Hochstapler an der Haustür

St. Wendel. · Kaffeefahrten, Enkeltrick oder das Ausspähen von Kontodaten - Betrüger lauern an vielen Ecken. In der Serie "Vorsicht, Abzocke!" stellt die SZ die Tricks vor, mit denen nichts ahnende Bürger abgezockt werden, und erklärt, wie sie sich dagegen wehren können. Teil 4: Haustürtricks.

 Wenn ungebetene Gäste an der Tür stehen, ist Misstrauen durchaus angebracht. Foto: Becker & Bredel/SZ

Wenn ungebetene Gäste an der Tür stehen, ist Misstrauen durchaus angebracht. Foto: Becker & Bredel/SZ

St. Wendel. Nicht nur am Telefon oder im Internet versuchen Gauner, durch Betrügereien Geld zu machen. Auch die alte Masche an der Haustür wird weiterhin gerne genutzt.Das Prinzip ist immer gleich: Entweder versuchen die ungebetenen Besucher, in die Wohnung zu kommen, um dort lange Finger zu machen oder sie verkaufen minderwertige Ware zu überhöhten Preisen. Um ans Ziel zu gelangen, sind die Ganoven sehr kreativ.

Rudi Schmidt, Seniorensicherheitsberater im Kreis, weiß von einem Fall zu berichten, der sich letzte Woche in Marpingen abgespielt hat. Eine ältere Dame sei von einer Frau angerufen worden, die sich als Vertreterin des Deutschen Roten Kreuzes ausgab. Diese sagte, sie wolle Medikamente vorbeibringen. Tatsächlich klingelte es kurz darauf an der Tür der Marpingerin. "Die Dame hat jedoch einen meiner Vorträge besucht und war somit skeptisch. Die Tür hat sie nicht aufgemacht. Leider auch nicht die Polizei oder mich angerufen", gibt Schmidt an. Es sei anzunehmen, dass hier versucht wurde, in die Wohnung der Marpingerin zu gelangen. In anderen Fällen geben sich die Betrüger als Polizisten oder Vertreter der Stadtwerke aus und verlangen Einlass. Der St. Wendeler Kontaktpolizist Karl-Heinz Fischer weist auf Folgendes hin: "Ein Polizist muss seinen Dienstausweis vorzeigen. Auch Mitarbeiter der Stadtwerke verfügen über einen. Und wenn man sich immer noch nicht sicher ist, sollte man bei der Polizei oder den Stadtwerken anrufen und nachfragen."

Ebenso populär ist der Trick mit dem Glas Wasser: An der Tür stehen ein oder zwei Fremde, die um ein Glas Wasser bitten. Werden sie hereingelassen, kommen sie selten mit leeren Händen wieder raus. Der Vorwand, um in das Haus zu kommen, kann auch ein anderer sein: Ein Autounfall, ein dringendes Telefonat oder sie bitten, für den Nachbarn mal eben schnell eine Notiz zu hinterlassen.

Rudi Schmidt hat einige einfache Tipps parat, um sich vor Verbrechern zu schützen: "Die erste Frage, die sich jeder stellen sollte, ist: Warum klingelt der gerade bei mir, nicht beim Nachbarn? Auch sollte man keine Fremden in die Wohnung lassen. Ein Glas Wasser kann man durch das Fenster oder die Tür reichen, eine Notiz kann man sich diktieren lassen."

Ein weiteres Beispiel ist der sogenannte Teppichtrick. An der Haustür wird ein angeblich edler Teppich angeboten. Oder der Betrüger wolle sich Geld leihen und lasse einen Teppich als Pfand da. Dass es sich nicht um einen wertvollen Perser, sondern eher um eine minderwertige Vorlage handelt, merken die Geprellten erst, wenn es zu spät ist. Rudi Schmidt erinnert sich an einen Fall aus dem Landkreis: "Da ist der Betrogene sogar mit dem Gauner zur Bank gefahren, um das Geld für den Teppich abzuheben." Die Gauner können auch mit anderen Waren vor der Tür stehen - der Einfallsreichtum der Kriminellen kennt keine Grenzen.

Warum Trickbetrüger an der Haustür so oft Erfolg haben, ist nach Einschätzung des Polizeioberkommissars Fischer auf eine einfache Tatsache zurückzuführen: "Die Leute denken, sie könnten ein Schnäppchen machen." Viele Menschen seien neugierig, was der Fremde anzubieten habe. Die Geldgier treibe die Opfer geradewegs in die Arme der Betrüger.

Nicht nur vor der eigenen Haustür, auch auf der Straße sollte der gesunde Menschenverstand eingeschaltet werden, wenn einem etwas angeboten wird. Fischer erinnert sich an einen Betrug, der in St. Wendel stattgefunden hat: "Einem 80-Jährigen wurden zwei Lederjacken verkauft - Stückpreis 800 Euro. Er hat dem Fremdem geglaubt, dass er ein gutes Geschäft macht." Der ältere Bürger schenkte eine Jacke seinem Sohn. Erst dieser bemerkte den Schwindel. Es handelte sich um eine billige Kunstlederjacke.

Skepsis und Vorsicht - damit lassen sich viele Gaunereien verhindern. Denn aussterben werden die Halunken nicht, solange sich ein Opfer findet. Schon der römische Historiker Cassius Dio Cocceianus (etwa 155 bis 229) wusste über Kriminalität zu berichten: "Es gab ja keine Zeit, in der solche Dinge nicht geschahen, und es dürfte damit wohl auch nicht aufhören, solange die menschliche Natur dieselbe ist."

saarbruecker-zeitung.de

/sicherheit-wnd

Auf einen Blick

Wer Opfer von Betrügern geworden ist, sollte diesen Betrug unbedingt anzeigen, rät die Polizei. Auch der Betrugsversuch oder andere Aktivitäten, die auf betrügerische Abzocke hinweisen, sollten gemeldet werden. Polizeiinspektion St. Wendel: Mommstraße 37-37, Tel. (0 68 51) 89 80. Auch die Seniorensicherheitsberater im Landkreis dienen als Ansprechpartner. Jeden ersten Mittwoch im Monat ist Sprechstunde (auch telefonisch), die nächste findet morgen von 14 bis 16 Uhr statt. Kontakt: Seniorenbüro St. Wendel, Mommstraße 21-31, Tel. (0 68 51) 8 01 52 01, E-Mail seniorenbuero@lkwnd.de. Zudem veranstalten die Seniorensicherheitsberater vier Mal im Jahr einen Stammtisch im Hospital. Kostenpflichtige Beratungen führt auch die Verbraucherzentrale Saar durch, Tel. (06 81) 50 08 90. lk

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