Eine große Fußball-Familie Der Pilgerweg zum Fußballplatz

Bosen · Spieler, Kapitän, Betreuer, Fan: Ohne die Familie Pilger läuft in Sachen Fußball in Bosen kaum etwas – und das schon seit drei Generationen. Angefangen hat alles mit Opa Günter. Auch ein Schlag mit dem Schirm auf den Kopf konnte es nicht verhindern.

 Die Fußballfamilie Pilger aus Bosen: Rüdiger, Opa Günter und Johanna (hinten, von links) sowie Julian und Nico (vorne von links). 

Die Fußballfamilie Pilger aus Bosen: Rüdiger, Opa Günter und Johanna (hinten, von links) sowie Julian und Nico (vorne von links). 

Foto: Frank Faber

Ein Pilger ist eine Person, die einen Wallfahrtsort besucht. Für die Familie Pilger aus Bosen ist das der Sportplatz. Seit einem halben Jahrhundert geht sie dort auf Torejagd.

Die Geschichte beginnt Anfang der 70er-Jahre mit einem Zugewanderten. Günter Pilger beendet in Sötern seine aktive Laufbahn und wechselt zur Alte-Herren-Mannschaft des Nachbarortes Bosen. Ausschlaggebend dafür waren die Hochzeit mit seiner Ehefrau Brigitte und der damit verbundene Umzug. „Fußballerisch hat zwischen Sötern und Bosen eine große Rivalität bestanden“, erinnert sich der heute 80-Jährige noch gut. Bei einer Partie in Bosen hatte er als Rechtsaußen fünf Tore zum Söterner 8:1-Auswärtssieg beigesteuert. Einer Zuschauerin war das zu viel – und sie schlug ihm bei einem Einwurf den Schirm auf den Kopf. Doch das hat Günter Pilger schnell abgehakt. Und nach seinem Umzug lief er dann sogar für den Gegner auf. Denn Harry Scherer, damals Trainer des SC Bosen, braucht die Erfahrung des 32-jährigen Kickers, weil der Verein 1973/74 knietief im Abstiegssumpf der Kreisliga A steckte. „Ich bin gleich Spielführer geworden, habe als Libero gespielt – und wir sind drin geblieben“, erzählt Pilger.

Zwei Jahre später hörte er dann wirklich mit dem aktiven Fußball auf, doch ganz los ließ ihn der Bazillus nicht. Der Vorsitzende Willi Molter holte Pilger 1980 zumindest als Betreuer an den Spielfeldrand zurück. „Das war die schönste Zeit im Fußball“, findet Pilger im Nachhinein.

Kein Wunder: Der SC Bosen eilte in den Folgejahren von Sieg zu Sieg. Unter den Trainern Andreas Klein, heute Gemmel, und Helmut Wittig feierte der Verein vier Meisterschaften und den Aufstieg von der Kreisliga bis in die Verbandsliga Saar. „Höher geht’s im Saarland nicht“, stellt Pilger stolz fest.

Auf dem Spielfeld wirbelte mittlerweile sein Sohn Rüdiger im linken Mittelfeld. „Egal was war, der Papa hat als Betreuer hinter den Spielern gestanden. Er hat nicht nur die Trikots in den Koffer gepackt, sondern er war ein Teil unserer Mannschaft“, berichtet Pilger junior.

1992 klopfte Ex-Oberligist SC Birkenfeld bei ihm an, doch er kickte weiter bei seinem Heimatverein, aus dem mit 1100 Einwohnern kleinsten Ort in der gesamten Spielklasse. „Wir haben gute Spieler dazu bekommen“, begründet er seinen Verbleib. So hatten sich unter anderem die bekannten Oberliga-Größen Gerald Klein und Eckhard Schüßler aus Birkenfeld sowie der Bliesener Michael Morsch dem Verbandsligisten angeschlossen.

Günter Pilger beendete 2001 nach 21 Jahren seine Betreuertätigkeit. Rüdiger Pilger kickte noch bis zum 45. Lebensjahr, spielte dabei noch ein Jahr mit seinem ältesten Sohnemann Julian (28) zusammen. Ab dann übernahm die dritte Generation der Pilgers das Geschehen auf dem Platz. Papa Rüdiger trainierte zudem die Jugendmannschaft und lenkte im Vorstand den Spielbetrieb. Er war auch in die Fusionsgespräche zwischen den Vorständen des SC und dem Nachbarverein FV Gonnesweiler involviert. Seit 2006 geht die SG Bostalsee an den Start.

Und wie der Opa und der Vater so der Sohn: 2015 holte Julian Pilger mit der SG die Meisterschaft in der Bezirksliga – und nur zwei Jahre später den Titel in der Landesliga. „Im Verein legen wir großen Wert auf ein familiäres Umfeld – und das ist bei uns schon überragend“, sagt der Mittelfeld-Akteur zum Erfolgsrezept, an dem sich seit Jahrzehnten nichts geändert hat. Zusätzlich sitzt er noch im Spielausschuss des Bostalklubs.

Sein 20-jähriger Bruder Nico ist durch einen Kreuzbandriss gestoppt geworden. „Über die zweite Mannschaft will ich aber wieder an den Anschluss schaffen“, möchte der Außenverteidiger neben seiner Ausbildung Schritt für Schritt wieder ins Geschehen eingreifen. Wenn die beiden Brüder für die SG am Ball sind, dann fiebert auch ihre Schwester Johanna (23) am Spielfeldrand mit. „Ein Spiel in Bosen ohne Johanna gibt es nicht, sie schaut sich auch das Training an“, sagt Opa Günter lachend. Überhaupt brennt die Familie Pilger auf den Tag hin, wenn sie nach der – ihr als Ewigkeit vorkommenden – Spielpause im Lockdown endlich den Sportplatz betreten kann. Dann findet in Bosen wieder die Pilgerwanderung zum Wallfahrtsort statt.

 Mannschaftsfoto des SC Bosen mit dem Spieler Rüdiger Pilger (vorne, Dritter von rechts) und Betreuer Günter Pilger (mittlere Reihe, Zweiter von rechts). 

Mannschaftsfoto des SC Bosen mit dem Spieler Rüdiger Pilger (vorne, Dritter von rechts) und Betreuer Günter Pilger (mittlere Reihe, Zweiter von rechts). 

Foto: Frank Faber
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort