Glosse Gefährliche Beipackzettel

Mitten im Leben sind wir vom Tod umgeben. Und selten wird einem das so klar wie beim Lesen des Beipackzettels von handelsüblichen Medikamenten. Denn der Beipackzettel zeigt, wie anfällig der Körper ist.

Jedes einzelne Organ kann mit Nebenwirkungen reagieren, die die Ursprungskrankheit wie ein Picknick wirken lassen. Die Plagen, die sich mit der Einnahme des Pharma-Produkts verbinden, treten demnach nicht nur „sehr selten“, „selten“, „gelegentlich“ oder „häufig“ auf. Manche treffen den wehrlosen Körper auch „sehr häufig“ . Eigentlich, so legt der Beipackzettel nahe, ist das Medikament schon so etwas wie die Henkersmahlzeit in Pillenform. Aber meistens schluckt der Kranke es trotzdem. Tapfer, fatalistisch, zu allem bereit.

Vermutlich liegt der Sinn des Beipackzettels aber gerade darin, dass der Kranke das Schlimmste erwartet. Denn hinterher freut er sich umso mehr – auch wenn das Medikament am Ende gar nicht hilft. Na gut, er ist noch krank. Aber hurra, er lebt noch! Und das Leben ist so schön. Wahrscheinlich aber nur, weil es zu seinen Risiken und Nebenwirkungen keinen Beipackzettel gibt.

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