Walter H. durfte observiert werden

Saarlouis. Die saarländische Polizei durfte zwischen Mai 2010 und September 2011 den als gemeingefährlich eingestuften Gewalttäter Walter H. (62) rund um die Uhr überwachen. Das hat gestern das Verwaltungsgericht in Saarlouis entschieden. Die Richter wiesen damit die Klage von H

Saarlouis. Die saarländische Polizei durfte zwischen Mai 2010 und September 2011 den als gemeingefährlich eingestuften Gewalttäter Walter H. (62) rund um die Uhr überwachen. Das hat gestern das Verwaltungsgericht in Saarlouis entschieden. Die Richter wiesen damit die Klage von H., der seit September 2011 in Zwangstherapie in der forensischen Psychiatrie sitzt, gegen seine frühere Dauerobservierung ab.Bei der bislang in der Geschichte des Saarlandes beispiellosen Maßnahme waren tagtäglich mehrere Beamte ständig in der Nähe des wegen schwerer Gewalttaten mit sexuellem Bezug vorbestraften H. Sie begleiteten ihn zum Einkauf oder zum Besuch bei Bekannten, wo sie vor der Tür warteten. Das Saarbrücker Innenministerium hatte diese Observierung angeordnet, nachdem Walter H. im Mai 2010 überraschend auf freien Fuß gesetzt worden war.

Der Grund für die Freilassung war eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte in Straßburg. Sie machte es unmöglich, H. wie ursprünglich geplant zum Schutz der Allgemeinheit in unbefristete Sicherungsverwahrung zu sperren. Polizei und Justiz stuften den unter anderem wegen Mordes vorbestraften H. aber weiterhin als gefährlich ein und befürchteten, dass er in Freiheit erneut schwerste Straftaten verüben werde. Also musste die Polizei ihn überwachen.

Das Ganze dauerte bis September 2011. Dann wurde H. auf Grundlage des neuen Therapieunterbringungsgesetzes (ThUG) in Zwangstherapie gesperrt. Ob das Gesetz in seiner aktuellen Fassung aber für Walter H. gilt, ist umstritten. Eine Initiative des Saarlandes zur Klarstellung des Bundesgesetzes ist zwar auf dem Weg. Wann sie wirksam wird, ist aber offen. Es könnte deshalb sein, dass H. demnächst aus der Zwangstherapie entlassen werden muss. Dann soll er wieder von der Polizei überwacht werden.

Nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts dürften dabei strenge Vorgaben zu beachten sein: Es muss sich um eine zeitlich befristete Überwachung handeln, die nach erneuter Überprüfung verlängert werden kann. Und idealerweise sollte sie nur von einem Gericht, nicht von einer Behörde, angeordnet werden dürfen. In anderen Bundesländern ist dies bereits so geregelt. Im Saarland ist eine entsprechende Gesetzesänderung auf dem Weg.

Meinung

Einsperren oder Überwachen?

Von SZ-RedakteurWolfgang Ihl

Seit zweieinhalb Jahren wird in Politik, Justiz und Medien diskutiert, wie man mit dem als gefährlich eingestuften Gewalttäter Walter H. umgehen soll. Gehört er zum Schutz der Allgemeinheit in Sicherungsverwahrung? Oder in Zwangstherapie? Oder soll er von der Polizei rund um die Uhr überwacht werden? Und was ist mit seinen Grundrechten? Keiner wusste es so genau. Auch deshalb nicht, weil klare Gesetze fehlten. Jetzt sind sie in Bund und Land immerhin auf dem Weg. Danach könnte H. - so lange er als gefährlich eingestuft wird - entweder eingesperrt oder observiert werden. Gut so. Das ist ein vernünftiger Kompromiss.

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