Warum Gefängnis-Vertreter nicht zum Zweibrücker Maiempfang eingeladen wurden Geschlossene Gesellschaft?

Zweibrücken · Außer in der Reichling-Zeit wurden Arbeitnehmervertreter der JVA nie zum Zweibrücker 1.-Mai-Empfang eingeladen – weil sie in einer anderen Gewerkschaft als dem DGB organisiert sind. Auf Merkur-Anfrage versteht die Stadt den Unmut – und reagiert.

 Oberbürgermeister Marold Wosnitza hat in seiner Maiempfangs-Rede im Herzogssaal die Rolle der Gewerkschaften als „zentraler Bestandteil unserer Gesellschaft“ gewürdigt, auch für eine gute wirtschaftliche Entwicklung.

Oberbürgermeister Marold Wosnitza hat in seiner Maiempfangs-Rede im Herzogssaal die Rolle der Gewerkschaften als „zentraler Bestandteil unserer Gesellschaft“ gewürdigt, auch für eine gute wirtschaftliche Entwicklung.

Foto: Lutz Fröhlich

Es hat gute Tradition in Zweibrücken: Stadt und DGB laden gemeinsam Arbeitnehmervertreter zum „Maiempfang“ ein, um anlässlich des Tags der Arbeit ins Gespräch zu kommen und auf Anliegen von Beschäftigten aufmerksam zu machen. Doch nach dem diesjährigen Maiempfang gab es Ärger – weil dabei auch eine schlechte Tradition fortgeführt worden sei.

„Und wieder einmal wurde der Personalrat der JVA vergessen. Aber das hat ja Tradition in Zweibrücken!“, kommentierte Axel Schaumburger verärgert auf Facebook, nachdem er dort den ausführlichen Merkur-Bericht über den Empfang im Herzogssaal gelesen hatte.

Daraufhin entbrannte eine Diskussion zwischen zwei bis zu ihrem Ruhestand jahrzehntelang in Gewerkschaften und Personalräten aktiven Zweibrückern – die deutlich macht, wo der Hase im Pfeffer liegt: Nicht von DGB-Gewerkschaften geführte Betriebs- und Personalräte haben deutliche schlechtere Chancen, zu dem doch eigentlich so „gemeinsamen“ Empfang eingeladen zu werden.

Schaumburger selbst ist beim Bund der Strafvollzugsbediensteten Deutschlands (BSBD), der zum Deutschen Beamtenbund (dbb) gehört – Herbert Kallenbrunnen, bei der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, die dem Deutschen Gewerkschafts-Bund (DGB) angehört. Kallenbrunnen schreibt: „Gewerkschafter werden von ihrem Dachverband eingeladen, dem DGB.“ Schaumburger entgegnet entgeistert: „Ihnen ist schon bekannt, dass es im dbb über eine Million organisierte Gewerkschafter gibt?“

In der von der Stadt an den Merkur versandten Einladung hieß es: „Wir würden uns freuen, viele Zweibrücker Kolleginnen und Kollegen aus Betriebs- und Personalräten und der Politik begrüßen zu dürfen.“ Verweisend darauf fragt in der Facebook-Diskussion Merkur-Reporter Lutz Fröhlich Schaumburger und Kallenbrunnen: „Dann müssten Betriebs- und Personalräte doch eigentlich unabhängig davon eingeladen werden, ob und welcher Gewerkschaft sie angehören?

Kallenbrunnen antwortet: „Woher sollte der Oberbürgermeister wissen, wer wo Betriebsrat ist, wenn er keine Meldung bekommt. Woher soll der DGB wissen, wer Betriebsrat ist, wenn er nicht beim DGB von seinen Mitgliedsgewerkschaften gemeldet wurde? Übrigens hat der DGB eingeladen. Ich kann mich auch nicht beschweren, wenn ich nicht vom Pferdezüchterverband eingeladen werde, wenn ich Karnickel züchte.“

Axel Schaumburger schreibt, nicht erst seit der Amtszeit von Oberbürgermeister Marold Wosnitza (SPD) seien „die dem die dem dbb-Dachverband angehörigen Gewerkschaften/Personalräte nicht eingeladen“ worden. Einzig und allein der OB Helmut Reichling habe „mit dieser, sehr fragwürdigen, Vorgehensweise gebrochen“. Schaumburger lobt, Reichling habe „immer gewürdigt, dass die JVA, als damals drittgrößter Arbeitgeber in Zweibrücken, auf jeden Fall bei einschlägigen städtischen Veranstaltungen dazugehört. Offensichtlich eine ideologiefreie Sichtweise!“

 Obwohl selbst Verdi-Mitglied, hatte der vorletzte OB Helmut Reichling auch Nicht-DGB‘ler zum Maiempfang (Bild: 2011) eingeladen.

Obwohl selbst Verdi-Mitglied, hatte der vorletzte OB Helmut Reichling auch Nicht-DGB‘ler zum Maiempfang (Bild: 2011) eingeladen.

Foto: Svenja Hofer

Reichling war (trotz CDU-Parteibuch) als parteiunabhäniger OB gewählt worden – und selbst Verdi- und damit DGB-Mitglied (wir berichteten).

In einer Nachricht an den Merkur ergänzt Schaumburger: „Kein Problem mit erheblicher Tragweite, aber ein Zeichen der Wertschätzung für alle Personalvertreter und Gewerkschafter wäre eine neutrale Veranstaltung mit entsprechenden Berücksichtigungen schon.“

Warum hat die Stadt den Personalrat einer so großen und deshalb eigentlich unübersehbaren Einrichtung wie der JVA nicht eingeladen? Warum wurde das bei Reichling anders gehandhabt, nicht aber den beiden Oberbürgermeistern danach? Und plant die Stadt, diese Praxis beim nächsten Maiempfang zu ändern?

Auf diese Merkur-Anfragen antwortet Stadtsprecher Jens John: „Wir verstehen den Unmut, der durch offenbar nicht zugestellte Einladungen entstanden ist. Natürlich kann es nicht das Ziel sein, dass bestimmte Betriebs- oder Personalräte nicht eingeladen werden. Jedoch kann der DGB auch nur Betriebs- und Personalräte einladen, von denen Kontaktinformationen vorliegen. Die Stadtverwaltung eruiert gerade Möglichkeiten dieses Spannungsfeld abzubauen, um im nächsten Jahr alle Betriebs- und Personalräte, die teilnehmen wollen, auch einladen zu können.“

John erläutert das bisherige Einladungs-Prozedere: „Es handelt sich beim Empfang zum 1. Mai um eine gemeinsame Veranstaltung der Stadt Zweibrücken und des DGB. Beide haben explizite Aufgaben, was den Einladungskreis angeht. Der Deutsche Gewerkschaftsbund bestimmt den Einladungskreis für Betriebs- und Personalräte und lädt die im DGB als Dachverband organisierten Betriebs- und Personalräte ein. In anderen Dachverbänden (zum Beispiel dbb oder CGM) organisierte Betriebs- oder Personalräte können aufgrund fehlender Daten zunächst nicht eingeladen werden. Die Stadt Zweibrücken – genauer das Hauptamt – lädt Mitglieder des Zweibrücker Stadtrats ein. Selbst der Personalrat der Stadtverwaltung selbst wird nicht durch uns, sondern durch den DGB eingeladen.“

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