Emotionslosigkeit auf der Couch

Früher war ich schon sehr ehrgeizig auf der Couch. Da wollte ich die Deutschen siegen sehen. Bei Fußballspielen, bei Olympischen Spielen. Und wenn es nicht geklappt hatte, ja, da klappte auch ich mal von der Couch nach oben und schrie Handlungs-Aufforderungen wie: "Geh fort, du Verlierer". Dieses Mal nicht. Die Anzahl deutscher Medaillen in Rio scheint mir egal zu sein. Ob es damit zusammenhängt, dass ich vielen Edelmetall-Gewinnern - wohl zu Unrecht - ihre Leistung nicht mehr glaube? Sie wissen ja: Doping und so. Spielt vielleicht 'ne Rolle für meine Emotionslosigkeit auf der Couch. Unbewusst natürlich. Obwohl? Beim Gewichtheben, als sich Russen und Kasachen im Stoßen und Reißen mit dem Eisen um Gold stritten, waren die Gedanken über Doping in meinem Hirn klar und bewusst. Auch wenn die Schwimmer wieder eine Weltrekord-Show abziehen. Wenn Chinesen und Russen das Wasser verdrängen, als wäre es Luft, da falle ich vom Glauben ab und sehe es den Deutschen nach, wenn sie nicht hinterher kommen. Da kann und will ich keine Vorwürfe machen.

Da freue ich mich lieber über Kajakfahrer, Pistolenschützen, Vielseitigkeits-Reitreportagen, über Beachvolleyball, ja sogar über chinesische Synchronspringer. Egal, welche Nation gerade gut drauf ist, die Vielfältigkeit verleitet mich zum Dranbleiben. Zum Zuschauen. Wohl auch, weil mir in den Nischen des Sports die Leistung ehrlicher zu sein scheint. Glaube ich. Wohl auch zu Unrecht.

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