Bestattungskultur Die Urne als letzte Ruhestätte der Wahl

Saarbrücken · Am Totensonntag besuchen Menschen die Gräber ihrer verstorbenen Angehörigen. Aber der Trend geht zu anderen Bestattungsmethoden.

 Urnenwände wie hier in Gresaubach sind inzwischen auf den meisten Friedhöfen zu finden.

Urnenwände wie hier in Gresaubach sind inzwischen auf den meisten Friedhöfen zu finden.

Foto: Dieter Lorig

Was passiert mit mir nach dem Tod? Für viele ein Thema, zu dem sie ganz konkrete Vorstellungen haben. Das traditionelle Erdgrab wird allerdings immer weniger nachgefragt. Einerseits werden individuellere Formen der Bestattung gewünscht – andererseits ist die aufwendige Grabpflege heutzutage für viele Hinterbliebene nicht mehr zu leisten. „In unserer ländlich geprägten Gemeinde ist es oft der Fall, dass direkte Angehörige nicht mehr vor Ort wohnen“, teilt ein Sprecher der Gemeinde Marpingen auf Anfrage mit.

Ein weiterer Faktor sind die Kosten. Ein normales Reihengrab, das von den Angehörigen gepflegt wird, kostet in Marpingen 2320 Euro. Bei einem Rasengrab kommen die Kosten für die Pflege während der 25-jährigen Belegzeit hinzu, was zwischen 4445 und 4510 Euro kostet. Ein Urnenbestattung ist dagegen deutlich günster: 1185 Euro (im Grab) bzw. 1530 Euro (in einer Urnenwand) müssen die Angehörigen dafür zahlen. Wird eine weitere Urne hinzugestellt, kostet diese nur 930 Euro.

Der Trend zur Urne ist bundesweit zu beobachten. Laut Angaben des Vereins Aeternitas, der sich für zeitgemäße Bestattungsformen einsetzt, waren im Jahr 2018 in Deutschland rund zwei Drittel aller Bestattungen Urnenbegräbnisse. Die saarländischen Gemeinden liegen über diesem Bundesschnitt: So waren 2018 in Saarbrücken von 1789 Beerdigungen 1355 (also ca. 75 Prozent) Urnenbeisetzungen. Kein städtisches Phänomen: Ähnliche Zahlen gibt es auch in der Gemeinde Marpingen. Im Bezirk Urexweiler wird der höchste Wert der Gemeinde erreicht: Die Urnenbeisetzungen liegen hier bei 84 Prozent.

In Deutschland ist es nicht erlaubt, die Asche verstorbener Angehörigen in einer Urne mit nach Hause zu nehmen. Auch das Verstreuen der Asche ist, von wenigen Ausnahmen abgesehen, nicht gestattet (in Bremen ist dies seit 2015 auf Privatgrundstücken oder öffentlichen Flächen erlaubt – aber nur, wenn dies der Verstorbene zuvor schriftlich festgehalten hat). Dennoch nehmen Urnengräber auf Friedhöfen viel weniger Platz ein als konventionelle Gräber. Ungenutzte Flächen sind die Folge. In Saarbrücken gibt es 22 Friedhöfe mit einer Fläche von rund 141 Hektar (entspricht fast 200 Fußballfeldern), doch etwa ein Viertel davon wird laut eines Friedhofentwicklungsplans der Stadt eigentlich nicht mehr als letzte Ruhestätte benötigt.

Die Pläne der großen Kommunen Saarbrücken, Neunkirchen und Völklingen ähneln denen der kleinen Gemeinden. „Wir haben uns für einen harmonischen Weg zwischen traditionellen und modernen Bestattungsformen entschieden, der unsere Friedhofsflächen zudem noch enorm aufwertet“, betont Marpingens Bürgermeister Volker Weber (SPD) auf Nachfrage. Er hat bereits 2017 alle Akteure an einen Tisch gebracht, um das Thema zu diskutieren. Demnach sollen aus den ehemaligen Reihegräbern laut Marpinger Pressestelle mit der Zeit „weitläufige Baumgrabfelder mit vielen Ruheflächen, die den Friedhöfen einen parkähnlichen Charakter verleihen“ werden. Baumbestattungen, bei denen die Urnengräber um einen Baum auf dem Gelände gruppiert werden, sind in Marpingen seit kurzem möglich und kosten 1570 Euro.

Auch in Saarbrücken sollen die Gelände begrünt – oder, falls sie neben Waldflächen liegen, langfristig selbst bewaldet werden. Auch die ökologische Nutzung als Insektenwiese wird in manchen Gemeinden erwogen. Friedhofsflächen zu Bauland zu machen – wie es in Berlin diskutiert wird – möchte man im Saarland jedenfalls nicht.

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