Städtepartnerschaft Zweibrücken-Barrie Ernstweiler bleibt immer ein Stück Heimat

Zweibrücken/Ernstweiler · Jean-Maurice Pigeon, einer der Väter der Städtepartnerschaft mit Barrie, hat eine besondere Beziehung zur Orgel in der Christuskirche.

 Der in Ernstweiler geborene Jean-Maurice Pigeon, Begründer der Städtepartnerschaft zwischen Zweibrücken und Barrie, und seine Geschwister spenden regelmäßig für die Restaurierung der Orgel in der Christuskirche.

Der in Ernstweiler geborene Jean-Maurice Pigeon, Begründer der Städtepartnerschaft zwischen Zweibrücken und Barrie, und seine Geschwister spenden regelmäßig für die Restaurierung der Orgel in der Christuskirche.

Foto: Cordula von Waldow

Im Grunde seines Herzens ist Jean-Maurice Pigeon ein Ernstweiler. Im Gespräch zwischen Deutsch, Englisch und Französisch wechselnd, benutzt er auch immer wieder einmal Redewendungen in schönster Ernstweiler Mundart. 1957 zog der 1955 geborene Sohn des Kanadischen Fallschirmjägers Marcel Pigeon und seiner Zweibrücker Ehefrau Sieglinde, geborene Brandenburger, mit seinen Eltern nach Kanada. Der Franko-Kanadier hatte, wie viele seiner Kameraden auch, als Besatzungsoffizier sein Ernstweiler Mäde kennen und lieben gelernt und seine kleine Familie mitgenommen in seine Heimat.

Für den kleinen Jungen gab es nur Mutter und Vater, er wusste am Anfang nicht, dass er nach dem Pass und mittlerweile seit fast 70 Jahren Lebenszeit in Montreal in Québec ein Kanadier ist. Denn die Ernstweiler Wurzeln des 67-jährigen geschichts- und kulturinteressierten, ehemaligen Fallschirmjägers und seiner fünf Geschwister gründen tief. Er weiß: „Mein Vater, der aus Toronto stammt, hat sich hier in dem ländlichen Zweibrücken immer sehr wohl gefühlt.“

1977 kam er mit seinem Vater zum ersten Mal in seinen Geburtsort zurück und besucht seitdem regelmäßig-unregelmäßig die weit verzweigte Verwandtschaft. Er erinnert sich genau an „Tante Gretl“, unverheiratete Schwester seiner mütterlichen Großmutter, oder Oma Margarete selbst, oder … oder … oder. Den Stammbaum der Familie konnte er bei seinen Recherchen nachverfolgen bis ins 17. Jahrhundert. Die Spur führte ins saarländische Reinheim, doch der Hauptsitz sei Ernstweiler.

Wenngleich katholisch getauft in der heutigen Baptistenkirche am Flughafen, schlägt sein Herz für die evangelische Christuskirche in Ernstweiler. Hier wurden seine Ahnen getauft, konfirmiert, getraut und beerdigt. Jean-Maurice Pigeon sagt: „Die Gräber verschwinden nach und nach, die Kirche bleibt.“ Auf der Tafel der Gefallenen beider Weltkriege entdeckt er eine Vielzahl engerer oder weiter entfernter Verwandter. Hier sitzt er bei seinen Besuchen bei seiner Herkunftsfamilie in denselben Kirchenbänken wie seine Großeltern, Tanten und weiteren Verwandten und hört die Klänge derselben Orgel, die 1959 neu eingebaut wurde.

„Die Kirche verbindet mich mit meinen Wurzeln und mit meinen Ahnen“, sinniert er. Mit Pfarrer Reinhard Scheller erlebt er bereits seinen fünften Geistlichen dort. Und ist sehr dankbar, dass dieser den Erhalt des Gotteshauses und dessen Sanierung so energisch vorantreibt. Wenngleich die Pläne für den neuen Innenausbau bereits seit fünf Jahren auf ihre Realisierung warten, weil der Gemeinde zwischendurch das Geld ausging. Der Ur-Ernstweiler lobt: „Die Kirche sieht jetzt sehr schön aus mit dem neuen Dach.“

Und auch die Sanierungspläne für das Ensemble Christuskirche und Gemeindehaus finden seinen Beifall. Deshalb ist es Jean-Maurice Pigeon und seinen fünf Geschwistern ein Anliegen, dieses Bauvorhaben auch finanziell zu unterstützen. Denn in Kanada sei es ähnlich: Die Sonntagskollekte bezahle im Winter kaum einen Bruchteil der Heizkosten, die für diesen einen Tag anfallen. Er erklärt: „Wenn wir hier lebten, würden wir nicht nur Kirchensteuer entrichten, sondern auch jede Woche unseren Obulus in die Kollekte geben. Die Friedhofspflege wäre uns lieb und teuer.“

Stattdessen hat sich das Geschwister-Quintett entschlossen, einmal im Jahr eine größere Summe zu spenden und zwar zweckgebunden für die Sanierung der von Schimmel befallenen Oberlinger-Orgel. „Wir sind sehr dankbar, dass wir dazu in der Lage sind und uns einig, dass wir auf diese Weise unsere Ahnen ehren und diesen Ort der Verbindung erhalten helfen wollen“, sagt er warmherzig. Zumal auch das nächste und übernächste Jahr Jubelkonfirmationen aus der Familie anstünden.

Dies ist nicht der erste Dienst, den die Familie Pigeon für die Verbindung von Zweibrücken und Kanada leistet. Vor 25 Jahren, 1997, sprach seine Mutter bei dem damaligen Kulturamtsleiter Fritz Presl vor, um nach der Städtepartnerschaft mit Boulogne-sur-Mer in Frankreich und Ontario in den USA eine weitere mit Barrie in Kanada vorzuschlagen. Zeitgleich sprach Jean-Maurice Pigeon in Barrie mit Oberbürgermeisterin Janice Laking. „Zweibrücken ist die einzige Vier-Garnisonen-Stadt in Westdeutschland“, erinnert der ehemalige Fallschirmjäger an die besondere Verbindung.

Am 7. Mai 1997 wurde der Vertrag von dem damaligen Oberbürgermeister Hans-Otto Streuber unterzeichnet und an diesem Jahrestag Anfang Mai das Vierteljahrhundert in Zweibrücken entsprechend offiziell gefeiert. Während die Kanadische Delegation nach einer Vielzahl an Terminen, unter anderem der offiziellen Einweihung des restaurierten Totempfahls im Rosengarten, bereits zurückgekehrt ist, genießt der Ur-Ernstweiler, der in dieser Zeit bei seiner Cousine Christiane Hähn wohnt, Begegnungen mit Verwandten und mittlerweile einer Vielzahl an lieb gewordenen Bekannten in der ehemaligen Herzogstadt. Oft zeigte er kanadischen Reisegruppen neben Ernstweiler und Zweibrücken auch seine Lieblingsorte im Krummen Elsass, dem Bitscher Land oder Lothringen. Nach den Reiseverboten in der Corona-Zeit freut er sich besonders, jetzt wieder regelmäßig kommen zu können und die Baufortschritte in der Kirche mit zu verfolgen. 

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