Zweibrücker Künstlerin Australischer Kunstpreis für Margarete Palz

Zweibrücken · In ihrem Atelier in der Innenstadt vergisst die 84-Jährige Zeit und Raum.

 Margarete Palz demonstriert, woraus und wie sie ihre Kunstwerke erschafft.

Margarete Palz demonstriert, woraus und wie sie ihre Kunstwerke erschafft.

Foto: Cordula von Waldow

Die Zweibrücker Künstlerin Margarete Palz ist an internationale Erfolge gewöhnt. Dass sie nicht nur den Wettbewerb am Institut für „Wearable Art“ (Kunst, am Körper zu tragen) in Mandurah, dem Küstenort von Perth an der Westküste, sondern damit gleich den Preis in Australien gewinnen würde, kam dann doch unerwartet. „Revolutionäre Kunst am Körper“ lautet der Untertitel des Wettbewerbs. „Ich habe bereits mit gar nichts mehr gerechnet“, berichtet sie von dem großen Erstaunen und dann der doppelten Freude, denn nach ihren zahlreichen Preisen etwa in Neuseeland ist Australien Neuland für die 84-Jährige.

Sie erzählt von der Odyssee ihres tragbaren Kunstwerks „Oscillating Curves“ – schwingende, vibrierende Kurven. Statt es, wie sonst, persönlich zu überbringen, hatte es die reisefreudige Künstlerin mit Blick auf die Corona-Lage diesmal lieber verschickt. „Das war am 12. Juli“, rechnet sie zurück. Nachdem es selbst Anfang August noch im Nirvana verschollen war, wollte sie bereits die Hoffnung aufgeben. Erst Ende August und gerade noch rechtzeitig zum ersten Tag der Jurierung, hatte der Zoll in Sydney die kunstvolle Körperhülle frei gegeben.

Wieder wartete sie gemeinsam mit Sohn Helmut, der den Wettbewerb Anfang 2021 im Internet für sie entdeckt hatte, auf ein Ergebnis. „Angesichts des Eiffelturms mit meinen Enkeln kam die Nachricht, dass ich im Finale bin“, feierte sie den ersten Teilerfolg. Die einzige Deutsche Teilnehmerin war sehr beeindruckt von den Kreationen ihrer Mitwettbewerber und so wuchs die Spannung. Dann, Montag, 8. November in aller Herrgottsfrüh (in Deutschland) statt, wie erwartet, am Sonntag, kam per E-Mail die beglückende Nachricht: „1. Preis und Künstlerin des Jahres 2021 – verliehen von Stadt Mandurah.“ Dabei habe „Oscillating Curves“ die Jury in allen Kriterien überzeugt.

Bis das Kunstwerk wieder in Zweibrücken anlangt, werden Wochen vergehen. Doch an Hand des übrig gebliebenen Materials erklärt Margarete Palz dem Pfälzischen Merkur, wie ihre Körperhüllen entstehen. Den Begriff „Kostüm“ mag sie nicht leiden. Sie erklärt: „Das macht es so gegenständlich. Es ist aber abstrakte Kunst, die Assoziationen ermöglicht.“

Am Anfang steht – außer bei zweckgebundenen Arbeiten, wie etwa dem „Mantel der Geschichte“ im Zweibrücker Stadtmuseum – die Inspiration, das neugierig Spielerische, das sie sich bis zum heutigen Tag bewahrt hat. Als Rohmaterial verwendet die langjährige Kunsterzieherin am Hofenfelsgymnasium Bildmaterial ihres Bruders Gerhard Heisler, frei schaffender Profi-Fotograf in Saarbrücken. Im Fall der „Oscillation Curves“ wählte sie Fotos von der Berliner Reichstagskuppel, die ja bereits diese Wellenform mit sich bringt. Von Hand schneidet sie die Fotografien in Streifen unterschiedlicher Breite. Um gleich eine dynamische Wirkung zu erzielen, werden die Streifen nicht etwa gerade zerteilt, sondern abwechselnd oben und unten etwas breiter beziehungsweise schmäler.

Die Schwingung ihrer Gedanken ist etwas, das sie aus ihren Ideen in ihre Werke einfließen lässt. Sie steppt die Fotostreifen auf hochwertige, federleichte und hauchdünne Theaterstoffe. Für die Reichstagskuppel hat sie das Graublau der Fotos übernommen. Bei ihrem Sieger-Kunstwerk 2016 in Neuseeland, griff sie bei dunkelblauem Fotomaterial zu einem kontrastierenden Untergrund aus leuchtendem Türkis und Orange. Margarete Palz lacht: „Jedes Werk hat seine eigene Geschichte.“

Denn sie entwirft keine Entwurfszeichnung. „Ich fange einfach an und schaue, was sich entwickelt“, erklärt sie und zeigt, wie sie die Stoffstücke fältelt, in Wellen legt, rüscht oder auch an den schräg gegenüberliegenden Ecke auseinander zieht und spannt. Um die Flexibilität, Beweglichkeit und Leichtigkeit zu erzielen, lässt sie zwischen den Fotostreifen überall kleine Zwischenräume, durch die der transparente Untergrund schimmert. Manche ihrer Kunstwerke erhalten durch mehrere Stoffschichten in unterschiedlichen Farben raffinierte Leucht-Effekte.

Als das wellige „Oscilating Curves“ fertig war und Margarete Palz es kontrollierte, war sie noch nicht zufrieden. „Viel zu statisch“, befand sie und ersann als Lösung eine „Marionette“. Doch nicht an profanen Schnüren, sondern an durch die Finger laufenden Fotostreifen können die Models bei der Vorstellung ihre Reichstagshülle zum Schwingen und Vibrieren bringen. Die Spielfreude dabei höre ja nicht auf. Margarete Palz sagt: „Sie ist das Lebenselexier“, und das hält sie jung. In ihrem Atelier in der Innenstadt vergisst sie Zeit und Raum und drum herum alles: „Das ist mein Paradiesgarten, mein Reich der Phantasie.“ Ihr kreatives Wirken, insbesondere dieses Projekt, habe sie durch die Coronazeit getragen.

Doch nach dem Erfolg ist vor dem Erfolg, diesmal in der Region. Aktuell plant Margarete Palz für eine Ausstellung in der großen Matthäuskirche in Neukirchen zusammen mit Fotos ihres Bruders Gerhard Heisler. Sie hofft sehr, dass es bei dem „grünen Licht“ dafür bleibt. „Ich lebe von Überraschungen positiver Art“, philosophiert Margarete Palz. Dazu gehört auch die Einladung auf das „Rote Sofa“ in der SWR-Landesschau in Mainz, die am Freitag, 26. November, ausgestrahlt wird.

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