Saarbrücken. So etwas dürften die Pfeilerträger in der ehrwürdigen Ludwigskirche bisher wohl selten erlebt haben: Beim Sound der Joy-Fleming-Band erzitterten die Bänke, und der wummernde Beat drang bis in die letzten Winkel des Gotteshauses. Viele waren am zweiten Adventssonntag gekommen, um die Rockröhre aus Mannheim zu erleben. Was Joy Fleming auf der Bühne abzieht, ist bemerkenswert. Ihr erster Song, "Kiss of Life" von Sade mag als Motto des Nachmittags gelten, denn Joys Lebendigkeit riss das Publikum mit, das durchweg mitklatschte, mitschnipste, mitsang, sich immer wieder erhob, um sich im Rhythmus zu wiegen. Bei der Aufforderung "Ihr müsst mir alles nachsingen!" gab es dann aber doch massive Ausfälle, als die Fleming vom Rock in den Jodel-Blues wechselte. Alle Achtung, diese Einlage aus dem berühmten Heidi-Trailer hätte sogar die Hellwig blass aussehen lassen. Joy Fleming zog an diesem zweiten Advent alle Register ihres Könnens - unterstützt von ihren famosen Musikern, die teilweise seit Jahrzehnten an ihrer Seite stehen. Ein eingespieltes Team, das zarte Balladen wie "But most of all, I love you ... still" von Lionel Ritchie einfühlsam interpretierte und das temperamentvolle "Keep on running" sicher beherrschte. Dazwischen gab es geistreiche Plaudereien wie die Erkenntnis, dass man erst dann "richtig" ist, wenn man über sich Späße machen kann. Und spätestens beim Weihnachtslied "Schneeflöckchen, Weißröckchen", bei dem Joys bluesige Stimme ganz sanft klingt, schließen auch die Letzten dieses Energiebündel in ihr Herz: Eine Kleinigkeit ist es danach für Joy, sie alle mitzunehmen über die "Mannheimer Männerbrück". Stehender Applaus für eine Sängerin, die sich ihre Ursprünglichkeit bewahrt hat und neben ihrer Blues-Stimme vor allem durch ihre Herzlichkeit besticht. kjs