Tag und Nacht bereit

Saarlouis. Ein gerahmtes Foto im Büro des Abschleppdienstes Dzakovic zeigt einen roten Ferrari mit Totalschaden. "Frau am Steuer", kommentiert Michael Dzakovic trocken, "ist von der Straße abgekommen und unter der Leitplanke durch." Um 22 Uhr wartet er in Saarlouis auf Aufträge

Saarlouis. Ein gerahmtes Foto im Büro des Abschleppdienstes Dzakovic zeigt einen roten Ferrari mit Totalschaden. "Frau am Steuer", kommentiert Michael Dzakovic trocken, "ist von der Straße abgekommen und unter der Leitplanke durch." Um 22 Uhr wartet er in Saarlouis auf Aufträge. Im Raum erinnern viele Bilder an frühere Einsätze, zu jedem hat Dzakovic eine Geschichte parat.Seit 1980 hilft die Dzakovic GmbH aus fast allen Notlagen. Der 27-Jährige ist 2002 in den Betrieb seines Vaters eingestiegen. Meist sind es Pannen, zu denen er gerufen wird. Ob er 14,5 Tonnen Käse aus einem verbrannten Lastwagen laden, eine verlorene Betontrommel von der Autobahn aufsammeln oder Wagen aus der Böschung ziehen muss - Dzakovic ist mit Begeisterung am Werk. "Kein Einsatz ist wie der andere, jeder eine neue Herausforderung." Fahrer sind betrunken, unachtsam, haben Sex oder schlafen am Steuer - "alles schon erlebt", sagt Dzakovic."Zu Supermärkten werde ich ein paar Mal die Woche gerufen, wenn eine Mutter mal wieder Kind und Einkaufstasche samt Autoschlüssel in den Wagen gepackt und sich selbst ausgesperrt hat." Auch an diesem Tag hat Dzakovic bereits aus mehreren Pannen geholfen, hat Starthilfe gegeben, zurück ins Auto geholfen, Luft in platte Reifen gepumpt.Um die 2100 Einsätze hat er im Jahr, "darunter kaum Unfälle", sagt Dzakovic. Die gingen dank gründlicher Kontrollen der Polizei stark zurück. Aufträge geben etwa Automobilclubs und Versicherungen. Innerhalb von 30 Minuten ist der selbst ernannte Abschleppminister mit einem seiner 15 Fahrzeuge vor Ort, wo er meist erst einmal jemanden beruhigen muss. Gerade Kinder seien oft aufgewühlt. "Deshalb habe ich stets kleine Spielzeug-Abschleppwagen dabei. Die wirken Wunder!"Um 22.43 Uhr ruft ein Fax zur B 269: "Motor während der Fahrt ausgegangen", liest Dzakovic, bevor er in die Warnweste schlüpft und zum Autoschlüssel greift - 365 Tage im Jahr ist er 24 Stunden einsatzbereit. Zwischen Lisdorf und Häsfeld wird er von einer jungen Frau erwartet. Ihr Auto parkt am Straßenrand. "Sicher der Kraftstofffilter verstopft", lautet Dzakovics vorläufige Diagnose. "Ich nehme den Wagen mit und sehe ihn mir morgen mal an." Dzakovic lächelt. Aber das Leuchten in seinen Augen ist keine Schadenfreude. "Ich liebe meine Arbeit - ich kann Leuten helfen und erlebe etwas."Die junge Frau setzt er an einer Tankstelle ab. "Ich glaube nicht, dass die Nacht noch was kommt, aber falls doch, bin ich da", sagt Dzakovic und fährt mit einer Geschichte mehr in Erinnerung nach Hause.

HintergrundArbeit ist ein Räderwerk, das niemals still steht. Rund um die Uhr wird irgendwo gearbeitet. Viele Tätigkeiten greifen ineinander, um unser tägliches Leben am Laufen zu halten.Die SZ geht vor Ort zu den Menschen, die Tag und Nacht arbeiten. So entsteht ein Mosaik der Berufswelt in unserer Region rund um die Uhr. Und im Stundentakt: SZ-Journalisten besuchen Männer und Frauen für je eine Stunde an ihren Arbeitsplätzen und berichten darüber. red

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