„So nicht, Herr Gröhe!“

Saarbrücken · An vielen Saar-Kliniken ist gestern gegen das Krankenhausgesetz der Berliner Koalition protestiert worden. Die Versorgung der Patienten ging aber weiter.

 Die Mitarbeiter der SHG-Kliniken in Völklingen beteiligten sich mit grünen Protest-Ballons an der bundesweiten Aktion. Foto: Becker&Bredel

Die Mitarbeiter der SHG-Kliniken in Völklingen beteiligten sich mit grünen Protest-Ballons an der bundesweiten Aktion. Foto: Becker&Bredel

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An rund zwei Dritteln der 21 saarländischen Krankenhäuser haben gestern mehrere hundert Krankenhausbeschäftigte gegen die geplante Krankenhausreform der CDU /SPD-Bundesregierung protestiert. Angeführt vom Geschäftsführer der Saarländischen Krankenhausgesellschaft (SKG), Thomas Jakobs, beteiligte sich zur gleichen Zeit eine kleine saarländische Delegation an der zentralen Protestveranstaltung vor dem Brandenburger Tor in Berlin.

Nach Jakobs Berechnungen würden durch das neue Krankenhausstrukturgesetz von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU ) allein den saarländischen Krankenhäusern in den Jahren 2017 bis 2020 mehr als 50 Millionen Euro Einnahmen verloren gehen.

"So nicht, Herr Gröhe!", "Wir kümmern uns sorgfältig und vertrauensvoll um Patienten - aber die Politik lässt uns im Stich", steht auf den Transparenten, die die knapp 300 protestierenden Beschäftigten des Klinikums Saarbrücken auf dem Winterberg gegen 13 Uhr mit sich führen. Klinikums-Geschäftsführerin Susann Breßlein schimpft: "So kann die Politik nicht mit uns Krankenhäusern umgehen: Vor Wahlen bekommen wir ein paar Euro mehr, dann nehmen sie uns dies und noch mehr wieder weg."

Die Chefärztin der Neurochirurgie am Winterberg-Krankenhaus, Cornelia Zedzick, soll auch auf der Kundgebung sprechen, kommt aber nicht, da sie in den OP-Saal gerufen wird. Die gesundheitliche Versorgung der Patienten , die letztlich primär unter den Einsparungen zu leiden haben, läuft auch während der Protestaktionen weiter. Breßlein rechnet für die Winterberg-Klinik vor: "Wir haben dreieinhalb Vollzeitstellen in der Pflege dazubekommen, aber die Einsparungen machen 40 Pflegekräfte aus."

Noch eindrucksvoller ist die Auskunft der Gewerkschaft Verdi, die wie die Ärzteorganisation Marburger Bund und die Unabhängige Klinikliste den Protest gegen die Krankenhausreform unterstützt: Während in der Schweiz eine Pflegefachkraft im Schnitt 5,5 Patienten versorge, sei eine deutsche Pflegekraft für 10,3 Patienten zuständig. Damit sei Deutschland europäisches Schlusslicht. Die Folge: Jeder dritte Patient werde Opfer von Komplikationen oder müsse krank aus der Klinik nach Hause. SKG-Geschäftsführer Jakobs teilte mit, dass die Krankenhausgesellschaft Minister Gröhe eine Liste mit 6200 Protestunterschriften überreicht habe, als dieser vergangene Woche das Saarland besucht hatte.

Der Saar-Landtag hat gestern mit den Stimmen der großen Koalition ein neues Krankenhausgesetz beschlossen. Es sieht vor, dass Träger und Krankenkassen künftig selbst vereinbaren können, wie die Bettenzahl eines Krankenhauses auf die einzelnen Fachabteilungen verteilt wird - dies wird bislang auf fünf Jahre im Krankenhausplan des Landes festgelegt. Zudem sollen Träger und Kassen einvernehmlich von der Bettenzahl eines Krankenhauses um fünf Prozent nach oben oder unten abweichen können. Mit dieser flexiblen Detailplanung werde es besser möglich, schnell auf veränderte Anforderungen für die (teil-)stationäre Versorgung zu reagieren, sagten die Redner der Koalition. Das Land gebe die Festlegung zentraler Eckpunkte der Krankenhausplanung nicht aus der Hand. Die Linke kritisierte, das Gesetz ermögliche es, Betten abzubauen. Nicht das Wohl der Patienten stehe im Mittelpunkt, sondern betriebswirtschaftliche Kennzahlen. Die Grünen forderten mehr Investitionsmittel.

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