„Julia muss sterben“ beim Filmfestival Max Ophüls Preis In der bunten Welt der Plattitüden

Saarbrücken · „Sterben ist einfach – Komödie ist schwer“, besagt eine alte, aber zeitlose Filmweisheit. So gesehen, nimmt sich „Julia muss sterben“ (eine Ko-Produktion des Saarländischen Rundfunks) viel vor, und die Reaktionen auf den Film könnten im weiten Feld zwischen Begeisterung und Irritation liegen.

 Michel Diercks, Nellie Thalbach und Sabrina Amali in „Julia muss sterben“.

Michel Diercks, Nellie Thalbach und Sabrina Amali in „Julia muss sterben“.

Foto: MOP/Magentafilm

Je nachdem, ob man sich einlässt oder nicht auf diesen bunten Jux und sein fast durchweg sympathisches Personal - abgesehen von einem öligen Referenten und fremdenfeindlichen Schlägern. Die kann man hier aber lachend im Dauerlauf abhängen, musikalisch untermalt von Boney M (“Brown Girl in the Ring“!), wobei der Oberschläger noch mit einem Kopf in Farbe landet. Ein bisschen wie in den miefigen „Pauker“-Filmen der 1970er. Wen das amüsiert (und wem das angesichts deutscher Realitäten nicht bitter aufstößt), für den ist der Film gemacht. Er konstruiert sich eine quietschbunte Filmrealität, die mit der Welt fast nichts zu tun hat. Die Grundfrage ist: Ist das Drehbuch naiv oder hält man das Publikum für naiv?

Merksatz: „Wenn man was will, dann schafft man es auch“

Um die Aufnahmeprüfung an einer Schauspielschule geht es, bei der unter anderem die junge Lya (Sabrina Amali) vorsprechen will – nur darf deren Familie, vor Jahren aus dem Irak nach Deutschland geflohen, davon nichts wissen: Denn Schauspieler sind in den Augen der Familie unseriöse „Gaukler“, so sagt zumindest der Vater. Die junge Clara (Nellie Thalbach) ist ein Hort der guten Laune und der Lebensratschläge („Wenn man was will, dann schafft man es auch“); die kann der bisexuelle Kasper (Michel Diercks) gut gebrauchen, denn hinter seiner Schnodder-Fassade ist er ein Opfer seines ihn früher körperlich bedrängenden Stiefvaters und hat längst keinen Kontakt zur Mutter mehr, was an ihm zehrt.

„Zeit, zu sterben“

Am Ende des Films haben alle etwas gelernt, lose Enden werden verknüpft, und (fast) alle Menschen werden Brüder/Schwestern. Das ist als Plot natürlich legitim, aber das Drehbuch von Marco Gadge lässt regelmäßig stutzen. Da geht es oft nur um einen Gag oder einen dramatischen Moment, der dann wenig Konsequenz hat – etwa die irrwitzige Szene, wenn Clara Lyas Vater im Rollstuhl auf dem ungesicherten Dach den Monolog des Replikanten aus „Blade Runner“ vorspricht und ihm beim Satz „Zeit zu sterben“ eine Pistole an den Kopf hält, die der Mann für echt hält – und entsprechend Todesangst hat. Sekunden später ist die Situation geklärt, und munter geht es weiter. Es sind Momente wie diese, die einem dem Spaß am Film vergällen können beziehungsweise einen komplett aus der Handlung herauskatapultieren - oder einfach ärgern.

Erfreulich ist allerdings, dass Marco Gadges Inszenierung besser ist als sein im Finale schmerzhaft harmonieseliges Drehbuch: Der Film hat Schwung, und die Darsteller sind sehenswert: Schmerzhafte Sätze wie „Auf der Straße lernt man mehr als in einem Raum“ oder auch „Die, wir wir lieben, tun uns am meisten weh“ transportieren sie mit Überzeugung auf die Leinwand - keine kleine Leistung.

Termine: Mittwoch, 21 Uhr, Camera Zwo; Donnerstag, 16.30 Uhr, Filmhaus; Freitag, 17.30 Uhr, CS 8; Samstag, 16.30 Uhr, Thalia Bous; Sonntag, 13.30 Uhr, Cinestar 5.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort