Ein Hirte, der Schäfchen hinters Licht führt

Limburg · Richtig, die Unschuldsvermutung gilt auch für einen Gottesmann. Der Sachverhalt im Bistum Limburg mit einem Hirten, der seine Schäfchen seit Jahren an der Nase herumführt, liegt allerdings ein bisschen anders.

Hier fällt es den Gläubigen schwer, sich demütig zurückzuhalten, denn der Zorn hat sie unduldsam gemacht. Kein Wunder bei dem Gebaren ihres Bischofs Franz-Peter Tebartz-van Elst, das stark an den Prunk- und Protz-Feudalismus vergangener Zeiten erinnert. Wer so leichtfertig mit Kirchensteuern und Spenden umgeht, hat der nicht den Bezug zur Realität verloren?

Das ist die eigentliche Krux im Bistum Limburg: die Wahrnehmung der Wirklichkeit. Über Jahre hinweg hat sich der Bischof abgeschottet gegen neugierige Fragesteller, die wissen wollten, was es nun mit den Neubauten am Bischofssitz auf sich hat. Wie teuer die Renovierung denn geworden sei. Und ob es zutreffe, dass der Bischof "first class" nach Indien geflogen sei, um dort Elendsgebiete zu besichtigen. Die Wahrheit, die man in der Kirche doch irgendwie vermuten sollte, kam allerdings nur tröpfchenweise ans Licht. Stets gegen den Willen des Bischofs, der sich gegen irdische Transparenz heftig sträubte. Seit Montagabend wissen wir auch, warum: Die Kosten für Neubau und Renovierung des Bischofssitzes sowie des Diözesanzentrums "St. Nikolaus" sind von drei Millionen auf mindestens 31 Millionen Euro explodiert.

Da schicken nicht nur die Mitglieder des Verwaltungsrates, den der Bischof 2010 zur Kontrolle der bischöflichen Finanzen berufen hatte, Stoßgebete gen Himmel: "Um Gottes Willen!" Viele Katholiken des Bistums und weit darüber hinaus sind entsetzt und sprachlos. Auch der Verwaltungsrat sollte wortlos bleiben, Tebartz-van Elst untersagte dem Gremium nach Informationen der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" die Veröffentlichung einer Erklärung. Dafür ließen sich drei Mitglieder des Gremiums in der FAZ mit einem Satz zitieren, der an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig lässt: "Wir sind durch den Bischof von Limburg hinters Licht geführt worden." Fürwahr, ein schwerer Vorwurf.

Das eigentliche Problem im Bistum Limburg ist aber nicht die Kostenexplosion. Das eigentliche Problem heißt Tebartz-van Elst. Mit der Arroganz eines präpotenten Kirchenfürsten hat der 55-jährige Bischof Gläubige verprellt, Pfarrer und Laien verärgert und Vertrauen verspielt. Sein Verhalten kollidiert so vehement mit christlichen Grundsätzen wie Demut, Offenheit und Ehrlichkeit, dass selbst der Priesterrat des Bistums die Basis für eine gedeihliche Zusammenarbeit zerstört sieht. Die Situation ist dermaßen verfahren (gegen den Bischof laufen auch Ermittlungen wegen eidesstattlicher Falschaussage hinsichtlich des Indien-Flugs), dass ein Verbleiben im Amt schwer vorstellbar ist. Denn Tebartz-van Elst hat nicht nur persönlich Vertrauen verspielt, sondern auch Vertrauen in die Institution Kirche.

Bei der Schwere dieser Sünde ist Buße vonnöten. Der Bischof, der ja "Diener Gottes" sein will, könnte sich ein Beispiel an Papst Franziskus nehmen und weltlichem Protz abschwören. Als Seelsorger einer Pfarrei in der Diaspora oder in einem Kloster der Franziskaner käme seine Weihrauch-umwölkte Frömmigkeit sicher besser zur Geltung. Und die Gläubigen im Bistum Limburg könnten endlich mal wieder "Gott sei Dank" sagen.

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