"Im Saarland geht es nicht zu wie im Wilden Westen"

Saarbrücken. Rinder, die das ganze Jahr über im Freiland weiden, dürfen seit Kurzem nach behördlicher Genehmigung von ihren Haltern auf der Weide per Kugelschuss getötet werden. Den Halter bleibt dadurch das Einfangen und Abtransportieren der Tiere zu einem Schlachtbetrieb erspart

 Ein Wasserbüffel auf einer saarländischen Weide. Foto: gms

Ein Wasserbüffel auf einer saarländischen Weide. Foto: gms

Saarbrücken. Rinder, die das ganze Jahr über im Freiland weiden, dürfen seit Kurzem nach behördlicher Genehmigung von ihren Haltern auf der Weide per Kugelschuss getötet werden. Den Halter bleibt dadurch das Einfangen und Abtransportieren der Tiere zu einem Schlachtbetrieb erspart. Demnach kann die zuständige Veterinärbehörde laut geänderter Tierischer Lebensmittel-Hygieneverordnung (Tier-LMHV) "für einzelne Huftiere der Gattung Rind, die ganzjährig im Freiland gehalten werden", den Abschuss und Betäubung auf der Weide genehmigen. Voraussetzung: der Tiereigentümer hält sich an etliche Vorgaben (siehe Infokasten). Bislang fehlte dafür die rechtliche Grundlage. Wie das Umweltministerium auf SZ-Anfrage mitteilte, habe der Gesetzgeber hier eine Möglichkeit geschaffen, Ausnahmen vom normalen Schlachtverfahren zuzulassen. Die Vielzahl der strengen Auflagen verdeutliche, dass der Gesetzgeber keineswegs beabsichtigt habe, das Schlachten auf der Weide als regulären Weg festzusetzen. Jeder Einzelfall müsse vor einer Entscheidung streng geprüft werden. Die Verordnung sei wegen des Tierschutzes geändert worden. Bisher habe die zuständige Behörde "keine Genehmigungen zur Betäubung und Tötung von extensiv gehaltenen Rindern auf der Weide mittels Kugelschuss" erteilt, hieß es.

"Lösung im Einzelfall"

Die Landwirtschaftskammer (Lwk) Saar begrüßte das Schlachtverfahren als "eine Lösung in Einzelfällen". Dass bisher keine Rinderhalter hierzulande das Schlachtverfahren praktizierten, führte der Leiter der Lwk-Abteilung Tierproduktion, Robert Zimmer, unter anderem auf die "bürokratischen Hürden" der Verordnung zurück. Zugleich äußerte er Verständnis dafür, dass der Gesetzgeber den Haltern auch enge Grenzen gesetzt habe. "Es darf hier nicht das Bild vermittelt werden, dass es im Saarland wie im Wilden Westen zugeht", betonte Zimmer.

"Es besteht ein Interesse hierzulande", so Zimmer. Vor einigen Jahren, berichtet er, habe ein Landwirt aus dem Landkreis Merzig-Wadern diese Schlachtmethode anwenden wollen, doch zum damaligen Zeitpunkt sei sie noch nicht erlaubt gewesen.

Der Geschäftsführer des Bauernverbandes Saar, Hans Lauer, sieht das Schlachtverfahren als positiv für jene Rinderhalter an, denen es nicht möglich ist, ihre Rinder einzufangen und zum Schlachthof zu transportieren. "Der Abschuss auf der Weide ist für Tiere und Halter stressfreier als das herkömmliche Verfahren", meint Lauer. Auch bringe sich der Halter, so Lauer, selbst nicht in Gefahr, denn er brauche das Tier nicht erst einzufangen, von der Herde zu trennen und für den Abtransport zum Schlachthof zu verladen.

AUF EINEN BLICK

Laut Auskunft der Landwirtschaftskammer Saar gibt es hierzulande etwa fünf Betriebe mit Rindern in ganzjähriger Freilandhaltung, die das Verfahren beantragen könnten.

Rinder schlachten dürfen jene Halter, die nach Paragraf 4 der Tierschutz-Schlachtverordnung entsprechende Sachkunde und eine Wafffenbesitzkarte sowie eventuell einen Waffenschein vorweisen können. Die Schießerlaubnis und die hygienerechtlichen Vorgaben müssen erfüllt werden, damit eine Genehmigung erteilt wird. bera

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