Das Feld der Jugendkriminalität wird immer breiter

Jugendkriminalität ist in der Öffentlichkeit ein Dauerthema. Schlägereien, zerkratzte Autos, Diebstahl oder Drogendelikte, die Liste ist lang. Im Bezirk der Polizeidirektion Pirmasens, wozu auch Zweibrücken zählt, sind in den vergangenen Jahren aber drei klassische Hauptdelikte zu verzeichnen

Jugendkriminalität ist in der Öffentlichkeit ein Dauerthema. Schlägereien, zerkratzte Autos, Diebstahl oder Drogendelikte, die Liste ist lang. Im Bezirk der Polizeidirektion Pirmasens, wozu auch Zweibrücken zählt, sind in den vergangenen Jahren aber drei klassische Hauptdelikte zu verzeichnen. "Diebstahl, Körperverletzung und Sachbeschädigung sind die am häufigsten begangene Straftaten der 14 bis 21-Jährigen", erklärt Gerd Fallböhmer, Jugendbeauftragter der Polizeidirektion. Insgesamt seien gut 25 Prozent der Tatverdächtigen bei uns unter 21 Jahre alt. "Ich sehe es dann immer andersherum: 75 Prozent der Täter sind älter", sagt Fallböhmer. Bei den meisten Jugendlichen handele es sich hierbei um ein episodenhaftes Verhalten, das wieder vorübergeht. Fallböhmer: "Nur etwa fünf bis zehn Prozent der jugendlichen Straftäter sind Wiederholungstäter, die häufiger mit dem Gesetz in Konflikt geraten." Kriminalität ist ein weiter Begriff. Wo fängt sie an? Bei einem gestohlenen Päckchen Zigaretten? Einem Silvesterknaller im Briefkasten? "Die Grenzen sind schwer zu greifen", sagt der Jugendbeauftragte, "die meisten von uns haben früher mal was mitgehen lassen. Wir waren im Wald Kirschen klauen. Wir wussten sehr wohl, dass sie gestohlen sind, aber das war ja der Reiz. Weiter ging die kriminelle Energie dann aber nicht." Einen wirklichen Anstieg der Jugendkriminalität gab es in Pirmasens und Zweibrücken in den vergangenen Jahren nicht. "Die Quote der Ladendiebstähle lag in den immer zwischen 37 und 40 Prozent", erklärt Fallböhmer. Im vergangenen Jahr sei die Prozentzahl der Ladendiebstähle durch Jugendlichen auf 29 Prozent gesunken. "Das heißt allerdings nicht, dass sie auch wirklich so stark abgenommen haben", betont Fallböhmer, "es hängt auch von der Art der Überwachung der Firmen ab und wie viele Diebstähle zur Anzeige gebracht werden". Um die Jugendlichen von diesem unrechten Weg abzubringen, sei es wichtig, dass der Einzelhandel mitzieht. Das Dunkelfeld sei im Bereich des Ladendiebstahls besonders groß. "Die Anzeigen sind auch wichtig für uns, da gerade Ladendiebstahl häufig ein Einstiegsdelikt ist", erklärt Fallböhmer. "Werden die Jugendlichen einmal mit einer Anzeige und ihren Folgen konfrontiert, so lassen sie in Zukunft eher die Finger davon." Auch die Erwachsenen seien somit in die Pflicht gerufen: "Jugendlichen, gerade mit schlechtem sozialen Hintergrund, die nie etwas hatten und bei denen auch die Erziehung und Sozialisierung fehlt, kann ein Fingerklopfer schon helfen." Auch die Zahl der Jugendlichen, die im vergangenen Jahr wegen Körperverletzung belangt wurden, ist leicht gesunken. "Hier haben wir aber ein erhöhtes Anzeigenaufkommen", sagt Fallböhmer, "Eltern reagieren heute sensibler und zeigen Straftaten an ihren Kindern häufiger an". Die Präventionsarbeit in Schulen zeige hier Wirkung. "Man muss die Schüler motivieren, keine Angst zu haben, Vorfälle zu melden." Im Bereich der Körperverletzung sind es bei Jugendlichen vor allem leichte Körperverletzungen, die verübt werden. Sachbeschädigungen sind in Pirmasens ein weitverbreitetes Thema. "Hier sind es vor allem Sachbeschädigungen durch Graffiti, aber auch geringe Sachbeschädigungen, häufig unter Alkoholeinfluss", sagt Fallböhmer. Die drei Hauptdelikte bestehen nun seit vielen Jahren. "Dennoch erweitert sich die Palette der Kriminalitätsformen durch Gegebenheiten, die sich in der Gesellschaft verändern. Medien bieten ein breites Spektrum - über SMS oder Internet fällt es leicht, jemandem zu beleidigen. Aber die klassischen Delikte bleiben bestehen." Gerd Fallböhmer, der seit 1996 als Jugendbeauftragter von Pirmasens aus tätig ist, zeigt weitere Entwicklungen der Jugendkriminalität: "Bei Mädchen ist in den vergangenen Jahren eine leichte Zunahme an Körperverletzungsdelikten zu verzeichnen. Gerade bei ihnen ist der verbale Bereich stark verbreitet. "Bei den Präventionsveranstaltungen in der Schule versuchen wir klar zu machen, dass körperliche wie psychische Gewalt strafbare Delikte sind." Die Liste der Motive für kriminelles Verhalten Jugendlicher ist lang, aber kaum greifbar. Ist es die fehlende Erziehung, der soziale Hintergrund, Probleme in der Familie oder der Schule? "Das ist schwer zu sagen", meint Fallböhmer, "auch Kinder angesehener Familien können über die Stränge schlagen". Auch der soziale Hintergrund sei nicht einfach als Grund zu nennen, so Fallböhmer: "Nicht nur an Haupt- und Realschulen ist Gewalt vorzufinden. An Gymnasien herrscht vielleicht eine andere Form von Gewalt. Sie geht tiefer. Mobbing zum Beispiel verlangt geistiges Niveau." Aber man müsse auch sehen, dass heute viele am Rande des Existenzminimums leben. "In der Schule werden heute häufig Standards gesetzt, da kommt man als Jugendlicher schon mal in Schwulitäten und langt eher zu", sagt Fallböhmer.Häufig werden Jugendliche bei kleinen Straftaten vor Gericht freigesprochen. "Was danach noch alles passieren kann, wird verdrängt", erklärt Fallböhmer. Im Gericht fallen die Urteile oft harmlos aus, aber das Gericht müsse auch nicht zu härteren Strafen greifen. Fallböhmer: "Die Jugendlichen sind mit den Folgen bestraft genug: "Zum Beispiel schon ein frisierter Roller kann eine lange Schleife hinter sich ziehen. Es wird ein ermahnendes Gespräch geführt, dort wird den Jugendlichen aufgezeigt, was auf sie zukommen kann. Der Führerschein könnte entzogen oder eine medizinisch-psychologische Untersuchung angefordert werden." Das alles zieht enorme Kosten nach sich. "Auch Kinder angesehener Familien können über die Stränge schlagen."Gerd Fallböhmer, Polizei

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