„Ich bin sehr nomadisch veranlagt“

Saarbrücken · Ausdrücklich für „engagierte Kunst“ hat der Regionalverband seinen Kulturpreis diesmal ausgeschrieben. Preisträgerin ist Leslie Huppert. Wir haben die vielseitige Bildende Künstlerin in ihrem Atelier im KuBa – Kulturzentrum am Eurobahnhof besucht.

 Leslie Huppert in ihrem Saarbrücker Atelier. Morgen erhält sie den Kulturpreis des Regionalverbandes. Foto: Kerstin Krämer

Leslie Huppert in ihrem Saarbrücker Atelier. Morgen erhält sie den Kulturpreis des Regionalverbandes. Foto: Kerstin Krämer

Foto: Kerstin Krämer

. Lust an Abenteuern und Reisen, am Forschen, an der Herausforderung und am Unbekannten, alles so exzessiv wie möglich: Das zeichnet die bildende Künstlerin Leslie Huppert aus. Ihr Spektrum reicht von Zeichnen, Malerei und Kunst am Bau über Video und Videoinstallationen bis zu Internetprojekten - vielschichtige interdisziplinäre Projekte sowie Mixed Media Installationen, deren Fokus auf der Vermischung verschiedener Techniken und auf der Interaktion mit Menschen und deren Umgebung liegt.

Gerne kombiniert sie auch Malerei , Zeichnung, Fotos und Objekte mit Video. "Ich suche immer nach dem Medium, mit dem sich eine Sache am besten ausdrücken lässt", sagt Huppert. Dabei setzt sie auf Partizipation und Interaktion und erzählt eigene oder kollektive Erfahrungen, die beim Betrachter einen inneren Dialog mit bereichernden Wahrnehmungsebenen auslösen.

Wahrscheinlich waren es einige mehrjährige, weltweite Auslandsaufenthalte, die Hupperts künstlerische Entwicklung in einem interkulturellen und gesellschaftspolitischen Kontext geprägt haben. "Ich bin sehr nomadisch veranlagt", sagt Huppert und lacht. 1960 im beschaulichen Hilschbach bei Riegelsberg geboren, wuchs sie ohne ihren amerikanischen Vater auf - sie hat ihn nie kennen gelernt. Daraus erwuchs eine ewige sehnsüchtige Suche, unterfüttert dadurch, dass die Mutter ständig mit ihr umzog. Als Huppert 15 war, schmiss sie die Schule, um in Hamburg zur See zu fahren. Der Plan platzte, sie landete in einem bayrischen Internat und machte in Berlin Abitur.

Obwohl sie schon von klein auf gezeichnet und gemalt hatte, dauerte es, bis sie sich an ein Kunststudium wagte. Huppert: "Ich hatte diesen Genie-Gedanken verinnerlicht und dachte, Kunst kann man nicht lernen." Schließlich studierte sie an der Hochschule der Bildenden Künste Saar Malerei und Neue Künstlerische Medien und absolvierte ein Auslandsstudium für Neue Medien in Halifax/Kanada. Heute hat sie ein Atelier im KuBa (Kulturzentrum am Eurobahnhof) und einen Zweitwohnsitz in Berlin .

Wesentlicher Aspekt vieler ihrer Arbeiten ist eine Verbindung zwischen Internet und Materialität: Virtuelle Elemente, die sich in realen Ausstellungen manifestieren, werden mittels Web-Cam wiederum ins Netz eingespeist. "Reale Installationen sind teuer", weiß Huppert. "Man muss betteln gehen, um so was machen zu können - das kostet Kraft." Wichtige internationale Internet- und Medienkunst-Großprojekte (in Zusammenarbeit mit Monika Bohr, Claudia Brieske, Fezi Konuk, Gertrud Riethmüller) waren die 2011 in Neunkirchen realisierte multimediale Ausstellung "Gegenort - The Virtual Mine" und deren Nachfolger "Virtual residency", eine virtuelle Völkerwanderung ins Musterhaus Europa im Rahmen von "Luxemburg und Großregion, Kulturhauptstadt Europa 2007". Ein fortlaufendes Projekt ist "Virtual borders", bei dem sich Huppert zusammen mit Claudia Brieske mit dem Thema "Grenzen" im In- und Ausland auseinander setzt.

Als neue und bereichernde Erfahrung nennt Huppert Workshops, die sie mit Häftlingen der JVA Lerchesflur durchführte (siehe SZ vom 6. Dezember): "Ich habe mehr zurückgekriegt, als ich investiert habe, und mehr Offenheit und Geradlinigkeit erlebt als erwartet", erzählt die zweifache Mutter. "Für solche Leute mit Löchern würde ich mich gern noch mehr einsetzen." Auszeichnungen hat sie schon viele, darunter das Saarlandstipendium und das Förderstipendium der Stadt Saarbrücken . Nun kriegt Huppert auch noch den mit 2000 Euro dotierten Kulturpreis des Regionalverbands für "Engagierte Kunst" - die Verleihung ist morgen, Mittwoch, 18 Uhr, im Saarbrücker Schlosskeller.

leslie-huppert.de

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HintergrundDer Kulturpreis für Kunst des Regionalverbandes wurde 2014 erstmals ausdrücklich unter dem thematischen Schwerpunkt "Engagierte Kunst" ausgeschrieben. Ziel war die Begegnung und der Austausch zwischen relevanten Themen der Regionalentwicklung und der Kunst. Es wurden insgesamt zehn Bewerbungen eingereicht. Alle vorgeschlagenen Künstler reagierten auf individuelle Art und Weise auf das Schwerpunktthema "Engagierte Kunst" und stellen vielfältige Bezüge her. Eine neunköpfige Jury entschied sich für Leslie Huppert. red

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