Pflege von Angehörigen „Ein Antrag auf Pflegegrad ist formlos per Telefon möglich“

Experten des Ersatzkassenverbands und der bundesweiten Compass-Beratung beantworteten Fragen von Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen.

  Ambulante Pflegedienste unterstützen Senioren wie Charlotte Hodera, die in ihrer Wohnung und nicht im Heim leben wollen.

Ambulante Pflegedienste unterstützen Senioren wie Charlotte Hodera, die in ihrer Wohnung und nicht im Heim leben wollen.

Foto: picture alliance / dpa/Jens Kalaene

Das Thema Pflege ist ein sehr sensibles und kompliziertes. Sowohl für die Betroffenen selbst, als auch für die pflegenden Angehörigen. Entsprechend groß war der Gesprächsbedarf unser Leser bei der Telefonaktion. Die Fragen unserer Leser beantworteten die Pflege-Expertinnen Didar Dündar vom Verband der Ersatzkassen und Rita Finkel von der bundesweiten Compass-Pflegeberatung.

Der Antrag meines Vaters auf einen höheren Pflegegrad wurde abgelehnt. Aus unserer Sicht sind einige Dinge im Gutachten falsch vermerkt worden. Können wir widersprechen?

EXPERTE Selbstverständlich haben Sie das Recht auf einen Widerspruch. Am besten nehmen Sie dafür fachliche Hilfe in Anspruch, etwa durch einen Pflegestützpunkt. Nehmen Sie das Gutachten sowie alle Arztunterlagen mit und besprechen Sie mit den Beratern Ihre Einwände. Die können dann prüfen, ob ein Widerspruch Erfolg verspricht. Ist das der Fall, helfen Ihnen die Experten auch bei der Formulierung.

Ich pflege meine Mutter, die Pflegegrad 2 hat. Es wäre für uns sehr gut, wenn wir eine Haushaltshilfe bekommen könnten, damit ich eigene Termine wahrnehmen kann. Unsere Nachbarin wäre durchaus bereit. Müssen wir das selbst bezahlen?

EXPERTE Ihrer Mutter steht monatlich ein so genannter Entlastungsbetrag von 125 Euro zur Verfügung. Damit kann eine Haushaltshilfe bezahlt werden. Doch die muss von einem nach Landesrecht anerkannten Dienst kommen. Da diese aber ziemlich ausgelastet sind, bietet sich noch eine andere Möglichkeit an: Wenn Sie nur hin und wieder wegen eigener Termine stundenweise ihre Mutter nicht betreuen können, stehen Mittel der Verhinderungspflege zur Verfügung. Das sind immerhin 1.612 Euro im Jahr. Übernimmt ihre Nachbarin ab und an Aufgaben im Haushalt ihrer Mutter, kann aus den Geldern der Verhinderungspflege die Rechnung ihrer Nachbarin bezahlt werden. In diesen Fällen spielt die landesrechtliche Anerkennung keine Rolle.

Wo und wie kann man einen Antrag auf einen Pflegegrad stellen?

EXPERTE Das geht zunächst formlos: Sie stellen den Antrag telefonisch bei Ihrer Pflegekasse. Gleichzeitig sollten Sie einen Hausbesuch der Pflegeberatung anfordern. Der Pflegeberater erläutert Ihnen, unter welchen Voraussetzungen man einen Pflegegrad bekommt, wie die dafür nötige Begutachtung erfolgt und unterstützt Sie beim Ausfüllen des schriftlichen Antrags.

Laut Bescheid hat meine Mutter nur den Pflegegrad 1 erhalten. Welche Leistungen der Pflegekasse sind damit verbunden?

EXPERTE Ihr steht monatlich ein Entlastungsbetrag von 125 Euro zu, den sie beispielsweise für eine Haushaltshilfe verwenden kann. Zudem werden bis zu 40 Euro monatlich für notwendige Pflegehilfsmittel übernommen. Nach individueller Prüfung können auch bis zu 4000 Euro für Umbaumaßnahmen in der Wohnung von der Pflegekasse gezahlt werden. Anspruch auf Pflegegeld, Zuschüsse für ambulante Dienste für Verhinderungs- und Kurzzeitpflege besteht erst ab Pflegegrad 2. Sollte sich die Situation bei Ihrer Mutter deutlich verschlechtern, zögern Sie nicht, einen Antrag auf Höherstufung zu stellen.

Gibt es irgendwo eine Übersicht, in der man die zugelassenen Anbieter für Haushaltshilfen in der Nähe finden kann?

EXPERTE Unter der Internetadresse www.pflegelotse.de können Sie Ihre Postleitzahl eingeben und bekommen die entsprechenden Anbieter aufgelistet.

Meine Frau hat jetzt den Pflegegrad 3 bekommen. Aufgrund ihrer Einschränkungen lassen wir demnächst das Bad umbauen und erhalten dafür auch einen Zuschuss von der Pflegekasse. Während der Umbauarbeiten wird sie in eine Kurzzeitpflegeeinrichtung ziehen. Was zahlt dafür die Pflegekasse, was müssen wir selbst zahlen?

EXPERTE Für die pflegerische und soziale Betreuung in der Einrichtung zahlt die Pflegeversicherung bis zu 1612 Euro pro Jahr. Wenn Ihre Frau die Verhinderungspflege nicht nutzt, kann sich der Betrag verdoppeln. Unterkunft, Verpflegung und Investitionskosten muss Ihre Frau selbst bezahlen. Möglicherweise geht das, ohne an die eigenen Ersparnisse gehen zu müssen: Während der Kurzzeitpflege wird das halbe Pflegegeld weitergezahlt. Außerdem kann sie die 125 Euro, die monatlich für Entlastungsleistungen vorgesehen sind, ebenfalls dafür verwenden. Hat sie die bisher nicht genutzt, kann sich einiges angesammelt haben. Am besten fragen Sie einmal bei der Pflegekasse nach, was denn an „Guthaben“ vorhanden ist.

Ich bin gehbehindert und komme immer weniger mit dem Haushalt und dem Einkaufen zurecht. Kann ich für eine entsprechende Hilfe Geld von der Pflegekasse bekommen? Einen Pflegegrad habe ich nicht.

EXPERTE Solange Sie keinen Pflegegrad haben, können Sie keine Unterstützung von der Pflegekasse bekommen. Sie können sich aber beispielsweise in einem Pflegestützpunkt beraten lassen, ob der Antrag auf einen Pflegegrad bei Ihnen sinnvoll ist. Anhand der sechs Lebensbereiche – dazu gehören auch die Mobilität und die Haushaltsführung – wird geschaut, wie selbstständig sie zurechtkommen oder wie groß der Unterstützungsbedarf ist. Die Beratung ist für Sie kostenlos.

Weitere Informationen zum Thema Pflege finden Sie zum Beispiel auch unter den folgenden Internetadressen: www.pflegeberatung.de, www.vdek.de sowie unter www.psp-saar.net/beratung-vor-ort

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