Gnadenhof Tati‘s Farm in Walshausen Bei den Tieren Seelenfrieden finden

Walshausen · Seit dem Sommer können Kinder ab dem vierten Lebensjahr auf Tati‘s Farm in Walshausen ihre Tierliebe ausleben. Fast alle der fast 50 Tiere stammen aus dem Tierschutz. Viele von ihnen hat Tierartzhelferin Tatjana Schweickert von ihrem verstorbenen Vater geerbt.

 Tatjana Schweickert schaut nach ihren „Kinder-Ponys“, während sich die Oldies aus dem Erbe ihres Vaters auf der Rentnerkoppel vergnügen.

Tatjana Schweickert schaut nach ihren „Kinder-Ponys“, während sich die Oldies aus dem Erbe ihres Vaters auf der Rentnerkoppel vergnügen.

Foto: Cordula von Waldow

Am späten Vormittag herrscht auf Tati‘s Farm in Walshausen noch relative Ruhe. Die fünf Hunde toben und raufen auf ihrer Spielwiese, die Haflinger und Shetland-Ponys knabbern gemütlich ihr Heu, auf der Seniorenwiese grasen Schafe, Ziegen und Alpakas. Leise gackern die Hühner vor sich hin, während die beiden Häschen fast lautlos mümmeln. Nur die beiden jungen Mini-Schweinchen Peaches und Max grunzen enttäuscht, weil die Tür zum Hühnergehege noch geschlossen ist, damit das Federvieh in Ruhe speisen kann. „Später dürfen sie rüber und dort die Reste aufräumen“, erklärt Tatjana Schweickert den schweinischen Unmut.

Dafür geht Isolde die Tierfarm inspizieren. Manchmal besucht das unternehmungslustige Huhn auch die Nachbarschaft und hilft immer beim Ausmisten, beim Ställe bauen und bei all den vielen anderen Arbeiten, die auf einer Tierfarm so anfallen.

Im November 2020 sind die Tierarzthelferin, Ehemann Jürgen, die beiden Kinder Liam (11) und Louis (5) und ihre rund 50 Tiere in der Walshauser Mühlstraße eingezogen. „Tiere geben einem was, das kann kein Mensch“, beschreibt Tatjana Schweickert dankbar. Nach dem Tod ihres Vaters hat die jetzt 33-Jährige ihr tierisches Erbe angetreten. Über 80 000 Kilometer legte sie zwischen ihrem Wohnort im Umkreis Heidelberg und dem kleinen Dorf hinter Bautzen zurück, wo der Dresdner Geschäftsmann seine Tierfarm unterhalten hatte. Dort mussten die Tiere versorgt werden, wenn der Hof-Angestellte frei hatte oder Schützlinge in liebevolle Hände und artgerechte Haltung zu vermitteln waren – zum Beispiel Nasenbären, Schildkröten, Gänse oder Echsen.

„Das war sein seelischer Ausgleich: Er hat ganz viele Tiere gerettet“, sagt seine Tochter, denn alle Vier- und Zweibeiner stammten aus dem Tierschutz. Die Tierfreundin selbst, die lange in der Pferdeklinik in Aschaffenburg gearbeitet hat, war selbst aktiv im Tierschutz und legte sowohl in Italien als auch in Rumänien selbst Hand an.

So stand Anfang 2020 für sie fest: „Wir suchen uns einen Bauernhof und kümmern uns um Papas Tiere.“ Gleich beim ersten Besuch in Walshausen war sich das Ehepaar einig: „Das ist es.“ In dem Dorf, in dem es fast so viele Pferde gibt wie Menschen, und alle extrem tierfreundlich und hilfsbereit sind, fühlte sich die Familie auf Anhieb wohl. In Eigenleistung sanierten der selbstständige Handwerksmeister und die Tierarzthelferin das Wohnhaus, bauten Pferdeställe und Hütten, einen kleinen Reitplatz und die Tiergehege.

Auf neun Hektar Weidefläche sowie Koppelfläche in der Nachbarschaft sind die Herden vom Frühjahr bis in den Spätherbst bestens versorgt. Die Tierschutz-Senioren stammen ebenso von Papa Harry  wie Mini-Shetty Shelly sowie die beiden Setter, die dieser über die „Setter-Hilfe“ aus Tschechien gerettet hatte.

Ziegenbock Harry ist der Chef auf der Rentnerkoppel und der Schafbock Otto das ganz besondere Seelentier von Tatjana Schweickert. Unnötig zu erwähnen, dass auf Tati‘s Farm jedes Tier seinen Namen hat.

Auf die Frage: „Was mache ich jetzt mit all den Tieren?“, fand die Tierarzthelferin, die von Kindesbeinen an im Sattel sitzt, schnell eine Antwort. An den Nachmittagen und in den Ferien dürfen Kinder ab dem vierten Lebensjahr bis rund 15 Jahre in Kleingruppen ihr Herz für Tiere entdecken. Sie lernen den fachgerechten Umgang mit Ponys und Haflingern und auch die übrigen Tiere zu versorgen. „Das Tierwohl steht bei uns im Mittelpunkt“, betont Tatjana Schweickert.

Für sie ist, „sich auf Augenhöhe zu begegnen“ keine Frage der Körpergröße. Aus diesem Grund möchte die Tierschützerin aktuell keine weiteren Tiere aufnehmen, außer Hühnern zu den Zwölf von „Rettet das Huhn“. Über diesen Verein unterhält Tatjana Schweickert zudem die Patenschaft für eine Kuh. „Da haben wir noch Kapazität. Ansonsten müssen und wollen wir ja allen unseren Tieren gerecht werden können.“ Deshalb auch gibt es zweimal im Jahr zwei Wochen Auszeit von den Kindern für die geduldigen Ponys.

Besonders beliebt sind die Kinder-Abenteuergeburtstage, denn die Söhne-Mutter weiß immer, was in der Altersklasse gerade gut kommt. Und dass Jungs etwas ganz anderes brauchen als Mädels, für die oft die Beautypflege der Ponys im Mittelpunkt stehe.

Da es genügend Reitschulen im Umkreis gibt, werden auf Tati‘s Farm unter anderem Koordinations- und Bewegungsspiele mit den Pferden veranstaltet, Basiswissen spielerisch erlernt und auf dem blanken Pferderücken sitzend durch kleine Hindernisparcoure geführt.

Erstaunt stellte die zweifache Mutter fest, wie hoch im Kurs gemeinsames Basteln steht. Mit am glücklichsten seien die Kinder jedoch, wenn sie selbstbestimmt auf dem Reitplatz und mit Holzpferd Hildegard spielen und sich dabei nach Herzenslust austoben dürfen. „Bei den Tieren finden die Kinder ihren Seelenfrieden“, freut sich Tatjana Schweickert. Ebenso wie sie selbst. Für sie und ihre Familie steht fest: „Das war die beste Entscheidung, die wir treffen konnten.“

Weitere Infos bei Tatjana Schweickert Tel. (0176) 80 06 44 86 (gerne auch per WhatsApp) sowie unter
www.tatisfarm.de.

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