Schlagfertige Professoren Lehrreich und witzig: der Science Slam auf dem Schiff

Saarbrücken · Auf der MS Wissenschaft stellen Wissenschaftler der Universität des Saarlandes ihre Forschung in ungewöhnlicher Form vor und ernten viel Beifall.

Wissenschaftler der Saar-Uni trugen ihre Forschungsergebnisse beim Science Slam auf der Saar lehrreich und witzig vor.

Foto: David Lemm

„Hier wird richtig eingeheizt“, freut sich Besucher Peter Arnold. „Ich glaube, ihr versteht eure Aufgabe“, lobt Moderatorin Carrie Ankerstein die 90 klatschenden Besucher. Sie haben es sich auf dem Deck der MS Wissenschaft auf den Stühlen bequem gemacht und geben ein paar Kostproben Applaus. Im offiziellen Wissenschaftsjahr 2022 hat das gut 100 Meter lange Ausstellungsschiff unterhalb der Congresshalle seinen Anker geworfen, um im Auftrag des Ministeriums für Bildung und Forschung Bürgern wissenschaftliche Erkenntnisse praktisch zu vermitteln.

Doch am Samstagabend übernimmt die Universität des Saarlandes das Ruder. Drei Wissenschaftlerinnen und drei Wissenschaftler sind der Einladung von UdS-Mitarbeiterin Theresa Kürth (Marketing und Kommunikation) gefolgt. Beim Science Slam treten sie als so genannte Slammer gegeneinander an – jeweils eine beziehungsweise einer aus jeder Fakultät der UdS. „Seit 2010 gibt es jährlich diese wissenschaftlichen Wettstreite. Die teilnehmenden Wissenschaftler haben jeweils zehn Minuten Zeit, ihre Forschung unterhaltsam und witzig vorzustellen. Ihr entscheidet euch dann per Applaus für einen Gewinner. Wir probieren das am besten gleich mal aus“, erklärt die an der UdS forschende und lehrende Linguistin Ankerstein (Fak P: Anglistik). „Ich slamme als Opferlamm, also außer Konkurrenz, weil ihr noch zu höflich und zu nüchtern seid“, sagt sie witzelnd, bevor die gebürtige Amerikanerin psycholinguistische Fallstricke deutsch-amerikanischer Sprachaneignung unter die Lupe nimmt.

Dann wird es ernst. „Wer von euch hat schon einmal Alexa beleidigt?“, möchte Stefan Morana vom Publikum wissen. Ein paar Arme gehen hoch. Das überrascht den Juniorprofessor (Fak. HW: Wirtschaftswissenschaft) mitnichten. Denn – so seine evidenzbasierte These – Menschen reagieren auf Computer beziehungsweise Chatbots (textbasierte Dialogsystems) sozial. Wenn beispielsweise (vermutlich überwiegend männliche) Nutzer beim Recherchieren von Stromtarifen mit dem weiblich maskierten Chatbot von Yellow in Interaktion treten, bleibt es nicht aus, dass die Nutzer schnell die Tarife vergessen und stattdessen flirten. „Hat‘s dir gefallen?, fragt der Chatbot. Denn wenn Nutzer zehn Sekunden mit dem Chatbot geflirtet und zum Beispiel gefragt haben, ob sie ihr T-Shirt hochzieht, dann macht sie das tatsächlich, wobei es dann nur Pixel zu sehen gibt“, weiß Morana zur allgemeinen Erheiterung zu berichten.

Für Erheiterung sorgt ebenfalls der d-zugschnell vorgetragene Slam von Eva Möhler (Fak. M: Medizin), der späteren Gewinnerin, über ein an sich nicht so erheiterndes Thema: Early Life Stress. Möhler macht anhand von Studien den frühkindlichen Stress als eine gewichtige Ursache für ADHS aus. „Mit Ritalin wird die Welt wieder schön, vor allem für die Eltern“, kommentiert sie bissig die inflationäre Verschreibung von Medikinet und Methylphenidat. Man sei besser beraten, sich mit den Ursachen auseinanderzusetzen und die Stressresilienz der Betroffenen zu fördern, wie es bereits im Saarland passiere, so ihr Credo.

Um Medikamente geht es auch im weniger witzigen, aber umso lehrreicheren Vortrag von Fatima Marok (Fak. NT: Pharmazie). Sie zeigt den Zusammenhang von Medikamenteneinnahmen und Biorhythmen auf – in der Krebstherapie entscheidet das zu eruierende therapeutische Fenster über Leben und Tod. Ebenfalls gesellschaftlich relevant: Compliance (Verstöße) im öffentlichen Kulturunternehmen. Klingt sperrig, ist es aber nicht, wie Matthias Thielen (Fak. R: Rechtswissenschaft) nach einem kräftigen Schluck aus dem Stubbi zu berichten weiß. Er wolle mit seiner Forschung einen Beitrag gegen Sexismus und Rassismus leisten. „No fun, just Maths“, verkündet Moritz Weber (Fak. MI: Mathematik) und lässt mit jovialer Lässigkeit den Mathe-Nerd raushängen.

Seine Grundlagenforschung zu Quantensymmetrien haben es in sich. „Das hat vielleicht zwei oder drei Leuten hier Spaß gemacht“, schätzt er. Zu unrecht, denn am Ende bekommt er sehr viel Applaus und muss sich nur knapp Eva Möhler geschlagen geben. „Ich finde es toll, dass die Uni so etwas macht! So witzige Formate sind ja manchmal viel lehrreicher als lange Vorlesungen! Außerdem kann man im Slam viele gar nicht so bequeme Wahrheiten sagen, die sonst nirgends unterkommen!“, freut sich die Gewinnerin.