Ein Veteranen-Treffen

Saarbrücken. Es ist wohl nun mal so: Bei Veteranen-Treffen, egal welcher politischen Couleur, hat man's gern gemütlich. Richtig heimelig war am Dienstag die Atmosphäre, als Rainer Petto im Buchladen im Nauwieser Viertel sein Buch "Bloß keine Einzelheiten! Was ich in den 60er, 70er, 80er Jahren in Saarbrücken erlebte" vorstellte

Saarbrücken. Es ist wohl nun mal so: Bei Veteranen-Treffen, egal welcher politischen Couleur, hat man's gern gemütlich. Richtig heimelig war am Dienstag die Atmosphäre, als Rainer Petto im Buchladen im Nauwieser Viertel sein Buch "Bloß keine Einzelheiten! Was ich in den 60er, 70er, 80er Jahren in Saarbrücken erlebte" vorstellte. "Ich finde es heroisch von jedem, der hier ist, ich weiß nicht, ob ich selbst gekommen wäre", begrüßte der Autor die Gäste. Eine Anspielung etwa auf die Ränkespiele unter Kollegen und politischen Dispute, die der langjährige SR-Kulturjournalist in seinen Erinnerungen beschreibt? Unter den 50 Zuhörern, bis auf ein paar jugendliche Ex-Nachbarn Pettos alle in jenem Alter, dass sie diese Zeit selbst miterlebt haben, sah man etliche seiner einstigen SR-Kollegen. Wie Jürgen Abers, Arnfrid Astel oder Axel Buchholz.

Enzensberger inspirierte

Durfte man hoffen, dass es noch mal rund gehen würde, mit Neuauflagen alter Debatten? Aber nein, Pettos Heroismus-Bemerkung galt bloß dem winterlichen Wetter. Das Kapitel über den Posten-Streit ließ er aus. Auch das über die "düstereren Jahre", in denen man schnell unter Terrorismusverdacht geraten konnte, welches sich Jürgen Albers wünschte. Stattdessen las Petto am kleinen runden Tisch im gelblichen Schein einer Lampe, wie es anfing, mit der Alternativ-Zeitschrift Einzelheiten, die er 1971 als 20-Jähriger begründete. Ein Original-Exemplar hatte Annette Mantwill vom Buchladen-Kollektiv sogar noch im Keller-Archiv aufgetrieben und reichte es herum. Drei Regalreihen über Pettos Haupt konnte man auch noch ein Buch von Enzensberger entdecken, der den damals jugendlichen Saarbrücker zu seinem kulturkritischen Journalimus inspirierte. Da konnte man glatt nostalgisch werden.

Wie die alten Herren, die in jenen Jahren den Kultur- und Medienbetrieb beherrschten, den jungen Kritiker sogleich vereinnahmen wollten, schilderte Petto. Schmunzeln ließ seine präzise Charakterisierung von Mitschülern, die später als Politiker Karriere machten. "Sie konnten ja nichts dafür, dass sie mit mir in derselben Klasse waren", sagte der Autor, warum er sie nicht beim Namen nennt.

Denn wie eng im Saarland doch alle verbandelt sind, belegte auch eine von Ex-SR-Frau Elisabeth Sossong beigetragene Anekdote aus der Demo-Hochzeit 1969. Nach der Demo standen Polizisten und Demonstranten in der Kneipe "Das schmale Handtuch" nebeneinander am Tresen. Als ein Beamter ihren Freund anherrschte, er solle seinen Ausweis zeigen, habe der nur gemeint: "Ei bischde verrückt, mir spiele doch in der gleichen Kappell'".

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