Der bewegte Augen-Blick der Kunst

Wadgassen/Völklingen/Püttlingen. Seit am Freitag die Sonderausstellung "Missverständnisse - Stolpersteine der Kommunikation" im Deutschen Zeitungsmuseum in Wadgassen eröffnet wurde, schauen nebenan, in der ständigen Ausstellung, die Augen von Olaf Reecks Riesen-Zeitung den Besuchern entgegen

Wadgassen/Völklingen/Püttlingen. Seit am Freitag die Sonderausstellung "Missverständnisse - Stolpersteine der Kommunikation" im Deutschen Zeitungsmuseum in Wadgassen eröffnet wurde, schauen nebenan, in der ständigen Ausstellung, die Augen von Olaf Reecks Riesen-Zeitung den Besuchern entgegen. Die Zeitungsinstallation des Künstlers, der lange in Völklingen lebte und heute in Püttlingen zu Hause ist, hat eine lange Vorgeschichte. Der Grafikdesigner Olaf Reeck hat die Plastik schon vor gut 30 Jahren in seinem Atelier ersonnen, damals noch in Völklingen-Wehrden. Um eine Auftragsarbeit im Rahmen von "Kunst am Bau" handelte es sich; die Installation war ursprünglich für ein Saarlouiser Gymnasium gedacht. Gut Ding will bekanntlich Weile haben: Die Realisierung der Idee "Das Kunstwerk schaut den Betrachter an" nahm sechs Jahre in Anspruch. "Dann war sie so perfekt, wie ich es mir vorgestellt hatte", sagt Olaf Reeck. Das Besondere daran: Die mechanischen Augen verfolgen den Betrachter (derzeit haben die Auge allerdings noch Pause, die Elektronik kann erst nach dem 18. Januar eingestellt werden). Rund 20 000 Euro, etwa 7500 davon aus eigener Tasche, flossen in das Kunstwerk, dazu viele, viele Stunden Arbeit. Kleber aus der Flugzeugindustrie, Dentalgips, Perlmuttfasern, Magnete und etliche andere, teils sehr spezielle Sachen stecken in dem guten Stück. "Da ist nicht alles glatt gelaufen", schildert Reeck. Und dann erzählt er, wie er große Firmen für sein Projekt einspannte ("Immer oben beim Chef versuchen, dann klappt es wie geschmiert!") und die Sache Stück um Stück realisierte. So stellte man ihm unter anderem eine Säge mit oszillierendem Sägeblatt zur Verfügung (das Sägeblatt schwingt in kurzen, schnellen Bewegungen und greift, etwa bei chirurgischen Sägen, nur hartes Material an). Und in der Anfertigung der Nasenspitze des Zeitungskopfes steckt gar ein Betriebsgeheimnis. Die eigentliche Zeitung ist aus Aluminium mit weißem Speziallack. Das Gesicht formte Reeck nach dem Vorbild seiner Frau Marlene.Was in Wehrden begonnen wurde, wurde von 1985 bis 1988 in Reecks Atelier am Luxemburger Ring in Saarlouis fortgesetzt und schließlich in Völklingen in seinen Arbeitsräumen in der ehemaligen Realschule vollendet. Dann zog das Kunstwerk mit nach Püttlingen um und besetzte dort das halbe Atelier. Zwischendurch wollte es auch mal ein Verleger aus New York erwerben. Der dann jedoch, wie Reeck erzählt, vor Abwicklung des Geschäfts verstarb. Ehe das Kunstwerk nun seinen endgültigen Standort im Deutschen Zeitungsmuseum einnehmen konnte, war es im Museum in St. Ingbert zwischengelagert. Im Prinzip funktioniert die Installation so: Die Zeitung der Zukunft ist von vier Mikrofonen umgeben. Diese nehmen den Schall auf. Der Schall wird elektronisch umgewandelt und gibt einen Impuls zur Bewegung der Augen. Ein Fachmann aus Geislautern brachte die dahinter stehende Technik im Laufe der Jahre auf den neuesten Stand. Als Zeitungsinhalt wählte der Kunstredakteur Blindtexte mit futuristischen Überschriften. So gibt es etwa die Rubrik "Laserbrief" oder auch Sterbeankündigungen, unter anderem von einem gewissen Herrn Ernst Heiter. Das Kunstwerk ist offiziell "o. T.", also ohne Namen. So bleibt jedem freigestellt, wie er die Verfolger-Augen deutet. Das Museum ist dienstags bis sonntags von zehn bis 16 Uhr geöffnet.

Zur PersonOlaf Reeck wurde 1938 in Berlin geboren. Er wuchs in Barth an der Ostsee auf. Von 1956 bis 1965 arbeitete er als Plakatmaler und schuf fassadengroße Bilder mit handgemalten Porträts. Das folgende Studium an der Saarbrücker Schule für Kunst und Handwerk schloss er mit Auszeichnung ab. Von 1972 bis 1985 hatte Reeck einen Lehrauftrag für Zeichnen an der Fachhochschule Saarbrücken im Fachbereich Design. Seit 2005 unterrichtet er an der Werkstatt für kreatives Gestalten in Püttlingen. hof Auf einen BlickDie Ausstellung "Missverständnisse - Stolpersteine der Kommunikation" widmet sich den Ursachen, Formen und Folgen missverständlicher Kommunikation. Präsentiert werden interessante und skurrile Beispiele. Die Ausstellungskonzeption stammt vom Museum für Kommunikation in Berlin, dessen Direktorin Liselotte Kugler führt in die Ausstellung ein. Die Ausstellung ist seit Freitag, 15. Januar, im Deutschen Zeitungsmuseum in Wadgassen zu sehen. Die Elektronik im "Zeitungskopf" von Olaf Reeck, die für die beweglichen Augen sorgt, kann voraussichtlich frühestens am 19. Januar in Betrieb gehen. hof

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