weil die Kunststoffeimer zum Abfüllen fehlen.  Voraussetzung für alle Maßnahmen ist jedoch das grüne Licht der Versicherung, die für den Brandschaden aufkommen soll. „Es war so beeindruckend und bewegend zu erleben, wie viele Leute uns geholfen haben. Oft heißt es ja, die Menschen seien so egoistisch heutzutage. Wir haben Hilfsbereitschaft selbst erlebt, da gibt’s eigentlich keine Worte dafür. Das war Wahnsinn“, sagt Peter Dincher. „Vielen Dank euch allen“, erklärte er gegenüber Rainer Schumacher, stellvertretend für alle Mitglieder der Einkoch-Gruppe, die gespendet haben.

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