Terror im Namen des Tierschutzes?

Saarbrücken. Der gute Ruf des Saarbrücker Wildparks ist in Gefahr. Touristen werden wegbleiben. Kinder sind dort dem Gedankengut eines Großwildjägers ausgesetzt. Gegner der Jagd werden aus dem Wildpark vertrieben. All das befürchtet die Tierschutz-Arbeitsgemeinschaft "Großwild-Wüst"

Saarbrücken. Der gute Ruf des Saarbrücker Wildparks ist in Gefahr. Touristen werden wegbleiben. Kinder sind dort dem Gedankengut eines Großwildjägers ausgesetzt. Gegner der Jagd werden aus dem Wildpark vertrieben. All das befürchtet die Tierschutz-Arbeitsgemeinschaft "Großwild-Wüst". Und deshalb, so sagt ihr Sprecher Edgar Hepper, werde man "aus Sicht des Tierschutzes und im Sinne einer moralisch-ethischen Wertung" weiter Druck auf die Stadt ausüben, um Roman Wüst aus dem Wildpark rauszubekommen.Roman Wüst, den Mann, den die Initiative als Großwildjäger bezeichnet, weil er an einer Firma beteiligt ist, die weltweit Jagden organisiert, ist seit einigen Jahren Pächter der Wildparkgastronomie. Er arbeitet auch schon seit Jahren mit Kindern im Wildpark. Es gehe darum, den Kindern, aber auch Erwachsenen, "ein Verständnis zu geben" von dem, was in einem Wald passiert.

Jahrelang war das kein Thema. Bis Anfang dieses Monats. Da weihte die saarländische Umweltministerin Anke Rehlinger (SPD) die neue Waldschule im Wildpark ein. Betreiber dieser Schule ist Roman Wüsts Naturakademie Saarland. Hepper und andere Tierschützer nutzten die Eröffnung der Waldschule zu Protesten gegen Wüst (die SZ berichtete).

Bewirkt haben diese Proteste nichts. Und so legen Hepper und seine Initiative jetzt nach. "Die überwiegende Zahl aller Menschen, Bürger, hier lebender Naherholungssuchender und Touristen aus allen Regionen, sind - mehr oder weniger - Jagdgegner", sagt Hepper. Da könne es nicht sein, dass ein Jäger wie Wüst im Wildpark eine so große Rolle spiele. Es sei auch schlimm, dass die Stadt die Wildparkgastronomie an jemanden verpachtet habe, der Menschen, der Jagdgegner per Hausverbot aus dem Wildparkpavillon werfe.

In seiner Wildparkgastronomie sei jeder willkommen, beteuert Wüst. Hepper und zwei andere Aktivisten habe er allerdings rausgeworfen. Nicht, weil sie in Sachen Jagd anderer Meinung sind als er, sondern weil sie im Restaurant lautstark demonstriert und Mitarbeiter bedrängt haben. "Ich habe nichts gegen Tierschützer. Aber Terror im Namen des Tierschutzes kann ich nicht akzeptieren", sagt Wüst.

Auch die Stadtverwaltung weist die Kritik der Tierschützer zurück. "Generell ist die Stadtverwaltung der Hausherr im Wildpark. Wir haben von Seiten der Stadt nur die Gastronomie, sprich den Pavillon und den Biergarten, verpachtet. Dort hat der Betreiber das Hausrecht", sagt Bürgereferent Robert Mertes. Die Kooperation mit Wüst beinhalte darüber hinaus unter anderem Führungen und Waldwanderungen im Wildpark sowie im Stadtwald, die Förster oder Wildbiologen von Wüsts Naturakademie betreuen. "Zum Angebot gehören auch Eseltrekking oder Kindergeburtstage mit entsprechendem waldspezifischem Programm", erklärt Mertes. Das schade dem guten Ruf des städtischen Wildparks nicht, es diene diesem guten Ruf. "Ich habe nichts gegen Tierschützer. Aber Terror im Namen des Tierschutzes kann ich nicht akzeptieren."

Roman Wüst, Jäger und Wildpark-Wirt

Meinung

Merkwürdige Aktivisten

Von SZ-RedakteurMartin Rolshausen

Bei allem Respekt vor Menschen, die sich für Tierschutz engagieren: Was die Tierschutz-Arbeitsgemeinschaft "Großwild-Wüst" veranstaltet, ist überzogen, teilweise geradezu grotesk. Das beginnt bei der abstrusen Behauptung, dass "die überwiegende Zahl aller Menschen", die in den Wildpark kommen, "mehr oder weniger Jagdgegner" seien. Und es endet mit der abenteuerlichen Behauptung, dass Wildpark-Gastronomiepächter Roman Wüst nur diejenigen bewirte, die seiner Meinung sind.

Man muss ja nicht der Meinung sein, dass Jagd etwas Natürliches ist, weil der Mensch Teil der Natur ist und immer schon nicht nur Sammler, sondern auch Jäger war. Man muss auch die manchmal in der Tat etwas merkwürdig anmutenden Rituale der Jäger nicht toll finden. Aber man sollte sich auch nicht für moralisch so überlegen halten, Menschen, die es für natürlicher halten, ein Reh oder ein Wildschwein zu erlegen, als ein Schwein oder ein Rind in einem engen Stall zu züchten, als unmoralisch beschimpfen zu dürfen.

Und wer sich in einer Kneipe oder einem Restaurant nicht zivilisiert aufführt, muss damit rechnen, dass er dort rausgeworfen wird.

Dass Roman Wüst an einer Firma beteiligt ist, die auch Großwildjagden organisiert, ist richtig. Das mag man für verwerflich halten oder auch nicht. Richtig ist aber auch, dass es Wüst und seinem Team schon seit Jahren gelingt, jungen Menschen mit Waldpädagogik einen Zugang zur Natur zu schaffen.

Der Wildpark ist also ein denkbar ungeeigneter Ort für ideologische Aktionen. Die Aktivisten dienen damit dem Tierschutz nicht, sie schaden aber dem Wildpark.

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