Ofenmuseum in Reichenbach Auf den Spuren der Henker und Scharfrichter

Reichenbach/Gronig · Betreiber-Paar aus Gronig hat das Ofenmuseum in Reichenbach nach der Corona-Pause wieder geöffnet. Mit zwei Sonderausstellungen.

 Museumsbetreiber Wolfgang Lengler zeigt ein Original Henkerbeil aus dem finsteren Mittelalter.

Museumsbetreiber Wolfgang Lengler zeigt ein Original Henkerbeil aus dem finsteren Mittelalter.

Foto: Gerhard Müller​

Corona hat die gewohnte Öffnung des Ofenmuseums in Reichenbach im benachbarten Landkreis Birkenfeld durchkreuzt. Beginnt die Saison gemeinhin an Ostern, ist es dem Betreiber-Ehepaar Lengler aus Gronig in diesem Jahr erst seit Anfang Juni erlaubt, Besucher einzulassen – unter Einhaltung aller vorgegebenen Hygiene-Regeln. Bis zum Reichenbacher Weihnachtsmarkt (Samstag vor dem ersten Advent) kann das von Maria und Wolfgang Lengler betriebene Museum nun wieder besucht werden. Jeweils sonntags in der Zeit zwischen 10 und 17 Uhr und bei kostenlosem Eintritt.

Die Lenglers haben gleich zwei Sonderausstellungen vorbereitet. Mit vergleichsweise hohem Aufwand, da nach eigenen Angaben äußerst seltene und geschichtsträchtige Exponate gezeigt werden. Darum werden die Sonderausstellungen auch zwei Jahre zu sehen sein.

Sonderausstellung eins greift das düstere Kapitel der 400-jährigen Strafgerichtsbarkeit in grauer Vorzeit auf. Die Folter diente seinerzeit wie selbstverständlich der gerichtlichen Untersuchung während eines Strafprozesses, um Angeklagte zu Geständnissen zu bewegen. Ein tieferer Sinn sei es aber gewesen, im Volk eine Atmosphäre des Schreckens zu verbreiten. Um es folgsam zu halten. In der im Nebenraum des Ofenmuseums aufgebauten Ausstellung sind zahlreiche Folter-Instrumente zu sehen, die verdeutlichen, dass der gesamte Menschen – Kopf bis Fuß – für Folterer interessant war.

Aufgebaut sind Werkzeuge der öffentlichen Demütigung wie Schandmaske oder Schandgeige. Keuschheitsgürtel gibt es zu sehen und als reine Folterwerkzeuge Handquetsche, Mundbirne, Brustreißer, Foltergewichte, Brandeisen und sogenannte Menschenfänger. Exekutionswerkzeuge wie Henkersmaske, Henkersbeil, Henkersglöckchen sind neben einer Henkervorschrift, Edikte und Urkunden ebenfalls in den Glasvitrinen ausgestellt. Auch ist eine ganz seltene und spezielle Vorschrift der unterschiedlichen Peinigungen und Verstümmelungen der Opfer ausgestellt.

Die zweite Sonderausstellung erinnert an die Pest-Pandemien. Vergleiche zu Corona drängen sich auf. Seuchen und Pandemien plagen die Menschheit schon seit Jahrhunderten. Sie brachten schon immer das Leben aus dem Gleichgewicht. Sie kommen von weit her – und sind plötzlich sie so nah, dass jeder davon betroffen ist. Die Pest-Ausstellung bietet unter anderem Einblicke in eine zwölf Seiten lange Verordnung aus dem Jahre 1738 gegen die Pestilence. Demnach wurden strenge Pestausweis-Kontrollen und Befragungen vorgenommen sowie Neben- und Feldwege kontrolliert. Import von „Giftfangenden Waren“ aus Österreich, Ungarn und Siebenbürgen waren strengsten verboten. Ein beispielhaftes Vorgehen vor 282 Jahren belegt ein Schriftstück, in dem festgehalten ist, dass Personen, die sich weigerten, den Anordungen Folge zu leisten, zum Tod durch das Schwert verurteilt wurden.

Zu sehen ist auch ein 300 Jahre altes Pestkreuz, das für viele Menschen ein Symbol der Dankbarkeit war, dass sie und ihre Angehörigen vom Wüten der Pest verschont geblieben waren. Zu diesem Teil der Sonderausstellung gehören Exponate wie der Pestschnabel, Pestausweis, Pestkugel, Pestschellen, Pestglöckchen und zwei Pest-Schutz-Amulette und -Medaillen.

Der große Pestschnabel gehörte neben einem Schutzanzug mit Handschuhen zur Kleidung eines Pestdoktors. Während der Behandlung füllte er den Schnabel mit Duftstoffen – etwa Wachholder, Minze oder Rosenblüten –, da man seinerzeit glaubte, das würde vor der Pest schützen. Die Pestdoktoren lebten meist in Quarantänequartieren und verabreichten ihren Patienten Aderlässe, oder setzten Frösche und Blutegel auf die Beulen, um die Balance der Körpersäfte wieder herzustellen.

 Dekorative Heizgeräte: Ein Blick in die Ausstellung in Reichenbach, die in einer ehemaligen Turnhalle beheimatet ist.

Dekorative Heizgeräte: Ein Blick in die Ausstellung in Reichenbach, die in einer ehemaligen Turnhalle beheimatet ist.

Foto: Melanie Mai
 Mit Waffeleisen und Küchenschiff ist dieser Jugendstil-Herd aus dem Jahr 1895 ausgestattet. Gefertigt wurde er in Mariahütte.

Mit Waffeleisen und Küchenschiff ist dieser Jugendstil-Herd aus dem Jahr 1895 ausgestattet. Gefertigt wurde er in Mariahütte.

Foto: Melanie Mai

Die Museumsbetreiber weisen explizit darauf hin, dass die Ausstellung für Kinder nicht geeignet ist. In der eigentlichen Ausstellungshalle, die um einen unbenutzten Kanonenofen ergänzt wurde, sind nach wie vor etwa 40 antike Öfen aus drei Jahrhunderten und Industriegemälde zu sehen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort