Schicksal der jüdischen Gemeinde

Marpingen. "Unsere vergessenen Nachbarn" lautet der Titel eines Buches, das Eva Tigmann und Michael Landau geschrieben haben und das vor zwei Jahren herausgekommen ist. Es beschreibt in erster Linie Leben und Schicksal der Synagogengemeinden in der Gemeinde Nohfelden

Marpingen. "Unsere vergessenen Nachbarn" lautet der Titel eines Buches, das Eva Tigmann und Michael Landau geschrieben haben und das vor zwei Jahren herausgekommen ist. Es beschreibt in erster Linie Leben und Schicksal der Synagogengemeinden in der Gemeinde Nohfelden. Sind es tatsächlich vergessene Nachbarn, die aus dem Gedächtnis der Menschen von heute verschwunden sind? Natürlich hat die jüngere Generation das Leben der Juden auf dem Land nicht miterlebt. Die ältere aber schon. Und sie ist es, die die Erinnerung bewahren und dafür sorgen kann, dass sie nicht zu vergessenen Nachbarn werden, solange sie selbst leben.Allen Nachfahren aber und denen, die das Schicksal der Juden nie miterlebt haben, ist das Buch gewidmet, aus dem die Autoren beim Marpinger Mühlengespräch einige Abschnitte vortrugen. Eingeladen dazu hatte der Verein "Wider das Vergessen und gegen Rassismus". Dessen Vorsitzender Eberhard Wagner appellierte zu Beginn an die Anwesenden, die Zeit der Juden und alles Lied, das ihnen widerfahren ist, im Gedächtnis zu behalten. Dass in dem Buch 20 Jahre Arbeit stecken, ist an seinem umfassenden Inhalt zu erkennen, obwohl, so Eva Tigmann, noch viele Geschehnisse im Dunkeln liegen.

Kultbäder in Sötern und Bosen

Hauptthema des Abends war das Zentrum des jüdischen Lebens im damaligen Amt Nohfelden. Die älteste jüdische Gemeinde existierte ab dem 17. Jahrhundert in Sötern. 1849 lebten dort 225 Juden, zur gleichen Zeit in Bosen 112 und 31 in Gonnesweiler. Schon frühzeitig machte sich in diesem Gebiet der Antijudaismus bemerkbar, denn 1799 überfielen Räuber der Schinderhannes-Bande einen Söterner Kaufmann. Die Autorin erzählte von der 1817 erbauten Söterner Synagoge und von dem gegen Ende des 17. Jahrhunderts dort entstandenen Friedhof, auf dem noch heute 260 Grabstätten zu sehen sind. Sie hat zusammen mit Michael Landau in dem Buch festgehalten, dass die Bosener Juden 1769 ein Privathaus gekauft und darin eine Synagoge eingerichtet haben. Nachdem das Gebäude 1881 abgerissen worden war, errichteten sie an gleicher Stelle einen Neubau. So genannte Mikwen - jüdische Kultbäder - existierten in Sötern, Bosen und Gonnesweiler. In Sötern befand sich das Bad anfangs vermutlich unter der Synagoge und ist später als eigenes Haus neu gebaut worden. 2005 ist es abgetragen worden. Noch heute sind die Steine vorhanden, weil, so Eva Tigmann, "die Mikwe vielleicht doch irgendwann als Denkmal wieder aufgebaut wird". Das Gebäude, in dem sich in Bosen das jüdische Bad befand, steht bis heute.

Dagegen ist das Gonnesweiler Bad, das wahrscheinlich am Bosbach stand, verschwunden. Allerdings gibt es in Gonnesweiler noch einen jüdischen Friedhof mit 21 Grabstätten. Dass die Juden vielfach Viehhändler, Kleinhändler oder Krämer waren und oft Haustürgeschäfte abwickelten, war ein weiteres interessantes Kapitel.

Nach Informationen über das jüdische Schulwesen kam die Referentin auch auf die unselige Zeit der Ausgrenzung, der Deportation und der Vernichtung der Juden zu sprechen. Nur 91 Menschen aus diesem Gebiet überlebten, weil sie rechtzeitig auswanderten. Michael Landau flocht zwischen die Texte von Eva Tigmann Beispiele von Briefen und Postkarten, die jüdische Bürger aus Arbeitslagern geschrieben haben.

Fragen an die Autoren

Zum Beispiel von Ludwig Hirsch am 3. November 1942 aus dem Arbeitslager in Augustowka an Hedwig Meyer in Luxemburg: "Heute sind wir bereits vier Wochen von zuhause fort. Drei Wochen, dass ich von lieber Flora und Remo weg bin. Ich darf gar nicht daran denken, und doch muss man den Kopf hochhalten." Nach dem Vortrag konnten die Besucher Fragen an die Autoren richten.

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