Das Rasenphänomen

's-Hertogenbosch. Nicht einmal Davis-Cup-Teamchef Patrik Kühnen kann das Phänomen genau erklären: Kaum geht die Tennis-Profitour ATP in die kurze Rasensaison, läuft es bei den deutschen Spielern plötzlich wie geschmiert

 Kristina Barrois reiht sich derzeit in die Reihe der auf Rasen erfolgreichen deutschen Tennisprofis ein. Im niederländischen 's-Hertogenbosch fordert sie im Viertelfinale Justine Henin. Foto: dpa

Kristina Barrois reiht sich derzeit in die Reihe der auf Rasen erfolgreichen deutschen Tennisprofis ein. Im niederländischen 's-Hertogenbosch fordert sie im Viertelfinale Justine Henin. Foto: dpa

's-Hertogenbosch. Nicht einmal Davis-Cup-Teamchef Patrik Kühnen kann das Phänomen genau erklären: Kaum geht die Tennis-Profitour ATP in die kurze Rasensaison, läuft es bei den deutschen Spielern plötzlich wie geschmiert. Beispiele dafür gibt es genug: Angefangen bei Boris Becker und Michael Stich, die auf dem heiligen Rasen von Wimbledon ihre größten Erfolge gefeiert haben und dem Höhepunkt 1991, als zwei Deutsche das Endspiel des berühmtesten Tennisturniers der Welt bestritten.

In Halle/Westfalen lässt sich der Trend noch eindrucksvoller bestätigen. Beim "deutschen Wimbledon" schaffen die Deutschen regelmäßig gute Ergebnisse. In diesem Jahr spielten sich gleich fünf unter die besten acht. Und würde Rasenkönig Roger Federer (bislang fünf Siege) zur Wimbledon-Vorbereitung statt in Halle im Londoner Queens-Club aufschlagen, gäbe es heute garantiert mehr als vier deutsche Turniersieger.

Und das in einem Tennisland, in dem es nur einen verschwindend geringen Anteil von Rasenplätzen gibt. Der Großteil - weit über 90 Prozent der insgesamt rund 44 000 Tennis-Freiplätze in Deutschland - hat die bekannte rote Asche als Belag. Wieso also sind die Deutschen keine Sandplatzspezialisten, sondern kommen auf einem Belag besser zurecht, auf dem sie so gut wie nie trainieren können? "Wir sind keine typische Sandplatznation", hält Patrik Kühnen dagegen. "Wetterbedingt erstreckt sich unsere Hallensaison von Oktober bis April. Unsere Spieler wachsen mit viel Praxis auf schnellen Belägen auf. Vielleicht trägt das zu Erfolgen auf Rasen bei."

Das gilt insbesondere auch für Benjamin Becker und Kristina Barrois. Im niederländischen 's-Hertogenbosch erreichten beide gestern das Viertelfinale. Barrois besiegte die Österreicherin Sybille Bammer mit 3:6, 6:2 und 6:3 und hat es nun mit keiner Geringeren als der ehemaligen Weltranglisten-Ersten Justine Henin aus Belgien zu tun. Und Becker peilt durch ein glattes 6:2 und 6:1 gegen den Finnen Henri Kontinen die Verteidigung seines bisher einzigen Tour-Titels an. Indes: Nach der Halbfinalteilnahme in Halle ist der Orscholzer bereits jetzt bestens für Wimbledon gerüstet.

Dort ist der sechsmalige Sieger Roger Federer an Nummer eins gesetzt, obwohl der Titelverteidiger in der Weltrangliste von French-Open-Sieger Rafael Nadal als Spitzenreiter abgelöst worden war. Als einziger deutscher Tennisprofi wurde der Augsburger Philipp Kohlschreiber auf Platz 31 berücksichtigt. Tommy Haas und Sabine Lisicki mussten ihre Teilnahme verletzungsbedingt absagen.

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