Zweibrücken Gericht spricht renitente Pfeffersprayerin frei

Zweibrücken · (ru) Am Ende ging alles noch einmal gut aus: Eine 42-Jährige ist am Freitag vom Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung und des Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte freigesprochen worden – und zwar wegen Schuldunfähigkeit, wie die Erste Strafkammer des Landgerichts Zweibrücken urteilte.

Zweibrücken: Gericht spricht renitente Pfeffersprayerin frei
Foto: dpa/Daniel Karmann

Auch eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus, die zu Beginn des Verfahrens im Raume stand, komme nicht infrage, wie die Vorsitzende Richterin Susanne Thomas in ihrer Urteilsbegründung klarstellte. Es handele sich um „keine erheblichen Straftaten – eine Unterbringung würde hier als unverhältnismäßig erscheinen“.

Zuvor hatte Gutachter Dr. Sergiy Davydenko von der Mainzer Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der 42-Jährigen eine schizoaffektive Störung attestiert. Dabei handelt es sich um eine seelische Erkrankung, bei der gleichzeitig oder abwechselnd Symptome einer Schizophrenie, einer Depression und/oder einer krankhaften Hochstimmung (Manie) auftreten. Zwar seien „formal“ die Voraussetzungen für eine Unterbringung in der Psychiatrie gegeben, jedoch stelle die 42-Jährige „keine Gefahr für die Allgemeinheit“ mehr dar. Das liege vor allem daran, dass sie jetzt medikamentös „gut eingestellt“ sei.

Dieser Einschätzung schlossen sich sowohl Staatsanwalt Patrick Langendörfer als auch der Verteidiger der 42-Jährigen, der Pirmasenser Rechtsanwalt Rainer Fuchs, in ihren Plädoyers an. Langendörfer sagte, auch die acht Vorstrafen der 42-Jährigen seien „nicht als schwerwiegend zu bewerten“. Allerdings handele es sich bei diesen Taten ebenfalls um Beleidigungen, Körperverletzungen und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte - meist begangen im alkoholisierten Zustand, wie in den beiden jetzt verhandelten Fällen.

Die Frau hatte am 10. Juni 2018 einem jungen Mann in einer Wohnung in der Zweibrücker Virginiastraße während einer Streitigkeit Pfefferspray ins Gesicht gesprüht. Dort hatte sie zu diesem Zeitpunkt gemeinsam mit dessen Freundin in einer Wohngemeinschaft gelebt. Und sie hatte am 5. November 2018 in einem Biergarten an der Zweibrücker Schließ mehrere Polizeibeamte beschimpft und bespuckt, als die sie festnehmen wollten. Gleich zwei Streifenwagenbesatzungen waren damals nötig, um der Situation Herr zu werden. Vorausgegangen war ein Streit mit einem Contwiger, der in dem Freiluftausschank gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin eigentlich nur in aller Ruhe ein, zwei Bierchen trinken wollte. Doch die Ruhe wurde jäh gestört, als die Frau „aus dem Nichts heraus“ anfing, das Paar wüst zu beleidigen. „Sie hat Worte in den Mund genommen, die will ich hier beim besten Willen nicht wiederholen“, wie der 52-Jährige vor der Strafkammer ausgesagt hatte.

Das Strafverfahren war mit einem Sicherungsverfahren, das die Unterbringung in der Psychiatrie nach sich ziehen könnte, verknüpft worden, weil die Frau unter einer seelischen Erkrankung leidet.

Die 42-Jährige konnte oder wollte sich an die beiden Vorfälle zwar nicht mehr vollständig erinnern, stritt das Geschehene aber auch nicht ab. Mehr noch: Sie entschuldigte sich während der Verhandlung bei jedem ihrer mutmaßlichen Opfer noch im Gerichtssaal persönlich. In ihrem Schlusswort sagte sie am Freitag nach ihrem Freispruch überglücklich: „Ich fühle mich familiär gut aufgehoben und verstehe mich wieder gut mit meiner Mutter (Anm.: auch sie hatte die 42-Jährige vor Jahren unter Alkoholeinfluss angegriffen) und meinem Lebensgefährten“, mit dem sie einen gemeinsamen, inzwischen eineinhalbjährigen Sohn großzieht.

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