106. Tour de France Der Radsport kämpft weiter gegen Doping-Vorurteile

Brüssel · Vor 20 Jahren gewann Lance Armstrong seine erste Tour.

Lance Armstrong stand im Gelben Trikot auf den Champs-Élysées in Paris, mit Epo im Blut, vielen Lügen im Kopf und einem zufriedenen Lächeln im Gesicht. Vor 20 Jahren begann mit dem ersten von sieben Tour-de-France-Siegen des US-Amerikaners die dunkelste Epoche des Radsports. Der perfide Betrug hatte auch nach der Skandal-Tour 1998 über Jahre System, Armstrong perfektionierte es zwischen 1999 und 2005.

Die Spätfolgen spürt der Radsport noch immer. Wenn am Samstag in Brüssel die Tour de France in ihre 106. Ausgabe startet, fährt auch wieder der Zweifel mit. Wegen Armstrong, wegen Fehltritten seiner Nachfolger wie Michael Rasmussen, aber auch wegen Skandalen wie der jüngsten Dopingaffäre um den Erfurter Sportmediziner Mark S., zu dessen Blutdoping-Kundenstamm auch Radprofis gehörten.

Doping sei immer ein präsentes Thema, sagt Tour-Debütant Lennard Kämna, „es ist gut, dass jeder im Hinterkopf hat, dass es weiter passieren kann und man die Augen nicht verschließt.“ Die beiden Österreicher Stefan Denifl (31) und Georg Preidler (29) wurden im Zuge der „Operation Aderlass“ als Kunden von Mark S. entlarvt und für vier Jahre gesperrt. Die Fälle beweisen: Das Peloton ist – trotz aller Bemühungen – nicht dopingfrei.

Trotzdem, sagt der 22 Jahre alte Sunweb-Profi Kämna, solle man fair mit dem Radsport umgehen: „Es wurden Riesenschritte in Richtung sauberer Sport gemacht.“ Tatsächlich dürfte sich die Extreme der Armstrong-Ära, als in rauen Mengen gedopt wurde, wohl nicht wiederholen. Die Testverfahren sind umfangreicher und präziser, die Schuldigen von einst längst vom Rad – allerdings in vielen Fällen noch nicht aus der Branche verschwunden.

„Damals war es wie im Wilden Westen, man konnte relativ viel machen. Das Anti-Doping-Netz ist heutzutage deutlich engmaschiger“, sagte Daniel Westmattelmann von der Universität Münster. Westmattelmann war selbst Radprofi, er promovierte zum Dopingverhalten im Spitzensport. Dass im Radsport inzwischen ähnlich schnell gefahren wird wie in der schlimmen Zeit vor 15 bis 20 Jahren, erklärt er mit Fortschritten bei Technik, Material, einer veränderten Fahrweise und der weitgehend äußerst professionellen Lebensweise der heutigen Generation. Die Skepsis hält aber an.

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