„Wir wollen Herberge sein“

Völklingen · Bedürftige und einsame Menschen aus Völklingen feiern gemeinsam Weihnachten, zusammen mit Menschen aus Syrien oder dem Irak: Viele ehrenamtliche Helfer machen die Heiligabend-Aktion in der Völklinger Innenstadt möglich.

 Eine bunte, internationale Gesellschaft kam zur Weihnachtsfeier im Gemeindesaal St. Michael zusammen. Foto: Jenal

Eine bunte, internationale Gesellschaft kam zur Weihnachtsfeier im Gemeindesaal St. Michael zusammen. Foto: Jenal

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 Hühnchenbrust mit Reis gibt es zum Heiligabend – ehrenamtliche Helferinnen und Helfer füllen den Gästen die Teller. Foto: Jenal

Hühnchenbrust mit Reis gibt es zum Heiligabend – ehrenamtliche Helferinnen und Helfer füllen den Gästen die Teller. Foto: Jenal

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Großen Andrang haben einmal mehr die Helfer der Seelsorgegemeinschaft St. Eligius um Diakon Bernhard Petry bei ihrer Heiligabend-Aktion erlebt. Im Gemeindesaal St. Michael waren sie zum siebten Male angetreten, um Bedürftigen und Einsamen einen würdigen Heiligabend zu ermöglichen. Gut 100 Menschen aus verschiedenen Nationalitäten, mit verschiedenen Religionen kamen. Gemeinsam sangen sie "Stille Nacht" zum Spiel des Keyboarders Wolfgang Müller ; gemeinsam gedachten sie berührt der Geburt Jesu.

Eigentlich leben in Völklingen weit mehr Bedürftige. Also muss Petry steuern. Er kennt die vielen Menschen in seinem Netzwerk, das er unter anderem über die Emmaus-Stube das ganze Jahr über pflegt. Er weiß, wem er zum Heiligabend auch anders helfen kann oder wem er im Advent eine der grünen Einlasskärtchen für die eigentliche Heiligabend-Aktion in die Hand drückt. Aber auch Menschen, die ohne diese Kärtchen kommen, weist er nicht ab und begründet das mit der biblischen Weihnachtsbotschaft: "Für Maria und Josef war in den Herbergen kein Platz, sie mussten in einem Stall unterkommen. Wir wollen Herberge für die sein, für die sonst kein Platz ist." Gerade im Zeichen der aktuellen Flüchtlingsproblematik sei es wichtig, ein Zeichen der Solidarität zu setzen - und dabei Nationalität, Hautfarbe und Religion außer Acht zu lassen: "Jesus Christus kam für alle Menschen guten Willens auf die Erde."

So zählt dann auch eine syrische Familie zu den größten Gruppen. Ihre Namen mögen die jungen Damen der Gruppe, die hier nun weit entfernt sind von ihrer Heimat, nicht nennen. Aber sie sagen: "Bei uns in Kurdistan ist Krieg - hier können unsere Kinder Zusammenhalt lernen. Und dass man nicht getrennt lebt." Und gerade weil die islamischen IS-Krieger keine religiöse Toleranz zulassen, ist ihnen wichtig: "Hier lernt man andere Religionen kennen."

Perihan A. stammt aus dem Irak und sagt: "Anders als viele glauben, sind wir nicht alle Moslems, wir zum Beispiel sind Jesiden." Die Geburt Jesu feiern diese eigentlich an einem anderen Datum, sie will ihren Kindern aber bei der Heiligabend-Aktion vor Augen führen, "dass Weihnachten etwas Festliches ist". Marianne S. steht für all die vom Schicksal Gebeutelten, die schon immer in Völklingen lebten: "Ich war hier schon immer dabei, mir ist es wichtig, am Heiligabend unter Leuten zu sein." Der festliche Abend in St. Michael ist für sie eine Art letzter Anker, zumal ihr Ehemann übers Jahr verstorben sei.

Guido Speicher hilft seit der ersten Heiligabend-Aktion mit - "weil es mir gut geht, weil ich dafür dankbar bin und den Leuten etwas geben will, die das gebrauchen können". Auch die Familie wirkt mit, Speicher hält das für wichtig: "Damit die Kinder einmal sehen, dass es Not gibt." Helferin Marlene Grabowski sagt: "Mein Mann Gerd und ich helfen, weil wir sonst heute Abend allein wären." Insgesamt kann sich Petry auf ein erfahrenes Helferteam verlassen. 20 Männer und Frauen sind es in der Regel, die die vielschichtigen Aufgaben übernehmen, vom Tütenpacken über das Vorbereiten des Saales, den Service während der Feier und die nachträglichen Arbeiten.

Inzwischen gibt es Essen, die Helfer verteilen Teller mit Hühnchenbrust und Reis, reichen Wackelpudding zum Nachtisch. Später tauscht man sich aus. Die einen reden sich die Sorgen von der Seele, andere hören verständnisvoll zu. Und zum Abschied gibt es Lebensmitteltüten für die Bedürftigen und kleine Geschenke und Süßes für die Kinder.

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