Sechs Jahre war Ruhe – bis gestern

Saarwellingen/Nalbach · Gestern um 15.14 Uhr: Rund um Saarwellingen schrecken Menschen auf. Die Erde schüttelt sie wie früher, als noch Kohle abgebaut wurde. Und wie früher gibt es Streit um die Ursache. War Spannung im Gebirge oder die Flutung des Bergwerks schuld?

 Rund um das stillgelegte Bergwerk Saar (hier der Nordschacht Falscheid) war das Beben zu spüren. Foto: R. Ruppenthal

Rund um das stillgelegte Bergwerk Saar (hier der Nordschacht Falscheid) war das Beben zu spüren. Foto: R. Ruppenthal

Foto: R. Ruppenthal

In Saarwellingen-Reisbach und Nalbach hat gestern Nachmittag die Erde gebebt. Zu spüren waren die Erschütterungen über den Lebacher Hoxberg bis nach Ensdorf. Von Verletzten oder Schäden wurde zunächst nichts bekannt. Der Sprecher der Ruhrkohle AG (RAG) an der Saar, Karlheinz Pohmer, bestätigte die Erschütterungen mit bis zu 7,5 Millimetern Schwinggeschwindigkeit und einer Stärke von 2,7 auf der Richterskala. Das Beben sei vom letzten Abbaugebiet in der Primsmulde ausgegangen und von elf Seismographen angezeigt worden. Der Ursprung liege in 1400 bis 1500 Metern Tiefe.

Vermutlich, sagte Pohmer, hätten sich Spannungen gelöst, die noch im Gestein steckten. "Da gibt es eine Restspannung aus der großen Erschütterung von 2008." Die sei bekannt, und solche Entladungen könne es immer wieder geben. "Aber niemand muss jetzt Angst vor einer Serie haben." Einen ursächlichen Zusammenhang mit der begonnenen Flutung der Grubenschächte in der Primsmulde gebe es nicht, unterstrich Pohmer.

Das sehen die Bergbaubetroffenen anders. Für einen ihrer Sprecher, den heutigen Bürgermeister von Nalbach, Peter Lehnert , steht fest, dass das gestrige Beben "erst der Anfang" war. Ursache sei die Teilflutung, die "ohne Rahmenbetriebsplan, ohne wissenschaftliche Untersuchung, nur mit einem Sonderbetriebsplan" gestartet worden sei. "Die lassen die Primsmulde volllaufen, und wir sind die Versuchskaninchen." Erst am vergangenen Freitag habe sich der Nalbacher Gemeinderat vom Bergbau-Experten Christian Klose nochmals über mögliche Folgen der Grubenflutung unterrichten lassen. "Und prompt passiert was." Die Flutung müsse sofort gestoppt werden, forderte Lehnert. Manfred Reiter, Sprecher des Landesverbandes der Bergbaubetroffenen, kritisierte, der Begriff "Rest-Spannung" solle beruhigen. Tatsächlich aber gebe es Spannungen im Gebirge als Folge des Bergbaus, die sich entlüden, nicht bloß einen "Rest".

Für heute um 18 Uhr kündigte der Landesverband der Initiativen der Bergbaubetroffenen (IGAB) gestern spontan eine Demonstration auf dem Schlossplatz in Saarwellingen an.

Grünen-Landeschef Hubert Ulrich forderte von der Landesregierung Aufklärung. Insbesondere müssten die Bürger über mögliche "interne Absprachen zwischen der Landesregierung und der RAG" über die Flutungen informiert werden.

Der Kohle-Bergbau an der Saar war im Juni 2012 komplett eingestellt worden. Regulär gefördert wurde seit dem schweren Beben im Februar 2008 nicht mehr. Dieses Beben richtete große Schäden vor allem in den Gemeinden Saarwellingen und Nalbach an. Es erreichte eine Stärke von 4,5 auf der Richterskala und eine Schwinggeschwindigkeit von 93,5 Millimetern/Sekunde.

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