Eine neue goldene Generation

Krakau · Es ist perfekt: Gold und Olympia-Qualifikation. Deutschlands Handballer sorgen für den größten Erfolg seit 2007. Alle spielen grandios, einer aber überragt sie noch: Andreas Wolff. Die Party in Berlin kann kommen.

Sie tanzten vor dem Tor ihres überragenden Schlussmanns und sangen: "Oh, wie ist das schön." Deutschlands Handballer haben ihren sensationellen Auftritt bei der EM mit Gold gekrönt. Dank ihres schier unüberwindbaren Torhüters Andreas Wolff und einer grandiosen Teamleistung setzte sich die junge Mannschaft von Trainer Dagur Sigurdsson mit 24:17 (10:6) gegen den zweimaligen Weltmeister Spanien durch. "Das war eine unglaubliche Leistung. Diese Mannschaft hat Geschichte geschrieben mit ihren jungen Jahren", sagte Vizepräsident Bob Hanning.

Schon lange vor dem Ende hüpften die Spieler an der Seitenlinie, Sigurdsson drückte jeden einzelnen seiner Handball-Helden. In Sieger-T-Shirts mit goldener Aufschrift "badboys" kosteten die deutschen Spieler jede Sekunde aus. Es ist der größte Erfolg für den Deutschen Handball-Bund seit dem WM-Titel 2007. Mit der Goldmedaille um den Hals und dem Direktticket für die Olympischen Spiele in Rio in der Tasche darf sich die Auswahl heute (ab 16.10 Uhr/ARD) bei der Party in Berlin feiern lassen.

Dabei herrschte auch in der Tauron-Arena von Krakau Heimspiel-Atmosphäre. Als das deutsche Team den ersten Angriffsversuch der Spanier, die im ersten EM-Duell in Polen Deutschland noch 32:29 besiegt hatten, erfolgreich blockte und den Ball eroberte, brandete tosender Applaus unter den 15 000 Zuschauern aus.

Worauf es ankam, um zum zweiten Mal nach 2004 den EM-Titel nach Deutschland zu holen, war klar. "Wir müssen eine sehr starke Abwehr haben", betonte Sigurdsson im Vorfeld. Und seine Jungs setzten das brillant um, erlaubten den Spaniern in den ersten sechs Minuten nicht einen einzigen Treffer. Erst per Siebenmeter überwanden die Iberer erstmals den überragenden Wolff.

Unbeeindruckt setzte die deutsche Mannschaft auch Sigurdssons zweite Forderung um: schnell umschalten. Die Folge: eine 4:1-Führung in der neunten Minute nach dem dritten Tor von Kai Häfner. Der Nachrücker hatte schon den entscheidenden Treffer im Halbfinale zum 34:33 nach Verlängerung gegen Norwegen erzielt. Und die Treffer zeigten Wirkung bei den Spaniern. Die Blicke wurden verzweifelt. Egal, was sie versuchten, letztlich kamen sie entweder am deutschen Abwehrblock oder am grandios aufgelegten Torwart nicht vorbei. Der 24-Jährige von der HSG Wetzlar zeigte, warum er wie Rechtsaußen Tobias Reichmann ins EM-Allstar-Team gewählt wurde.

Erst nach gut elf Minuten gelang den Spaniern das erste Feldtor. Mickrige sechs Treffer ließen Wolff und seine Vorderleute den Spaniern in der ersten Hälfte zu, so wenige wie in keinem EM-Finale zuvor.

Auch nach der Pause bröckelte die deutsche Mauer nicht. Wolff schraubte seine Paradenbilanz zwischenzeitig auf unfassbare 56 Prozent hoch. 15 Minuten vor Ende der Partie führte Deutschland mit sieben Toren (16:9). Auf den Rängen fieberten auch die verletzten Steffen Weinhold, Kapitän des Teams, und Christian Dissinger mit. Und sie hatten nur noch Grund zum Jubeln. Die von Sigurdsson perfekt eingestellt Mannschaft hatte stets die richtig Antwort. So wie der erfolgreichste Werfer, Kai Häfner, als er wieder eine Sieben-Tore-Führung herstellte. Wie im Rausch setzten die deutschen Handballer die Demütigung der hilflosen Spanier fort.

Meinung:

Sigurdsson hat's möglich gemacht

Von SZ-RedakteurKai Klankert

Es ist ein Wintermärchen wie beim WM-Titel 2007 im eigenen Land. Der EM-Titel der deutschen Handballer - verbunden mit WM- und Olympia-Qualifikation - ist der Beginn einer neuen Ära. Ob weitere Goldmedaillen hinzu kommen werden, ist schwer vorherzusagen, denn die Erwartungshaltung ist ab sofort eine andere. Doch der deutsche Handball hat ein Faustpfand: Trainer Dagur Sigurdsson. Er hat diese neue Mannschaft geformt - und etwa den neuen Star des Teams, Torhüter Andreas Wolff, der langjährigen Nummer eins Silvio Heinevetter vorgezogen. Entscheidungen wie diese haben den Titel ermöglicht.

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