Hightech-Verfahren stopft Löcher im Rohr

Spiesen-Elversberg/St. Wendel. Hahn auf, Wasser läuft. Über dieses alltägliche Ritual macht sich wohl kaum jemand Gedanken. Dabei hat das Wasser in unseren Leitungen einen interessanten Weg hinter sich. Es kommt nämlich aus dem Wasserwerk Würzbachtal in Niederwürzbach. Zumindest normalerweise. Denn zurzeit wird der Landkreis St. Wendel von anderen Wasserwerken versorgt

 In Elversberg in der Grubenstraße unter der Großenbruchtalbrücke muss ein altes Wasserrohr mit einem Inline-Schlauch auf einer Länge von 300 Metern saniert werden. Foto: Willi Hiegel

In Elversberg in der Grubenstraße unter der Großenbruchtalbrücke muss ein altes Wasserrohr mit einem Inline-Schlauch auf einer Länge von 300 Metern saniert werden. Foto: Willi Hiegel

Spiesen-Elversberg/St. Wendel. Hahn auf, Wasser läuft. Über dieses alltägliche Ritual macht sich wohl kaum jemand Gedanken. Dabei hat das Wasser in unseren Leitungen einen interessanten Weg hinter sich. Es kommt nämlich aus dem Wasserwerk Würzbachtal in Niederwürzbach. Zumindest normalerweise. Denn zurzeit wird der Landkreis St. Wendel von anderen Wasserwerken versorgt. Freisen zum Beispiel bekommt sein Wasser noch bis Mitte August vom Wasserwerk Birkenfeld, und Nohfelden wird mit Mischwasser aus den Werken Spiesen, Homburg und Winterbach versorgt.Grund für diese Änderungen sind Sanierungsarbeiten an den zirka 70 Jahren alten Transportleitungen (wir berichteten). Der Auftraggeber für dieses Bauprojekt ist die TNA (Talsperren- und Grundwasser-Aufbereitungs- und Vertriebsgesellschaft). Diese setzt sich aus vier Gesellschaftern zusammen: Energis, SWS (Stadtwerke Saarbrücken), WVO (Wasserversorgung Ostsaar) und WVW (Wasser- und Energieversorgung Kreis St. Wendel).

Die TNA betreibt das Wasserwerk Würzbachtal. Von da aus fließt das Trinkwasser über eine Strecke von 14,5 Kilometern bis in die Hochbehälter in Bildstock, weiter in den Hochbehälter Stennweiler, und schließlich kommt es beim Wasserwerk in Oberlinxweiler an. "Von hier aus verteilt die WVW das Wasser im gesamten Kreis und im Bedarfsfall bis nach Birkenfeld", erklärt Günter Schnur, technischer Leiter bei der WVW.

Kommt es zu einem Wasserengpass, wird mit dem Wasserwerk Birkenfeld und mit der Gemeinde Nonnweiler, die über eine eigene Wasserversorgung verfügt, zusammengearbeitet. "Man hilft sich bei der Wasserversorgung gegenseitig. Das klappt prima", sagt WVW-Geschäftsführer Joachim Meier. Auch aktuell greift diese Zusammenarbeit.

Neue Rohre sind zu teuer

Die Strecke, auf der die Rohre saniert werden müssen, ist zirka 820 Meter lang. Das hört sich zunächst nicht viel an, doch mussten bei der Planung der Arbeiten einige Besonderheiten beachtet werden. Denn die Rohre verlaufen zum Teil entlang der A 8 bei Spiesen und zum Teil in Spiesen selbst. Als die Wasserleitung von Niederwürzbach bis Bildstock 1937 gebaut wurde, gab es weder die Autobahn, noch war der Teil Spiesens zwischen der Adolf-Kolping-Straße und dem Neubaugebiet "In der Dreispitz" bebaut. Heute haben die Fachleute das Problem, dass sie nur schlecht an die Rohre herankommen. Deshalb kam die Verlegung von neuen Rohren in diesem Fall nicht in Frage. Es wäre auch zu teuer gewesen.

Die Lösung, um die teils von Korrosion betroffenen Rohre zu sanieren, heißt Inliner-Verfahren. Dazu wird zunächst ein ferngesteuertes Miniauto mit einer integrierten Kamera durch die Rohre geschickt. So erkennen die Fachleute den Zustand. In einem zweiten Schritt wird mit Dampfstrahlern das Rohr innen gereinigt. Nach einer zweiten Kontrolle durch die Kamera kann das Inliner-Verfahren beginnen.

Ein Schlauch, innen mit einer gesundheitlich unbedenklichen Kunststoffschicht überzogen, wird in die Rohre eingezogen und festgeklebt. "Man muss sich das vorstellen wie ein Strumpf, der links ist", erklärt Schnur. Der Schlauch ist mit der Innenfläche nach oben auf einer Trommel aufgerollt und wird schließlich am Rohr befestigt. Durch Luftdruck wird der Schlauch umgekrempelt, und der mit Harzkleber bestrichene Schlauchteil kommt nach außen und zieht sich durchs Rohr. "Dieses Verfahren hat den großen Vorteil, dass nicht die komplette Oberfläche aufgerissen werden muss, sondern nur ein kleiner Teil am Anfang und am Ende des Rohres", so Meier.

Die Kosten für die Sanierung der Rohre über eine Strecke von 820 Metern kostet knapp eine halbe Million Euro. "Das ist auf den ersten Blick viel Geld", sagt Schnur. "Doch ist es im Vergleich zum Neubau günstiger." Vor allem in diesem speziellen Fall. Hätte das Problemstück der Wasserleitung unter einer Wiesenfläche gelegen, wäre sicher der Einbau neuer Rohre günstiger gewesen.

Schlauch hält 30 bis 50 Jahre

"Die Inliner-Schläuche sind 30 bis 50 Jahre haltbar - wie neue Rohre auch", sagt Dieter Wolter, Abteilungsleiter Wassergewinnung bei der WVW. Bisher läuft die Sanierung im zeitlichen Rahmen. Allerdings sind die Pläne vom Rohrverlauf, die den Fachleuten zur Verfügung stehen, teilweise ungenau. "Wir haben schon einen Bogen entfernt, der vorher nicht bekannt war", sagt Projektingenieur Arno Naumann. Jeder Bogen in der Leitung macht das Einziehen der Inliner-Schläuche schwieriger.

Hintergrund

Das Inliner-Verfahren, mit dem in Spiesen die Wasserrohre saniert werden, kommt ursprünglich aus Japan und wird bei Gasleitungen eingesetzt. In Japan wurden - ähnlich wie bei uns - Gussleitungen verlegt. Bei Bewegungen (man denke an ein Erdbeben) wurden die Muffen (Verbindungsstück zweier Rohre) undicht und Gas konnte ausströmen. Mit dem Inliner-System werden die Leitungen von innen abgedichtet und selbst bei Bewegung tritt kein Gas mehr aus. In der Folge wurde das Inliner-Verfahren zunächst auf den Abwasserbereich übertragen und schließlich auch auf die Wasserversorgung.

Über eine Strecke von 820 Metern muss die Wasserleitung bei Spiesen saniert werden. Die Kosten belaufen sich auf zirka 490 000 Euro. evy

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