So kann’s gehen Nackt in der Sparkasse

Man gewöhnt sich überraschend schnell an neue Gepflogenheiten. Mit allem, was dazu gehört.

 Kommentarkopf Aline Pabst

Kommentarkopf Aline Pabst

Foto: SZ/Robby Lorenz

Erst reist er durch die Zeit, muss kaum angekommen vor der Kavallerie flüchten und dann geht auch noch ein Bär auf ihn los. Da kann man schon mal aus den Latschen kippen. Als Marty McFly, Held der „Zurück in die Zukunft“-Trilogie, schließlich wieder erwacht, findet er sich auf der Farm seiner Ahnen wieder. Ohne Hut. „Wie kann man nur seinen Hut verlieren?“ kommentiert seine Ururgroßmutter diesen unglaublichen Fauxpas.  Für die Zuschauer ein Wink mit dem Zaunpfahl: Guckt her, der Wilde Westen war völlig anders als unsere Zeit! Und doch gibt es Ähnlichkeiten. Mir jedenfalls schießt die Szene sofort durch den Kopf, als ich diese Woche in der Redaktion Schreckliches entdecken muss: Maske vergessen. Jesus, Doc!

Anders als ein hutloser Cowboy, der für seine Zeitgenossen nur peinlich war, könnte meine Maskenabstinenz als Mordanschlag auf meine Mitmenschen missverstanden werden. Unangenehm! Zudem verstoße ich gegen das Gesetz, wenn ich ohne Maske irgendwo einkehre. Und einkehren muss ich, wie mir mein knurrender Magen bald unmissverständlich klar macht. Ich brauche dringend Stoff, und zwar zuerst für Mund und Nase. Ein Laden, der Einwegmasken führt, ist gleich um die Ecke. Aber Bargeld fehlt mir auch, also zunächst zur Sparkasse.

So verstohlen, wie ich durch den Schalterraum husche, sehe ich vermutlich aus, als wolle ich die Bank ausrauben. Natürlich sind alle Automaten besetzt, jeder Mund-Nasen-Schutz sitzt vorschriftsmäßig. Ich dagegen – ich könnte genauso gut nackt sein! Beim Warten starre ich beschämt zu Boden. Kaum wird ein Automat frei, gebe ich in fliegender Hast meine PIN ein. Die Lippen presse ich dabei fest aufeinander im Versuch, das Atmen einzustellen, als Zeichen meines guten Willens sozusagen. Jede Sekunde rechne ich damit, empört zur Ordnung gerufen zu werden. 

Das passiert nicht. Trotzdem: Was ein Alptraum! Schnell zum Laden, vor dem ein Verkäufer lässig lehnt. Eigentlich will ich ihn gerade anflehen, das Geschäft ausnahmsweise draußen abzuwickeln, als er mich auch schon stoppt. „Keine Maske?“ Er hebt desinteressiert die Schultern. „Dann geh halt so rein.“

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