Nicht mehr als eine "PR-Show"

Austin. "Minimalgeständnis", "PR-Show", "zu wenig und zu spät": Die Sportwelt hat mit großer Enttäuschung auf die Doping-Beichte von Lance Armstrong reagiert. Dem Kopfschütteln über die Salami-Taktik des gefallenen Radstars folgte schnell die Forderung nach einer Runderneuerung des Radsports - doch die wird es so schnell nicht geben

 Bei US-Talkmasterin Oprah Winfrey (rechts) gestand der frühere Radsport-Star Lance Armstrong Doping. Details oder Hintermänner nannte er allerdings nicht. Foto: Burns/dpa

Bei US-Talkmasterin Oprah Winfrey (rechts) gestand der frühere Radsport-Star Lance Armstrong Doping. Details oder Hintermänner nannte er allerdings nicht. Foto: Burns/dpa

Austin. "Minimalgeständnis", "PR-Show", "zu wenig und zu spät": Die Sportwelt hat mit großer Enttäuschung auf die Doping-Beichte von Lance Armstrong reagiert. Dem Kopfschütteln über die Salami-Taktik des gefallenen Radstars folgte schnell die Forderung nach einer Runderneuerung des Radsports - doch die wird es so schnell nicht geben.

"Man kann das Interview nur so zusammenfassen, dass es zu wenig, zu spät ist. Wenn Armstrong Glaubwürdigkeit zurückgewinnen will, muss er unter Eid vor den relevanten Anti-Doping-Organisationen aussagen. Was wir hier gehört haben, reicht bei weitem nicht aus", sagte Thomas Bach, Vizepräsident des Internationalen Olympischen Komitees, und war mit John Fahey, dem Präsidenten der Welt-Anti-Doping-Behörde Wada, einer Meinung. "Das war eine PR-Show. Aus meiner Sicht gab es nichts Neues", sagte der Australier.

Armstrong hatte in einem Interview mit der US-Talk-Queen Oprah Winfrey zugegeben, alle seine sieben Tour-Siege unter Dopingeinfluss errungen zu haben, Hintermänner aber nicht genannt. Bach sieht deswegen auch keinerlei weitere Handhabe: "Es gibt keine Ansätze für neue Maßnahmen gegen Lance Armstrong oder den Radsport generell." Entsprechend sprach auch Travis Tygart, der als Chef der US-Anti-Doping-Behörde Usada Armstrong das Handwerk legte, nur von einem "kleinen Schritt in die richtige Richtung" und verlangte ebenfalls ein Geständnis unter Eid.

Die US-Presse ging den gestürzten Volkshelden härter an: "Nach all den Jahren des Betrugs, der Lüge und Millionen Dollar, die auf dem Schwindel beruhen, blickte Lance Armstrong Oprah Winfrey in die Augen und sagte einfach: ,Halb so wild'", schrieb USA Today. Die italienische La Repubblica fügte hinzu: "Armstrong gesteht zwar, bereut aber nichts. Kaltblütig, berechnend, zynisch: Auch im sensationellsten Interview der letzten Jahre bleibt er sich selber treu."

Sylvia Schenk nahm Armstrongs seichte Beichte zum Anlass, harte Reformen einzufordern. "Der Radsport ist befallen von einem Krebsgeschwür, das derart metastasiert ist, dass jeder Mensch schon lange daran gestorben wäre. Der Radsport braucht drei, vier, fünf Jahre lang drastische Maßnahmen, um wieder Glaubwürdigkeit herzustellen." Das Vorstandsmitglied von Transparency International nannte eine rigorose Kontrolle der Ärzte im Radsport als ein Mittel.

Eine Ablösung der höchst umstrittenen Spitze des Radsport-Weltverbandes ist in weite Ferne gerückt, weil Armstrong Attacken gegen die UCI vermied. Deren Präsident Pat McQuaid sprach von einem "wichtigen Schritt auf dem langen Weg, den Schaden zu reparieren". Er betonte wie der Amerikaner, dass es "keine geheime Absprache oder Verschwörung" zwischen Armstrong und UCI gegeben habe.

Armstrong hatte dementiert, dass die UCI eine positive Dopingprobe von ihm unter den Teppich gekehrt hat. Doping-Experte Werner Franke resümierte folglich: "Armstrong tut nur das, was nötig ist, um die eine oder andere seiner Millionen behalten zu dürfen." sid

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