Beleghebammen in Sorge um Zukunft

Saarbrücken · Die Hebammen fürchten, dass einige von ihnen wegen einer Änderung der Gebühren ihren Beruf aufgeben müssen. Die Kassen widersprechen.

Zwischen den Hebammen und Krankenkassen gibt es heftigen Streit: Die einen warnen vor "massiven Kreißsaalschließungen", die anderen behaupten, die Qualität der Arbeit werde sogar verbessert. Worum geht es? Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) will die Vergütung für Beleghebammen ändern. Diese freiberuflichen Hebammen, die Geburten in Kliniken betreuen, sollen 20 bis 30 Prozent mehr Honorar erhalten.

Was zunächst gut klingt, sorgt für heftige Proteste des Deutschen Hebammenverbands (DHV) und auch des Saarländischen Hebammenverbandes (SHV). Sie fürchten Einschränkungen durch das neue Vergütungssystem, die - so die Sorge - die Einnahmen der Geburtshelferinnen beschneiden und die Betreuung Schwangerer verschlechtern werden. "Die Versorgung der Gebärenden in Kliniken ist in Gefahr", warnt die Präsidentin des DHV, Martina Klenk. Die SHV-Vorsitzende Anne Wiesen fürchtet, dass eine sinnvolle Arbeitsorganisation nicht mehr möglich sein wird.

Bisher erhält eine Hebamme für die Beleggeburt (bis zu acht Stunden) im Schichtdienst tagsüber 271,91 Euro. Nach dem GKV-Plan soll sie künftig für eine Geburt, die bis zu sechs Stunden dauert, 331 Euro erhalten. Eine Beleghebamme, die mit der Schwangeren in die Klinik geht und sie während der Geburt exklusiv betreut, soll statt 271,94 Euro künftig sogar 367,20 Euro erhalten. "Wie der Deutsche Hebammenverband dieses Angebot als massiven finanziellen Einschnitt auslegen kann, ist nicht nachzuvollziehen", sagt GKV-Sprecherin Ann Marini.

Konkret stößt sich der Hebammenverband an dem Plan der GKV, dass Beleghebammen im Schichtsystem in einer Klinik zukünftig nur noch zwei Frauen gleichzeitig betreuen dürfen. Schwangere, die als dritte Patientin zu einer Beleghebamme kommen, sollen entweder weggeschickt werden oder selbst bezahlen. "Selbst eine kurze telefonische Beratung oder die Überwachung der Monitore bekommen wir dann nicht mehr bezahlt", sagt Anne Wiesen. Durch den Wegfall dieser zusätzlichen Leistungen würden die Hebammen unterm Strich weniger verdienen. Dass eine Kollegin eine werdende Mutter abweist, kann sie sich nur schwer vorstellen. "Das wäre doch unterlassene Hilfeleistung." Sie fürchtet, dass von den derzeit 60 Beleghebammen im Saarland einige ihren Job aufgeben könnten, sollte sich der GKV-Spitzenverband durchsetzen. Dass von den acht Entbindungsstationen im Saarland weitere schließen, glaubt sie aktuell nicht. "Es geht ja kaum noch geringer. 1990 gab es im Saarland noch 20 geburtshilfliche Abteilungen. Jetzt sind es zwölf weniger", sagt Wiesen.

Dabei sei das Saarland von der geplanten Änderung besonders betroffen. "Begleiten im Bundesdurchschnitt Beleghebammen rund 20 Prozent aller Geburten, sind es im Saarland fast 45 Prozent", sagt die SHV-Vorsitzende. Und das bei steigenden Geburtenzahlen: Kamen 2015 im Saarland 8067 Kinder zur Welt, waren es 2016 bereits 8903. An drei von acht Kliniken mit Geburtshilfe arbeiteten ausschließlich Beleghebammen, die anderen setzten auf ein Mischsystem aus angestellten und freiberuflichen Geburtshelferinnen. Dass die Kliniken mehr Hebammen anstellen, falls die freiberuflichen aufhören sollten, glaubt die Vorsitzende nicht. "Das können sich gerade kleinere Häuser nicht leisten."

Noch sei das Saarland bei der Anzahl der Hebammen relativ gut aufgestellt. Dies liege nicht zuletzt an den beiden Hebammenschulen im Land. Doch ab 2020 soll die Ausbildung in einen Bachelor-Studiengang überführt werden. "Wir fordern, dass auch im Saarland ein entsprechender Studiengang eingerichtet wird. Gehen die jungen Frauen zum Studium in ein anderes Bundesland, werden die wenigsten ins Saarland zurückkehren", sagt Wiesen.

Die Gespräche zwischen dem GKV-Spitzenverband und dem Hebammenverband stocken. Der Fall liegt jetzt bei der Schiedsstelle, die voraussichtlich Mitte Mai entscheiden wird.

Zum Thema:

Beleghebammen sind freiberuflich tätige Hebammen, die ihre Leistung in Kliniken anbieten. In Deutschland gibt es laut DHV 1838 von ihnen, rund 60 im Saarland. Sie betreuen rund 20 Prozent der Geburten - im Saarland sogar fast 45 Prozent.

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