Zweibrücker klauen Urne in Celle

Zweibrücken/Celle · In einem kuriosen Betrugsfall ermittelt die Celler Polizei gegen drei Zweibrücker: Die Tatverdächtigen sollen bei einem dortigen Bestattungsunternehmen die Urne mit den Überresten eines ihrer Angehörigen einkassiert haben und geflüchtet sein, ohne zu zahlen.

Zweibrücker Angehörige, die beim Bestatter die Urne mit einem verstorbenen Angehörigen klauen; Tätowierte, die einschüchtern sollen und Täter, die erst mit den Beweisen flüchten und später ihre Tat per SMS einräumen - was sich am gestrigen Freitag im niedersächsischen Celle abgespielt haben soll, klingt abgefahrener als mancher Krimi. Geschädigter ist nach eigenen Angaben Gunnar Grau, der Geschäftsführer des Bestattungsunternehmen GDS Gesellschaft für Dienstleistungen und Soziales mbH in Celle.

Was sich vormittags um 10.45 Uhr in seinen Räumen zugetragen habe, hat er dem Merkur geschildert. Die Vorgeschichte begann demnach schon im Dezember. Nachdem ihr Mann gestorben war, hatte eine Zweibrückerin bei Graus Firma die Modalitäten für dessen letzte Ruhe geklärt: seine Einäscherung in Deutschland und das Recht auf einen Friedhofsplatz in der Schweiz. Die Urne dürfen die Hinterbliebenen in einem solchen Fall mit nach Hause nehmen, bis der Friedhofsplatz tatsächlich frei ist und die Beisetzung möglich. Grau: "Wir haben von der Schufa Auskunft über die Zahlungsfähigkeit des Kunden eingeholt - und die war haarsträubend." Daher habe man die Zweibrückerin informiert, dass sie nicht wie sonst üblich im Nachhinein bezahlen dürfe, sondern dies schon im Voraus müsse, um die Urne und Unterlagen zu bekommen. Die Frau habe aber bar bezahlen wollen. "Das habe ich seit gut acht Jahren nicht gemacht, dachte mir aber: Warum eigentlich nicht?". Und dann stand die Zweibrückerin am Freitag um kurz vor 10.45 Uhr in Graus Firma. Der Bestatter: "Das war merkwürdig. Erst um zehn Uhr war die Urne geliefert worden. Als ich die Kundin danach anrief, war sie schon so gut wie da - obwohl ich ihr Tage zuvor gesagt hatte, dass die Urne nur mit Glück schon am Freitag ankäme." Dann ging es schnell. Die Frau habe ein Fensterbriefkuvert gezückt, durch das man einen 500-Euro-Schein erkannt habe. 200 Euro fehlten, habe sie eingeräumt und auf ihren Begleiter verwiesen, der die ausstehende Summe im Auto holen gehen wolle. Der Bestatter könne solange schon die Quittung ausfüllen. Der Mann habe mit der Urne den Laden verlassen und kurz darauf ein "tätowierter Typ Türsteher mit Bomberjacke" den Laden betreten - ein "typischer Schläger", wie Graus beschreibt. Die Kundin habe ihm das Geld aus der Hand genommen und gesagt "Das kriegen Sie nicht!", sich auch die Quittung gegriffen, während der Türsteher-Typ einen drohenden Schritt auf ihn zugemacht habe. Als Grau seiner Kollegin im Hinterzimmer zugerufen habe, sie solle die Polizei verständigen, seien die beiden geflüchtet. "Ich wollte das Auto fotografieren, weil ich unsicher war, ob das jetzt überhaupt die Kundin war oder eine Bekannte. Aber die beiden hatten weiter entfernt geparkt. Aus der Ausfahrt ist jemand rausgeschossen, ich konnte mit meinem Handy das Nummernschild nicht knipsen, es ging zu schnell", so Grau. Die Celler Polizei, die seine Schilderungen auf Merkur-Anfrage bestätigte, sei kurz später eingetroffen. "Sie ermittelt nur wegen Betrug und Diebstahl", zeigte sich Grau überrascht und führt an: "Für einen Raub hätte der Typ mir eine reinhauen müssen. Sich aufbäumen und drohen reicht nicht." Beinahe wäre er der Dumme gewesen, denn alle Beweise hätten die Täter mitgenommen, die installierte Überwachungskamera noch nicht aufgezeichnet. Grau: "Wir haben die Geschäftsräume erst zum 2. Januar bezogen, da ist noch nicht alles installiert." Damit hätte es vielleicht sogar nichts gebracht, dass er Name und Anschrift der Zweibrückerin durch die Sterbeunterlagen ihres Angehörigen gekannt habe.

Doch nach einer weiteren kuriosen Wendung ist Grau sicher, doch zu seinem Recht kommen. Später am Freitag habe er von der Zweibrückerin eine SMS erhalten: "Wir würden unser Geld noch bekommen, müssten aber detaillierte Rechnungen stellen. Außerdem seien wir Betrüger. Sollten wir die Polizei einschalten, würde RTL über uns informiert werden." Er werte die Mail als Zurückrudern, "nachdem sie gemerkt haben, wie dumm ihre Aktion war". Jedenfalls sei die Nachricht ein Schuldeingeständnis, dass sie mit dem Geld geflüchtet seien. "Die sind extrem dreist und ebenso dumm", echauffiert sich der Bestatter.

Weil in Deutschland das Tatortprinzip gibt, ermittelt die Celler Polizei. Wie ein Sprecher auf Merkur-Anfrage erklärte, übernehme aber die Zweibrücker Polizei die Befragung der Beschuldigten.

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