Rundgang durch die Talsperre Nonnweiler Hinab in die Tiefen des Wasserspeichers

Ein besonderer Rundgang führt in die Kontrollgänge der Talsperre bei Nonnweiler. Diese erfüllt gleich mehrere Aufgaben.

 Blick auf den Stausee an der Nonnweiler Talsperre samt Entnahmeturm und dem Trichter zum Hochwasserschutz (hinten).

Blick auf den Stausee an der Nonnweiler Talsperre samt Entnahmeturm und dem Trichter zum Hochwasserschutz (hinten).

Foto: Evelyn Schneider

Zarte Sonnenstrahlen, Temperaturen im zweistelligen Bereich – perfekte Bedingungen für einen Ausflug zur Talsperre bei Nonnweiler. Doch geht es an diesem Vormittag nicht darum, den herrlichen Blick von der 306 Meter langen Dammkrone aus auf den Stausee zu genießen. Oder rund um das Gewässer zu wandern. Nein, es geht in die Tiefe, hinab in die unterirdischen Pfade des größten Wasserspeichers des Saarlandes mit einem Fassungsvolumen von 20 Millionen Kubikmeter.

In zwei Phasen, begonnen in der Mitte der 1970er-Jahre, wurde die Primstalsperre samt technischer Bauten im Umfeld errichtet. Dazu zählt unter anderem das Talsperrengebäude an der Dammkrone. Dort sind Büros und die Leitwarte untergebracht. In Letzterer laufen alle Daten zusammen, die von Gerätschaften innerhalb und außerhalb des Dammbauwerks gemessen werden. Wie viel Strom wird gerade erzeugt, wie viel Wasser fließt ab oder zu – diese Informationen werden auf eine Schautafel übertragen. Somit haben die drei Handwerksmeister, die für den reibungslosen Ablauf zuständig sind, die Talsperre rund um die Uhr im Blick. Peter Hoffmann ist von Anfang an Teil des Teams. Der Schlossermeister arbeitet seit 1982 an der Talsperre, seit dem Moment, als das Wasser erstmals auf die volle Höhe von 452,5 Metern über Normalnull angestaut wurde.

Verwaltet wird das Wasserreservoir vom Talsperrenverband Nonnweiler. Seit Dezember ist Joachim Meier dessen Vorsteher. Er ist somit der Neue und doch auch wieder nicht. Denn der 66-Jährige, der bis zu seiner Pensionierung im vergangenen Jahr 25 Jahre Chef der Wasser- und Energieversorgung Kreis St. Wendel (WVW) war, beschäftigte sich schon in seiner Promotionsarbeit 1987 mit der Nonnweiler Talsperre. Also ist er jetzt quasi wieder dort, wo einst die Begeisterung für das Element Wasser in ihm geweckt wurde.

Damit das an der Talsperre genau da bleibt, wo es hingehört und sich keine Wege jenseits des Damms bahnen kann, gibt es auf beiden Seiten sogenannte Injektionsstollen. „Sie wurden in den Felsen gebaut und mit Spritzbeton ausgekleidet“, erläutert Peter Hoffmann und deutet auf die Wand im Stollen direkt neben dem Verwaltungsgebäude. Auch der komplette Damm wurde mit Zementdichtungsschleier verpresst. Aus dem dämmrigen Licht im Stollen geht es nochmal hinaus in die Sonne. Beim Blick auf den Stausee, der sein Wasser aus den Flüssen Prims und Altbach erhält, fallen zwei Säulen auf, die knapp über der Oberfläche emporragen. Eine davon mutet wie ein riesiger Trichter an und dient dem Hochwasserschutz. Läuft der Stausee zu voll, fließt das Wasser in die 13 Meter breite Öffnung und stürzt 60 Meter tief in einen Schacht. Über einen 300 Meter langen Stollen und ein Tosbecken gelangt das flüssige Element wieder in die Prims. Joachim Meier deutet auf das zweite Bauwerk. „Das ist der 63 Meter hohe Entnahmeturm.“ Und genau dort geht es nun hin.

Entlang der Herdmauer, so heißt der 720 Meter lange Stollen an der Nahtstelle zwischen Dammbauwerk und Erdreich, der unter dem See verläuft. Neonleuchten erhellen den Gang, der durchaus beeindruckt. Denn es geht ordentlich steil hinab. „Etwa 37 Prozent Gefälle“, sagt Hoffmann. Es ist deutlich kühler als draußen. Um die sechs Grad. Gut, dass die Winterjacke dieser Tage noch Pflicht ist. Unterwegs sind immer wieder Schautafeln und Messeinrichtungen zu sehen. Die Herdmauer ist ein wichtiger Kontrollgang.

Nach ein paar Minuten ist der Entnahmeturm, der 18 Stockwerke in die Höhe ragt, erreicht. Über eine schmale Treppe lässt sich dessen Spitze erklimmen. Vom Turm gehen verschiedene Rohre ab. Jedes steht für eine Aufgabe, die die Talsperre erfüllt. So die Betriebswasserleitung. Sie liefert Kühlwasser an Kraftwerke. Allein sechs Millionen Kubikmeter Wasser pro Jahr fließen über Prims und Blies zum 750 Megawatt Kohlekraftwerk Bexbach. Weitere drei Millionen Kubikmeter stehen für das Kraftwerk Fenne (eine Million) und sonstige zur Verfügung. Auch die Rohwasserleitung ist zu sehen. Sie befördert das flüssige Element in Trinkwasseraufbereitungsanlagen. Die Talsperre versorgt die Verbandsgemeinden Hermeskeil und Birkenfeld (je eine Million Kubikmeter) sowie die Stadtwerke in Idar-Oberstein (2,5 Millionen) mit Trinkwasser. Die beiden letztgenannten erst seit kurzem. Damit springt die Primstalsperre als Trinkwasserversorger für die 1967 erbaute Steinbachtalsperre im rheinland-pfälzischen Katzenloch ein, damit diese saniert werden kann.

Am Fuß des Entnahmeturms ist für ein kurzes Stück auch der Grundablass sichtbar. Er ist mit 1,5 Metern das größte Rohr. Über dieses kann Wasser in die Prims abgegeben werden, beispielsweise bei Niedrigwasser (vier Millionen Kubikmeter stehen dafür zur Verfügung). „Wenn erforderlich können 25 Kubikmeter pro Sekunde abgegeben werden, das sind zwei Millionen Kubikmeter am Tag“, rechnet Meier vor. Nach etwa 14 Tagen wäre die Talsperre dann leer. Im Regelfall fließen aber 200 Liter Wasser pro Sekunde von den Zuflüssen in das Reservoir.

Peter Hoffmann deutet auf mächtige Klappvorrichtungen an den Rohren. Sollte es irgendwo zu einem Fehler kommen oder Wasser austreten, könne diese geschlossen werden. Rohre, Geräte, alles wirkt topmodern. Daten der Messstationen werden per GPS übertragen. Doch ein paar Schritte weiter taucht an der Wand ein vermeintliches Überbleibsel aus vergangenen Tagen auf: ein Grubentelefon. „Das ist noch voll funktionsfähig“, sagt Hoffmann lachend und greift zum Hörer. Auf der anderen Seite der Leitung erreicht er seinen Kollegen in der Leitwarte. „Das ist nur ein Testanruf“, erklärt er.

Statt dem Lauf der Rohre im Grundablass-Stollen zu folgen, geht es auf einen kurzen Abstecher zum anderen Ein- oder Ausstieg der Herdmauer. Und ja, dieser ist noch etwas imposanter. Etwa 300 Stufen führen steil nach oben zur Dammkrone. Da ist der Grundablass-Stollen, ebenfalls ein Kontrollgang, deutlich gemütlicher. Hier und da steht ein unscheinbarer Eimer mit einem ovalen, blaufarbigen Gebilde im Innern. „Das ist der Schwimmer“, erläutert Hoffmann. Sollte Wasser austreten und im Gang fließen, steigt der Schwimmer und es geht eine Meldung in die Leitwarte. Aktuell gebe es in den Stollen Sickerwasser von 0,8 Litern in der Sekunde. „Das ist minimal“, ordnet der Fachmann ein. Der Grundablass-Stollen führt quasi direkt durch den Damm und endet – ebenso wie die drei Leitungen – im Auslaufbauwerk.

Dort herrscht im Gegensatz zu den ruhigen Gängen im Erdreich mehr Lärm. Das liegt an der Francis-Spiral-Turbine, die hier fleißig arbeitet. Denn ehe das Wasser über den Grundablass aus der Talsperre in die Prims fließt, erfüllt es eine weitere Aufgabe. Es erzeugt Strom. Neben der Turbine hier gibt es noch zwei weitere. Zusammen liefern diese Strom für 700 Haushalte und den Eigenbedarf der Talsperre. Peter Hoffmann öffnet die Tür zu einem Nebenraum. Hier sind in einer Ecke eine Reihe riesiger Batterien aufgebaut. „Bei einem Stromausfall überbrücken die Batterien für 30 Sekunden, dann übernimmt das Notstromaggregat“, erklärt der Schlossermeister.

 Blick auf die Talsperre bei Nonnweiler. Die Wasseroberfläche misst einen Quadratkilometer.

Blick auf die Talsperre bei Nonnweiler. Die Wasseroberfläche misst einen Quadratkilometer.

Foto: B&K/Bonenberger/
 Hier geht es hinab in den Herdmauer-Kontrollgang.

Hier geht es hinab in den Herdmauer-Kontrollgang.

Foto: Evelyn Schneider
 Durch das obere Rohr fließt das Rohwasser, darunter ist die Betriebswasserleitung und ganz unten der Grundablass.

Durch das obere Rohr fließt das Rohwasser, darunter ist die Betriebswasserleitung und ganz unten der Grundablass.

Foto: Evelyn Schneider
 Peter Hoffmann greift zum Hörer des Grubentelefons.

Peter Hoffmann greift zum Hörer des Grubentelefons.

Foto: Evelyn Schneider
 Hier geht es 300 Stufen hinauf zur Dammkrone.

Hier geht es 300 Stufen hinauf zur Dammkrone.

Foto: Evelyn Schneider
 Diese Francis-Spiral-Turbine steht im Auslaufbauwerk am Fuß des Damms.

Diese Francis-Spiral-Turbine steht im Auslaufbauwerk am Fuß des Damms.

Foto: Evelyn Schneider
 Joachim Meier ist der neue Vorsteher des Talsperrenverbands Nonnweiler.

Joachim Meier ist der neue Vorsteher des Talsperrenverbands Nonnweiler.

Foto: Evelyn Schneider

Es geht wieder hinaus ins Freie. Gegenüber dem Auslaufbauwerk steht die im vergangenen Frühling eingeweihte Pumpstation, die Wasser zu den Nachbarn in Birkenfeld und Idar-Oberstein befördert. Am Fuß des Staudamms endet somit der Rundgang ins Innere der Talsperre.

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